COP28 Worum es bei der Klimakonferenz geht
Rund 70.000 Teilnehmer, 13 Tage - ein umfassendes Thema. In Dubai beginnt heute die COP28, die diesjährige UN-Klimakonferenz. Worum geht es bei den Beratungen konkret - und wie sind die Aussichten auf Erfolg?
Es ist nicht hoffnungslos, argumentiert Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, gestützt auf viele Studien. Die Klimakonferenzen hätten die Erderwärmung immerhin eingedämmt, den erwartbaren Anstieg "von einem Temperaturpfad von damals fast vier Grad auf jetzt etwa 2,5 Grad" gesenkt.
Trotzdem: Die weltweite Bestandsaufnahme, die diesmal im Mittelpunkt der Verhandlungen steht, hat ein einfach ernüchterndes Ergebnis gebracht, sagt Niklas Höhne vom NewClimate Institute. "Und das ist, glaube ich, die Hauptnachricht dieses 'Global Stocktakes' - dass es sehr, sehr, sehr eng wird. Und wenn wir nicht sofort nachsteuern, dann können wir die Ziele, die wir uns alle im Pariser Klimaschutzabkommen gesetzt haben, einfach überhaupt nicht mehr erreichen."
Kein Land kann zu etwas gezwungen werden
Eigentlich, sagt er, müssten die fast 200 Staaten in Dubai sofort reagieren. Aber das ist extrem unwahrscheinlich. Die UN-Konferenz kann keinen der Vertragspartner einfach zu etwas zwingen, denn es gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Sie kann nur eine allgemeine Messlatte formulieren.
Hauptstreitpunkt: Wie deutlich wird der Ausstieg aus den fossilen Energien - aus Kohle, Öl und Gas - gefordert? Wahrscheinlich sind eher weiche Formulierungen. Da dämpft der kommende Konferenz-Präsident dieser Runde, Sultan Ahmed al-Jaber, die Erwartungen. Er ist im Hauptberuf nämlich auch Chef des staatlichen Ölmultis der Vereinigten Arabischen Emirate.
Eher Vermittler als Antreiber
"Wir müssen verantwortungsvoll sein, realistisch an den Fakten orientiert, pragmatisch, und wir dürfen niemanden zurücklassen." Der Sultan versteht sich eher als Vermittler denn als Antreiber. Den Vereinigten Arabischen Emiraten liege zudem mehr daran, positive Schlagzeilen von dieser Konferenz zu produzieren als Ergebnisse - so erzählen viele Beobachter nach den Vorbereitungstreffen.
Al-Jaber will beim Ausstieg aus fossilen Energien offenbar eine Hintertür offenlassen. Man könne doch die Klimagase der Kraftwerke einfach einfangen und wegsperren. Immerhin will sein Unternehmen noch lange und sogar immer mehr Öl fördern. Wissenschaftler Höhne ist da skeptisch. Die Verfahren zum sogenannten CCS steckten in den Kinderschuhen, das Volumen sei begrenzt, die Kosten hoch - eine schlichte Ausrede, um weiter Kohle und Öl im Geschäft zu halten. Deutsche Verhandler wollen zumindest für den Energiesektor eine solche Scheinlösung verhindern.
Neue Kooperation zwischen China und den USA
Weniger strittig: Die Erneuerbaren Energien sollen noch in diesem Jahrzehnt weltweit verdreifacht werden. Die USA und China haben sich darauf schon im Vorfeld geeinigt. Sie sprechen allerdings vom Anteil sauberer Energien, weil sie die Kernkraft dazurechnen. Die erneuerte Kooperation der beiden Supermächte bei der Vorbereitung eines Klimagipfels wird aber allgemein als ermutigendes Zeichen gewertet.
In Dubai werden die Delegationen allerdings diesmal weniger Druck von der Straße für mehr Klimaschutz bekommen. Bei Klimakonferenzen in demokratischen Staaten sind Großdemos dagegen die Regel, und sie haben Wirkung. Außerdem ist die internationale Klimabewegung - unter anderem wegen der Haltung zum Nahost-Konflikt - gespalten und geschwächt.
