Kulturelle Unterschiede Wo der Schönheitsdruck am größten ist
Der Druck auf Frauen schlank zu sein, ist groß. Wie sehr er sich auswirkt und wie stark Frauen ihren Körper wertschätzen, hat aber auch mit ihrer jeweiligen Kultur zu tun.
Body Positivity heißt eine Bewegung der vergangenen Jahre. Sie gilt als Antwort auf unrealistische und diskriminierende Schönheitsideale. Konkret geht es darum, den eigenen Körper wertzuschätzen - trotz all seiner vermeintlichen Makel und Normabweichungen.
Trotz dieser Bewegung haben sich viele Menschen wohl auch in diesem Sommer nicht an den Strand getraut. Laut einer Umfrage der Krankenkasse Pronova BKK vermeidet fast jede dritte Frau und jeder vierte Mann in Deutschland den Strandurlaub, weil sie sich wegen ihres Körpers schämen. Insgesamt ein Drittel der Befragten findet, dass man sich mit Übergewicht nicht in Badekleidung zeigen sollte.
Druck unterscheidet sich kulturell
Das sieht man aber nicht überall auf der Welt so, erklärt die Psychologin Louise Hanson von der Durham University. Sie hat gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen in einer internationalen Studie untersucht, wie sich der Druck auf Frauen, einen schlanken Körper zu haben in verschiedenen Kulturen unterscheidet. Und auch wie stark Frauen ihren eigenen Körper wertschätzen.
Dabei haben sie festgestellt, dass weiße westliche Frauen nach ihrer eigenen Auskunft den größten Druck empfinden. Ausgelöst vor allem durch Medien: Filme, Fernsehsendungen, Werbung und soziale Netzwerke. Chinesische Frauen hingegen erfahren demnach den meisten Druck durch ihre eigene Familie. Schwarze nigerianische Frauen gaben von allen drei Gruppen den geringsten soziokulturellen Druck an. Bei ihnen war das Ideal eines schlanken Körpers, so wie es im Westen und China verbreitet ist, am wenigstens verinnerlicht.
Unterschiede in Wertschätzung des Körpers
Auch wenn es vermutlich noch andere Einflüsse gibt: Die Wertschätzung des Körpers unterscheidet sich auch zwischen verschiedenen Kulturen.
Schwarze nigerianische Frauen waren insgesamt am zufriedensten mit ihrem Körper. Danach folgten die chinesischen Frauen. Weiße westliche Frauen hatten von allen drei Gruppen die geringste Wertschätzung für ihren Körper.
Körperbild in Deutschland wenig untersucht
Diese Gruppe setzte sich aus Frauen aus englischsprachigen Ländern, wie den USA oder dem Vereinigten Königreich, zusammen. Wie die Lage in Deutschland ist, sei nicht ganz klar, sagt die Beratungspsychologin Nicole Behrend von der Universität Potsdam: "Bezogen auf das positive Körperbild fangen wir gerade erst damit an, die Aspekte erst mal zu verstehen und messbar zu machen im deutschsprachigen Raum", sagt sie.
Männer: Muskulös statt schlank
Behrend hat dafür einen Fragebogen zum Körperbild übersetzt. Grundsätzlich geht sie nicht davon aus, dass sich das Körperbild in der deutschen Kultur stark von dem in anderen westlichen Ländern unterscheidet. Dabei sei insgesamt aber auch zu beachten, dass es auch innerhalb einer einzigen Kultur erhebliche Unterschiede im Körperbild geben könne.
Wie wir zu unserem Körper stehen, hat demnach auch mit dem Alter, der sozialen Klasse, unserem Gesundheitszustand oder dem Geschlecht zu tun. Männer sind zum Beispiel eher dem Körperideal ausgesetzt, besonders muskulös zu sein statt besonders schlank.
Westliche Medien erhöhen den Druck
Wie stark der Einfluss einzelner Faktoren, wie der Medien oder der Familie, ist, lässt sich anhand der Studie nicht genau benennen. Es gibt laut Psychologin Hanson aber starke Hinweise darauf, dass gerade westliche Medien einen großen Einfluss haben.
So würde in Nicaragua dazu geforscht, wie sich Körperideale verändern, wenn die Menschen mit westlichen Medien in Kontakt kommen. "Es gibt nämlich bestimmte Teile Nicaraguas, die gerade erst Fernsehen, Telefon und Zugang zum Internet bekommen. Und dort wurde festgestellt, dass sich ihre Körperideale umso mehr verändern, je mehr sie mit westlichen Medien in Berührung kommen, und dann mehr unseren Körperidealen entsprechen", sagt Hanson.
Wer profitiert?
Um diesem Einfluss zu entkommen und ein positiveres Körperbild zu bekommen, empfiehlt Psychologin Behrend dieses westliche Idealbild kritisch zu hinterfragen: "Wann immer wir Medieninhalte sehen, die bestimmte Schönheitsideale propagieren, sollten wir uns als allererstes fragen, wer von diesen Bildern profitiert. Also wer profitiert davon, dass wir denken, dass wir ungenügend sind und uns irgendwie verändern müssen und im Ideal entsprechend müssen?" Zudem sei es wichtig zu erkennen, wie stark die Bilder bearbeitet oder manipuliert seien.
Dazu, wie man eine bessere Beziehung zum eigenen Körper entwickeln kann, empfiehlt Psychologin Hanson zum Beispiel Aktivitäten, die Spaß machen und bei denen man sich dem eigenen Körper nahe und verbunden fühlt. "Auch Kleidung zu tragen, in der man sich wohlfühlt, also nicht unbedingt Kleidung, die in Mode ist oder von der man denkt, dass sie anderen Leuten gefällt, kann dabei sehr, sehr helfen", so Hanson.