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USA Trumps Kampf gegen die Wissenschaft
Zensur, Kürzung, Verfälschung und Blockade: Forschenden in den USA droht in der zweiten Amtszeit von Trump der Verlust ihrer wissenschaftlichen Freiheit. Das hat auch Auswirkungen auf Deutschland.
"The Republican War on Science", also der "republikanische Krieg gegen die Wissenschaft" ist der Titel eines Buchs aus dem Jahr 2005. Darin argumentiert der Journalist und Pulitzer-Preisträger Chris Mooney, dass die US-Regierung schon vor rund zwanzig Jahren wissenschaftliche Erkenntnisse verzerrt oder unterdrückt habe, um die eigenen politischen Ziele zu fördern. Einige US-amerikanische Beobachter beziehen sich nun wieder auf diesen "Krieg gegen die Wissenschaft". Dieser habe schon nach drei Wochen Amtszeit von Donald Trump eine neue Stufe erreicht, meint etwa die Juristin Lauren Kurtz.
"Silencing Science Tracker"
Zusammen mit der Columbia University in New York und dem "Climate Science Legal Defense Fund" hat sie schon vor der ersten Amtszeit von Trump den "Silencing Science Tracker" ins Leben gerufen. Diese Website listet auf, wie die US-Regierung wissenschaftliche Forschung verändert oder beeinflusst.
Schon während der ersten Regierungszeit Trumps konnten die Wissenschaftler registrieren, wie durch Einflussnahme in der Wissenschaft eine andere Gesundheits- und Umweltpolitik legitimiert wurde. Laut der Analyse von Lauren Kurtz und ihrer Kollegin Romany Webb waren das unter anderem finanzielle Kürzungen, personelle Veränderungen, Zensur und Zensurversuche durch die Regierung, Selbst-Zensur von Wissenschaftlern, Behinderung von Forschung sowie Verzerrungen und Falschdarstellungen von wissenschaftlichen Ergebnissen.
Konkret wurde dort etwa registriert, dass Wissenschaftler einer geologischen Untersuchung, die vom Innenministerium beauftragt worden war, die Folgen des Klimawandels nur bis zum Jahr 2040 abschätzen sollten. Oder dass Aufzeichnungen zur Untersuchung des Fisch- und Wildtierbestands gelöscht werden sollten.
Versuche, Forschende zu entlassen
"Wir haben jetzt natürlich noch nicht das ganze Ausmaß gesehen, was sie in petto haben", meint die Juristin Kurtz. Derzeit könne man aber beobachten, wie schon "viel aggressiver" versucht werde, Forschende zu entlassen. Laut dem Tracker wurde etwa der nationalen Wissenschaftsstiftung angedroht, rund die Hälfte der Mitarbeitenden zu entlassen.
Zudem seien rund 170 Mitarbeitende der Umweltschutzbehörde vom Dienst freigestellt worden. Einem der größten öffentlichen medizinischen Forschungsinstitute, dem "National Institut of Health", wird das Budget gekürzt. Unter anderem dürfen Mitarbeitende schon nicht mehr reisen, als Folge einer Anweisung von Trump.
Veränderung von öffentlichen Datensätzen
"Außerdem haben sie bereits die medizinische Forschung in viel dramatischerer Weise ins Visier genommen als beim ersten Mal“, so die Juristin Kurtz. Zum Beispiel sollte das "Zentrum zur Überwachung und Prävention von Krankheiten" Veröffentlichungen zurückhalten oder offline nehmen. Es seien Datensätze von der Website gelöscht oder verändert worden, die sich auf Gender- oder Trans-Themen beziehen.
"Sie verändern, wie diese Daten dargestellt werden. Das ist nicht mehr das, was die Leute in den Umfragen geantwortet haben. Das ist eine verfälschte Darstellung von wissenschaftlichen Erkenntnissen, die da schon losgeht", meint die Juristin.
Wissenschaftsstandort Deutschland könnte gestärkt werden
Die Wissenschaftspolitik in den USA hat auch Auswirkungen auf die Forschungslandschaft in Europa. Wenn die bisherigen Entscheidungen von Trump Gerichtsverfahren standhalten, könnten die Einschränkungen in den USA sogar zu einem Standortvorteil für Deutschland werden. "Weil Forschende, die in den USA jetzt keine Perspektive mehr sehen, sich nach anderen Forschungsstandorten umschauen. Und da ist Deutschland gut aufgestellt", erklärt Christina Beck, Sprecherin der Max-Planck-Gesellschaft.
Deutschland stehe im weltweiten Ranking der "Highly Cited Scientists" auf Platz vier. Daran sehe man, dass es viele herausragende Forschende schon jetzt nach Deutschland zieht. Das könnte bei weiteren Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit in den USA vermehrt der Fall sein.
Weniger Klima- und Gesundheitsforschung, mehr KI
Gleichzeitig müsste Europa oder zumindest Deutschland jedoch auch darauf reagieren, dass in den USA nun weniger Klima- oder Gesundheitsforschung und mehr Forschung zur Künstlichen Intelligenz finanziert wird. "Wir werden wahrscheinlich eine Mobilisierung der Mittel in bestimmten Forschungsfeldern wie Künstliche Intelligenz erleben, weil Europa einfach auch mithalten muss. Wir stehen da in einem Wettbewerb zwischen den USA und China und können es uns eigentlich nicht leisten, abgehängt zu werden", so die Sprecherin der Max-Planck-Gesellschaft.
Eine Einschränkung bestimmter Forschungsbereiche habe immer Folgen für die gesamte Gesellschaft: Denn ohne neue wissenschaftliche Erkenntnisse könnten schlussendlich auch keine neuen Lösungsansätze für drängende Probleme wie den Klimawandel oder globale Gesundheitspandemien generiert werden.