Mondsonde "Odysseus" Erfolgreiche Landung - dank Software-Trick
Es ist die erste kommerzielle Mondlandung der Geschichte, ein Projekt mit dem Namen IM-1. Doch ohne NASA-Datenhilfe wäre die Landung im letzten Moment gescheitert.
Die Mondsonde "Odysseus" des US-amerikanischen Raumfahrtunternehmens "Intuitive Machines" ist in der Nacht auf den 23. Februar um 00.24 Uhr erfolgreich auf dem Mond gelandet. IM-1 ist die erste kommerzielle Mondlandung, rein privat organisiert. Aber ohne staatliche Datenhilfe durch die NASA wäre der Raumfrachter nicht intakt auf der Mondoberfläche angekommen. Zu Beginn des Anflugs auf den Landeplatz stellte sich nämlich heraus, dass sich die Höhenmessung der Sonde nicht aktivieren ließ.
Doch die Teams von "Intuitive Machines" und NASA wussten sich zu helfen. Ein an der Außenseite der Sonde angebrachtes NASA-Experiment sollte im Anflug ebenfalls Höhendaten ermitteln - eigentlich nur testweise. Denn dieses Gerät sollte erst bei späteren Missionen zum Mond als vollwertiges Messinstrument zum Einsatz kommen. Doch auf den letzten Flugkilometern zum Mond wurde aus dem Test plötzlich der Ernstfall.
Zwei Stunden Zeit
Um den Datenfluss aus diesem Testgerät in den Bordcomputer der Mondsonde zu ermöglichen, musste in aller Eile ein Software-Update programmiert und per Funkbefehl in den Bordcomputer der noch in der Mondumlaufbahn befindlichen Sonde geladen werden. Zwei Stunden Zeit blieben dafür - solange brauchte die Sonde für eine Mondumrundung.
Der Software-Trick gelang und die Geschichte der Mondraumfahrt ist nun um eine Technik-Anekdote reicher. Es war innerhalb von zwölf Monaten bereits der sechste Versuch, unbemannt auf dem Mond zu landen. Die Hälfte davon ist gelungen.
Mitte Januar gelang erstmals einer japanischen Sonde die Landung im Mondstaub. Bereits im August war es Indien als vierter Nation gelungen, eine Sonde weich auf dem Mond zu landen.
Japans kommerzielle Sonde Hakuto-R und Russlands Luna 25 zerschellten dagegen auf der Mondoberfläche. Der privat betriebene amerikanische Peregrine-Lander erreichte den Erdtrabanten erst gar nicht.
US-Förderprogramm trägt Früchte
Ein Grund für den Boom unbemannter Mond-Anflüge: Das im Jahr 2018 aufgelegte Förderprogramm der NASA für den Bau kommerzieller Mondfrachter trägt jetzt Früchte. Die USA sehen mit Argwohn die ambitionierten Raumfahrtpläne Chinas und setzen alles daran, auf den Mond zurückzukehren, bevor dort ein erstes chinesisches Raumschiff mit Besatzung an Bord landet.
Zur Vorbereitung der bemannten Missionen des amerikanischen Artemis-Programms sollen zunächst unbemannte Mondlandegeräte Experimente und technische Ausrüstung auf den Mond bringen. Auch IM-1 hat diesen Auftrag.
Neue "Tankuhr" des Mondlanders im Test
Von den Metallfüßen im Mondstaub bis zur obersten Deckplatte misst der neue US-Lander stolze 4,3 Meter. Die Hälfte der Fracht an Bord stammt von der NASA, die andere Hälfte von privaten Organisationen und Unternehmen. Eines der Experimente beschäftigt sich mit der Messung des Füllstands in den Treibstofftanks der Sonde.
Wegen der sich im Verlauf der Landung ständig verändernden Lage im Raum und dem daraus resultierenden Schwappen der Flüssigkeit ist es schwierig, den Füllstand im Treibstofftank eines Landers zu jeder Zeit genau zu messen. In IM-1 ist nun eine neue "Tankuhr" verbaut, die genauer als alle ihre Vorgänger sein soll.
