Friederike Otto

Klimawandel und Extremwetter Umweltpreis für Klimaforscherin

Stand: 11.09.2023 07:07 Uhr

Die Klimaforscherin Otto wird mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet. Dank ihrer Zuordnungsforschung kann die Rolle des Klimawandels bei Extremwetter deutlicher bestimmt werden.

Von Heike Westram (br) und Anja Martini

Die Klimaforscherin Friederike Otto ist schon seit Jahren eine nicht mehr überhörbare Stimme, wenn es um Extremwetterereignisse geht. Denn mit der von ihr mitbegründeten Zuordnungsforschung, auch Attributionsforschung genannt, gelingt es, bei aktuellen Wetterkatastrophen festzustellen, wie stark der menschgemachte Klimawandel dazu beigetragen hat.

Dafür wird Friederike Otto in diesem Jahr mit dem Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) ausgezeichnet. Die 1982 in Kiel geborene Forscherin machte ihr Diplom in Physik an der Universität Potsdam und promovierte an der Freien Universität Berlin über den wissenschaftstheoretischen Status von Klimamodellen, zur Frage: Werden Klimamodelle zurecht immer wieder angezweifelt?

Dass Modellsimulationen durchaus zu "robusten Ergebnissen" führen können, zeigte Otto nicht nur in ihrer Doktorarbeit, sondern auch in ihrer weiteren Arbeit als Klimaforscherin. Zusammen mit anderen Forschenden gründete Otto 2014 die Initiative World Weather Attribution (WWA). Diese Initiative untersucht bei aktuellen Extremwetter-Ereignissen wie Hitzesommern oder Dürre-Katastrophen die Ursachen des Ereignisses - möglichst schnell.

Attributionsforschung: Die Zuordnung von Extremwetter und Klimawandel

Im Gespräch mit tagesschau24 erklärt die Forscherin ihr Schwerpunktgebiet selbst: "Attributionsforschung ist im Prinzip, Ursache und Wirkung kausal zusammenzubringen. In meinem Fall heißt das: Ich versuche die Frage zu beantworten, ob und, wenn ja, wie sehr der menschengemachte Klimawandel die Wahrscheinlichkeit und Intensität von Extremwetterereignissen verändert hat."

Derzeit untersucht ihre Forschungsgruppe die extremen Regenfälle, die Teile Europas gerade heimgesucht haben: In Zusammenarbeit mit den lokalen Wetterdiensten sammelt ihr Team exakte Daten und vergleicht sie mit statistischen Modellen und klassischen Wettermodellen, wie sie auch für die Wettervorhersage genutzt werden.

Zugleich sucht sie nach Klimamodellen, die das Extremereignis gut simulieren. "Und dann beantworten wir die Frage, wieviel Anteil der menschengemachte Klimawandel an den Regenfällen, die jetzt in Griechenland, Bulgarien und und vor ein paar Tagen in Spanien gefallen sind, hat." Die Ergebnisse der aktuellen Studie stehen noch aus, doch viele andere Extremwetter-Ereignisse wurden von Friederike Otto und der WWA bereits untersucht, wie die Flutwelle im Ahrtal im Juli 2021 oder der Hitzesommer 2022 in Südostasien.

Friederike Otto, Physikerin und Klimaforscherin, zur Auszeichnung mit dem Deutschen Umweltpreis

tagesschau24

Forschungsergebnisse schnell in Diskussion einbringen

Die Attributionsforschung konnte so in den vergangenen Jahren den Klimawandel immer deutlicher den Extremwetterereignissen als Ursache zuordnen, erläutert die DBU in ihrer Pressemitteilung. Von entscheidender Rolle ist dabei die Schnelligkeit und Deutlichkeit, mit der die WWA ihre Ergebnisse kommuniziert - nämlich solange eine Wetter-Katastrophe noch in Politik und Öffentlichkeit diskutiert wird, betont Alexander Bonde, der Generalsekretär der DBU: "Durch ihre zeitnahe und öffentlichkeitswirksame Präsentation der Ergebnisse wird deutlich, was die Klimakrise die Gesellschaft kostet und welche Maßnahmen die betroffenen Regionen widerstandsfähiger machen."

Unter anderen Umständen: Es ist nicht nur der Klimawandel

Dabei geht es der WWA nicht darum, immer den Klimawandel als Hauptursache eines extremen Wetterereignisses festzustellen, sondern auch andere Faktoren zu erkennen, die an einer Katastrophe beteiligt waren. So seien bei der Flutwelle im Ahrtal verschiedene Umstände zusammengekommen, etwa die steilen, engen Flusstäler und die stark versiegelten Böden der Region, die verhinderten, dass das Regenwasser aufgesogen werden konnte.

Auch ohne den Klimawandel hätte sich diese Katastrophe ereignet, aber eben nicht ganz so katastrophal, erläutert Otto auf tagesschau24. Gerade diese anderen Umstände werden für die Klimaforscherin immer interessanter: "Angefangen haben wir damit, die Frage zu beantworten, welche Rolle der Klimawandel spielt. Wir haben aber über die Jahre festgestellt, dass es wirklich unglaublich wichtig ist, diese anderen Faktoren auch alle genau anzugucken. Denn das ist das, was man vor Ort Lokal verändern kann und muss," erläutert Otto.

Otto hat seit 2021 eine Professur am Grantham Institute "Climate Change and the Environment" des Imperial College London und gehört zum Autorenteam des 6. Weltklimaberichts des Weltklimarates IPCC, der von 2021 bis 2023 in verschiedenen Teilen erschienen ist. Zuvor war Otto zehn Jahre an der Universität Oxford und leitete dort drei Jahre lang das Institut für Umweltveränderungen.

Dagmar Fritz-Kramer

Dagmar Fritz-Kramer

Die zweite Preisträgerin des Deutschen Umweltpreises 2023

Die Forscherin teilt sich den mit 500.000 Euro dotierten Deutschen Umweltpreis mit Dagmar Fritz-Kramer, der Geschäftsführerin des Bauunternehmens Bau-Fritz, kurz Baufritz in Erkheim, das sich seit Langem dem energieeffizienten und ökologischen Bau von Holzfertighäusern widmet und als erfolgreicher Vorreiter in der Bauwende gilt.

Die Holzhäuser der Firma werden nicht nur unter möglichst großer Einsparung von CO2 hergestellt, auch der insgesamt schonende Umgang mit Ressourcen und das Recycling von Baumaterial spielen eine wichtige Rolle. Die Diplom-Ingenieurin Fritz-Kramer "leistet mit ihrem Betrieb vorzügliche Pionierarbeit. Sie und ihre Mitarbeitenden sind echter Motor für Branche und Bauwende. Diesen überragenden Beitrag zum energieeffizienten und ökologischen Bauen würdigt die DBU mit dem Deutschen Umweltpreis", begründete DBU-Generalsekretär Alexander Bonde den Preis.

Der Deutsche Umweltpreis ist einer der höchstdotierten Umweltpreise in Deutschland und wird in diesem Jahr zum 31. Mal verliehen. Die DBU will damit Leistungen auszeichnen, die nicht nur "zum Schutz und zur Erhaltung" beigetragen haben, sondern dabei auch als Vorbilder funktionieren und möglichst Nachahmer finden. Die Preisverleihung findet am 29. Oktober 2023 in Lübeck statt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird den Preis überreichen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 11. September 2023 um 08:00 Uhr in den Nachrichten.