US-Kongress bestimmt Klimaschutz Der verhinderte Weltklimaschützer
Die Rede von US-Präsident Obama war für viele Teilnehmer der Klimakonferenz in Kopenhagen eine Enttäuschung, denn er hatte nichts Neues im Gepäck. Doch Obama kann nur so viel versprechen, wie der US-Kongress zulässt. Und den Abgeordneten steht im nächsten Jahr eine Wahl bevor.
Von Ralph Sina, WDR-Hörfunkkorrespondent Washington
An entschlossenen Worten mangelte es US-Präsident Barack Obama bei seinem Auftritt nicht. Angesichts der globalen Herausforderung sei er nicht nach Kopenhagen gekommen, um zu reden, sondern zu handeln.
Doch Obamas Handlungsspielraum ist äußerst begrenzt. Der Friedensnobelpreisträger würde zwar gerne die Rolle des obersten Weltklimaschützers spielen, der die zukünftigen Kohlendioxid-Weltmeister China und Indien auf den Pfad der umweltpolitischen Tugend lockt: "Der Klimawandel ist da, hervorgerufen nicht zuletzt durch unsere Treibhausgase. Deshalb müssen wir Amerikaner handeln", versuchte Obama vor dem Kopenhagen-Gipfel seinen Parteifreunden im US-Kongresses einzuschärfen.
Barack Obama enttäuschte viele Gipfelteilnehmer.
Nicht Obama bestimmt über den Klimaschutz
Der US-Kongress und nicht der umweltbewegte US-Präsident bestimmt, was von Kopenhagen übrig bleibt und wie das künftige US-Klimagesetz aussieht. Zwar haben die Demokraten in beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit. Aber schon jetzt zittern viele Abgeordnete um ihren Sitz im Repräsentantenhaus, das im nächsten Jahr komplett neu gewählt wird.
Vor allem die konservativen Demokraten aus den Öl-, Kohle- und Gas-Bundesstaaten der USA haben kein Interesse, die Energiekonzerne durch eine wirkungsvolle Begrenzung der Treibhausgase zu verärgern. 25 bis 40 Prozent weniger Treibhausgase bis 2020, für diese Forderung vieler Klimaforscher haben die US-Abgeordneten und Senatoren nur fassungsloses Kopfschütteln übrig. Rund vier Prozent weniger Kohlendioxyd im Vergleich zu 1990 ist das höchste Klimazugeständnis, zu dem der Kongress im nächsten Jahr bereit ist.
Kein Druck auf den Kongress
Wenn der Kongress sich Obamas Klima-Einsichten verweigere, könne der Präsident seine CO2- Ziele doch einfach mit Hilfe der US-Umweltbehörde EPA durchsetzen, spekulieren US-Medien wie der nationale Radiosender NPR. Die EPA hat die Treibhausgase als gesundheitsgefährdend eingestuft und damit die Vollmacht, US-Unternehmen zum Einbau teurer CO2-Filter zu zwingen.
Ohne die Zustimmung des US-Kongresses kann Obama nicht den Klimaretter spielen.
Doch Obama wird sich auch nach Kopenhagen hüten, den Kongress mit Hilfe der Umweltbehörde zu bevormunden. Schon jetzt sind Obamas Umfragewerte auf einem nationalen Tiefstand. Der Präsident braucht den Kongreß, um sein wichtigstes Projekt unter Dach und Fach zu bringen: die Gesundheitsreform.
Lobbyisten können sich die Hände reiben
Ein historischer Schritt, wie von US-Außenministerin Hillary Clinton gefordert, ist von Obama deshalb in Sachen Klimaschutz nicht zu erwarten, sondern allenfalls zwei Dinge: eine CO2-Reduktion, die aus Sicht der Klimaforscher nicht der Rede wert ist und die Einführung des Handels mit Verschmutzungsrechten.
"Ein wichtiger Schritt nach vorn", lautet Obamas Lieblingsformulierung für den schneckenhaften Fortschritt. Die Washingtoner Lobbygruppen der amerikanischen Energieriesen können sich die Hände reiben: Ihre millionenschweren Etats für die Bearbeitung der US-Abgeordneten zeigen die gewünschte Wirkung.