Weltpremiere mit neuer Kamera
Bildstarke Videoaufnahmen verspricht das Experiment mit der "Eaglecam". Kurz vor der Landung, circa 30 Meter über der Mondoberfläche, sollte diese Kamera vom Lander seitlich ausgestoßen werden - und dann parallel zum Lander auf gleicher Höhe mit ihm in Richtung Mondboden fallen.
Wenn es der Eaglecam gelungen ist, den Lander im Blick zu behalten, könnte auf ihren Aufnahmen erstmals sichtbar werden, was bislang im Verborgenen ablief - die Landung einer Mondsonde. Bislang liegt allerdings keine Bestätigung vor, dass dieses Experiment erfolgreich durchgeführt wurde.
Staubfontänen als Problem bei Mondlandungen
Ein weiteres NASA-Experiment nahm während der Landung das Verhalten des Mondstaubs in den Blick. Das fein zerkrümelte, aber harte und scharfkantige Material kann für empfindliche Bauteile an Raumschiffen zum Problem werden. Auch könnten am Landeplatz bereits vorhandene Gerätschaften durch sich absetzende Staubfontänen beschädigt werden. Um das Equipment zu schützen, will man deshalb das Verhalten des bei der Landung aufgewirbelten Staubs genauer untersuchen.
Für Astronomen sehr spannend ist ein NASA-Instrument an Bord von IM-1, das die Radiostrahlung auf dem Mond in jenem Frequenzbereich messen soll, der auch für Radioteleskope interessant ist. Der Mond könnte ein hervorragender Platz für den Bau eines Radioteleskops sein, das nicht von irdischer Radiostrahlung gestört wird. Ein viel genauerer Blick auf Radioquellen im All könnte so eines Tages möglich werden.
Kunst goes Mond
Zur kommerziellen Fracht auf IM-1 gehören auch Kunst und Archivmaterial. Gleich zwei Organisationen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, menschliche Kulturgüter auf dem Mond zu platzieren, konnten sich durch Spenden- und Investorengelder einen Platz auf dem Mondlander sichern.
Die Kosten pro Kilo Mondfracht liegen in der Regel bei etwa einer Million Dollar - ein ordentlicher Preis für eine Box mit 125 Miniatur-Skulpturen und mehrere Datenträger-Plaketten mit aufgeprägten Archivmaterialien, die nach der kurzen Betriebszeit von IM-1 auf dem Mond verbleiben - fest montiert an der dann elektronisch toten Sonde.
Schwieriger Landeplatz auf dem Mond
Die Apollo-Missionen der 1960er und 1970er Jahre landeten allesamt auf ebenem, mit relativ wenigen Kratern durchsetztem Gelände am Mondäquator. Einen solchen, relativ sicheren Landeplatz hatte "Intuitive Machines" auch für seinen Lander im Blick. Dann jedoch öffnete die NASA nochmals den Geldbeutel, um die Mission in technisch anspruchsvolleres Terrain zu lenken.
IM-1 ist nun in dem über 30 Kilometer großen Krater Malapert A nahe dem Mondsüdpol niedergegangen. Bereits Indien landete seine Sonde im August 2023 nur noch etwa 600 Kilometer vom Mondsüdpol entfernt. Die USA haben sich mit IM-1 dem Pol nun auf 300 Kilometer genähert. Die Mission IM-2 könnte noch in diesem Jahr direkt am Mondsüdpol landen.
Sehnsuchtsziel "Berge des ewigen Lichts"
Der Grund für das Interesse am Mondsüdpol sind die "Berge des ewigen Lichts". Schon Astronomen im 18. Jahrhundert fielen bei ihren Beobachtungen jene Bergspitzen am Südpol auf, die dauerhaft im Sonnenlicht lagen. Für die Raumfahrer des 21. Jahrhunderts ein idealer Platz für den Bau einer Mondstation.
Denn wo die Sonne immer scheint, lässt sich auch zu jeder Minute Solarstrom produzieren. Außerdem könnte es in den tiefen Kratern am Mondsüdpol sogar Wassereis geben - in den Kratern herrscht im Gegensatz zu den Bergen ständige Dunkelheit.
Die ultratiefen Temperaturen am stockdunklen Kraterboden lassen die Krater wie Kältefallen für Wassermoleküle wirken. Mit der Folge, dass sich dort über Jahrmillionen eine für eine Mondstation möglicherweise nutzbare Wassereisressource angesammelt haben könnte.