Entschädigung für ärmere Länder
Mehr Beachtung wird der Konferenzpräsident dem zweiten zentralen Thema geben, dem Geld. Mit Ach und Krach wird wohl in diesem Jahr eine alte Zusage eingehalten, dass 100 Milliarden Dollar den ärmeren Staaten jährlich helfen sollen, sich klimaneutral zu entwickeln und sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen.
Jedenfalls zeigen das Analysen der OECD. Und auch der Fonds, aus dem klimabedingte Schäden und Verluste ("Loss and Damage") ausgeglichen werden sollen, müsste eigentlich gefüllt werden. Die zentrale Frage ist, wer dafür zahlen muss. Bislang nur die klassischen Industrieländer. Die wollen aber neue Regeln.
Die USA vor allem drängen darauf, aber auch die deutsche Außenministerin verlangt, "dass die Staaten, die mit fossilen Energien viel Geld verdient haben, wie die Golfstaaten oder Staaten wie China, die in den letzten Jahren zu den größten Verursachern von Treibhausgasen gehören, ebenso in diesen Fonds einzahlen".
Deutsche Mittel offenbar nicht von Haushaltssperre betroffen
Deutschland könnte sich indessen dem Vorwurf ausgesetzt sehen, dass es - wegen der Haushaltskrise - selbst einfach nicht mehr zu zahlen bereit ist. Zu Unrecht, meint Reimund Schwarze, Klima-Finanzexperte vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Die meisten Mittel seien nämlich schon fest zugesagt und unterlägen in keiner Form den gegenwärtigen haushaltspolitischen Prozessen in Berlin. "Daher habe ich wenig Sorgen, dass das jetzt unmittelbar Löcher reißt", analysiert er.
Allerdings wird es angesichts vieler Krisen für die Geberstaaten immer schwieriger, die Mittel auf Dauer sicherzustellen. Und die echten Entwicklungsländer erwarten in der Zukunft deutlich steigende Geldtransfers. Auch über diese Summen wird in Dubai gestritten werden.
Schon bei den vergangenen Konferenzen standen diese Entwicklungsländer in einem Zielkonflikt. Zum einen sind sie die Hauptbetroffenen des Klimawandels und müssten deshalb das stärkste Interesse haben, dass möglichst straffe Regeln für die Klimagasemissionen vereinbart werden. Auf der anderen Seite sind sie aber auf die Mittel aus den Finanztransfers angewiesen. China hat zuletzt diesen Interessenskonflikt genutzt und seine Partnerstaaten in der Entwicklungsländergruppe "G77 und China" bei der Forderung nach Geld unterstützt. Dafür konnte das Land umgekehrt weitergehende Forderungen nach mehr Klimaschutz vermeiden.
"Kein Land auf Kurs, aber ermutigende Entwicklungen"
Am Ende geht es immer auch um das Recht auf Entwicklung und Wohlstand. Das wird von den Menschen auch in den Industriestaaten wieder stärker eingeklagt, sagt der für nationalen Klimaschutz zuständige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Beim Klimatag des Bundesverbands der Deutschen Industrie sagte er: "Der politische Plan, den sich dieses Land gegeben hat, ist, dass mit der Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft sich Aufstieg, Wohlstand, Wachstum neu begründet. Klimaschutz wird nur dann gelingen, wenn es mit wirtschaftlicher Prosperität einhergeht."
Obwohl kein Land auf Kurs ist beim Klimaschutz, gibt es doch ermutigende Entwicklungen, bilanziert Wissenschaftler Höhne. In Teilbereichen schaffe die Welt den Ausstieg aus fossilen Treibstoffen durchaus. Und zwar bei den Erneuerbaren Energien, insbesondere bei der Fotovoltaik. Da sei das globale Ausbautempo gemessen am 1,5-Grad-Limit hoch genug - und auch bei der Elektromobilität. Sein Schluss: "Das zeigt eigentlich, dass wir das können, wenn wir das wollen."