Essbarer Plastikersatz Nachhaltige Verpackung aus Eierschalen
Ein studentisches Forschungsteam hat eine nachhaltige Verpackung hergestellt - aus Eierschalen. Die essbare Folie soll zusätzlich wertvolle Proteine liefern und Plastik ersetzen.
Um schnell und ohne großen Aufwand den Hunger zu stillen, greifen viele zu Fertiggerichten wie Tütensuppen. Doch dabei fällt vor allem auch eines an: viel Verpackungsmüll. Fünf Studentinnen der Universität Hohenheim haben nun eine nachhaltige Alternative zu Plastikverpackungen entwickelt. Einer der Hauptbestandteile: Eierschalen.
Alena Fries, Bahar Abrishamchi, Paulina Welzenbach, Cora Schmetzer und Lina Obeidat haben neun Monate lang an ihrem Produkt gearbeitet. Die Mühe hat sich gelohnt, die Idee geht auf: In Kombination mit pflanzlichen Eiweißen, Bindemittel und Wasser gelang es ihnen, aus Eierschalen eine Verpackung herzustellen.
Proteine statt Plastikmüll
Am Anfang hätten sie "erst mal wild drauflos experimentiert", erzählt Fries im SWR, und hätten das Produkt dann immer weiter angepasst, bis sie zufrieden gewesen seien. Wird das Gemisch in Form gegossen und im Ofen getrocknet, entsteht eine dünne, fast durchsichtige Folie. Die fühlt sich an wie eine Plastiktüte - und lässt sich auch so verarbeiten. Eine Salmonellengefahr besteht nicht, da die Schalen wärmebehandelt werden.
Die erste, fertige Produktentwicklung bleibt typisch studentisch: Es gibt Ramen, eine japanische Nudelsuppe. Denn aus der Folie können etwa kleine Tütchen geschweißt werden, die dann zum Beispiel mit einer Würzmischung befüllt werden. So, wie man es von vielen Instant-Nudelprodukten kennt.
Sobald heißes Wasser hinzugefügt wird, löst sich der kleine Beutel in Sekundenschnelle auf und kann unbemerkt mitgegessen werden. Neben dem Einsparen von Plastik ein weiterer Pluspunkt. Denn durch die verwendeten Eiweiße enthält das Essen damit zusätzliche Proteine.
Die Erfinderinnen (v..l.n.r.): Cora Schmetzer, Lina Obeidat, Bahar Abrishamchi, Paulina Welzenbach und Alena Fries.
Preisgekröntes Forschungsprojekt
Die plastikfreie Verpackung konnte auch bei einem Forschungswettbewerb vom Europäischen Institut für Innovation und Technologie (EIT) überzeugen. Die Anforderung: Eine biobasierte Verpackungslösung aus Lebensmittelabfällen zu entwickeln. Mit ihrer innovativen Idee konnten die fünf Studentinnen die "EIT Food Solutions: Reuse2Repack Challenge" und damit 1200 Euro Preisgeld gewinnen.
Ihr Team arbeitet unter dem Namen "Edggy" - das steht für die englischen Begriffe "Cutting edge research" - wie Spitzenforschung - und "eggs" wie Eier. Doch die namensgebenden Eierschalen schmeckt man nicht und sie knirschen auch nicht im Mund, versichert Alena Fries. "Die wird natürlich nicht als Eierschale selbst integriert, sondern die muss kleingemahlen werden. Und dann fällt sie gar nicht auf", erklärt die Studentin. Das genaue Rezept wird nicht verraten, denn vielleicht schafft es "Edggy" in den Handel.
Neue Verpackung bald auch im Handel?
Die Chancen dazu stehen gar nicht schlecht, schätzt Professor Jörg Hinrichs vom Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie im Gespräch mit dem SWR. Aktuell sei die Situation recht günstig, weil in Unternehmen nach neuen, nachhaltigen Lösungen gesucht werde. Denn Berge von Verpackungsmüll und insbesondere Plastik sind eine große Umweltbelastung, für die noch keine hinlänglichen Lösungen gefunden wurden. Allein in Deutschland fallen immerhin über sechs Millionen Tonnen an Kunststoffabfällen an.
Doch auch wenn die Studentinnen den Schritt zum eigenen StartUp wagen sollten, dauert es wohl noch etwas, bis die essbaren Verpackungen zu kaufen sind. Ein Jahr Vorlauf brauche die Industrie mindestens, sagt Hinrichs, der für die Erfindung zahlreiche weitere Anwendungsmöglichkeiten sieht. Im Grunde eigne sich die Idee "für alles, was To Go ist".
20 Milliarden Eier pro Jahr
Eierschalen gibt es in Deutschland jedenfalls mehr als genug. Im letzten Jahr verbrauchten die Deutschen laut Bundeszentrum für Ernährung rund 230 Eier pro Kopf - das sind bundesweit fast 20 Milliarden Stück. Reste vom Frühstückstisch eignen sich jedoch weniger zum Recycling als essbare Verpackung. Eierschalen, die zu Hause anfallen, gehören in der Regel in den Restmüll. Für die Weiterverarbeitung zu Verpackung bieten sich eher Eierschalen aus der Industrie an, die andernfalls nur als Abfall entsorgt oder als Rohstoff für Düngemittel verkauft würden.
Das "Edggy"-Team forscht weiter. Fries berichtet, dass sie die Verpackung von trockenen Pulvern auf flüssigere oder öligere Produkte erweitern und neben Nudeln auch mit anderen Fertigprodukten arbeiten wollen - zum Beispiel mit Salatsoßen. Auch nach Abschluss der Forschungs-Challenge ist die Idee aus Hohenheim also noch lange nicht vom Tisch.