Putsch in Gabun "Mit ihm geht das Bongo-System weiter"
Ali Bongo hatte gerade erst seine Wiederwahl verkündet, als ihn das Militär festsetzte. Auf der Straße wurde die Armee als Befreier gefeiert. Nach mehr als 55 Jahren der Bongo-Führung scheint die Linie dennoch nicht durchbrochen.
Mit 19 Jahren versuchte sich Ali Bongo an einer Karriere als Sänger. Für "Monsieur Fils", den "Herrn Sohn", wie der heute abgesetzte Präsident in seiner Heimat zu dieser Zeit genannt wurde, war das einer von vielen Zeitvertreiben.
Ali Bongo führte ein Luxusleben, unter anderem in Paris und an der Cote d’Azur, wo die Familie zahlreiche Immobilien besitzt. Sein Vater, Omar Bongo, der Gabun seit 1967 regierte, wurde zu dieser Zeit von Transparency International schon als einer der reichsten Männer der Welt eingestuft. Einen Teil dieses Vermögens soll er angehäuft haben, indem er sich für Lizenzen zur Ölförderung bestechen ließ.
Gabun hat große Bodenschätze - neben Erdöl zum Beispiel auch Uran, Eisenerz und das für die Autoindustrie wichtige Mangan. Erst 2009 wurde das Leben für Ali Bongo ernst. Nach mehr als 40 Jahren im Amt starb sein Vater und der Sohn sollte in seine Fußstapfen treten. Im Wahlkampf bemühte sich Ali Bongo, das Image des verwöhnten Luxusbengels abzulegen.
Ist es ein Verbrechen, einen Ferrari zu haben? Habe ich jemanden umgebracht, habe ich jemanden ins Gefängnis geworfen, habe ich jemanden bestohlen - das wären Verbrechen.
Opposition warf Bongo Wahlbetrug vor
Die folgenden Präsidentschaftswahlen gewann er dem offiziellen Ergebnis zufolge. Doch schon damals sprach die Opposition von Manipulation. Genau wie nach der Abstimmung am vergangenen Wochenende. Ali Bongo wollte sich schon wieder als Sieger feiern lassen. Stattdessen wurde er von Soldaten in seiner Residenz festgesetzt.
Von dort wandte er sich mit einem Hilferuf an seine Unterstützer. "Ich bin Ali Bongo Ondimba, Präsident von Gabun, und ich schicke eine Botschaft an all meine Freunde auf der ganzen Welt: Werdet laut, werdet laut", sagte er in einem Video.
Menschen feiern in den Straßen von Akanda in Gabun und halten die Nationalflagge in den Händen.
"Die Armee hat unser Land befreit"
Doch viel Rückhalt scheint er nicht mehr zu haben. Auf den Straßen der Hauptstadt Libreville feierten die Menschen das Ende der Bongo-Ära.
Gerade die Jugend hatte schon vor den Wahlen einen Wechsel gefordert. Sie will sich nicht mehr mit der Ungerechtigkeit abfinden, dass in einem eigentlich reichen Land wie Gabun ein Drittel der Bevölkerung in Armut lebt. Die Absetzung Ali Bongos gibt darum vielen Hoffnung. "Der 30. August ist jetzt unser Unabhängigkeitstag", meinte ein junger Mann in der Menge. "Die Armee hat unser Land befreit."
Militär: Gabun war keine Demokratie mehr
Die Gruppe von Militärs und Sicherheitskräften, die den Putsch im Staatsfernsehen verkündet hatte, nennt sich "Komitee für den Übergang und die Wiederherstellung der Institutionen". Gabun sei keine Demokratie mehr gewesen, sagen sie. Darum habe die Armee beschlossen, einzugreifen.
"Unser wunderschönes Land, Gabun, war immer ein friedlicher Hafen", sagte ein Militärsprecher. "Aber heute gehen wir durch eine schwere politische, ökonomische und soziale Krise."
Die frühere Kolonialmacht Frankreich verurteilte den Putsch. Sie hatte einst Omar Bongo ins Amt verholfen und lange Zeit schützend ihre Hand über die Familie gehalten. Zuletzt hatte es schon in anderen ehemals französischen Kolonien wie Mali, Burkina Faso und Niger Umstürze gegeben.
Doch die Agenda der Putschisten sei unterschiedlich, meint der politische Analyst und Afrika-Kenner Wilson Khembo. "Ich glaube, dass der Coup in Gabun sich von den anderen unterscheidet. In den übrigen Ländern war das Militär von Machthunger getrieben", erklärt er. "Doch in Gabun wollen die Putschisten offenbar die verfassungsmäßigen Rechte wieder in Kraft setzen. Sie befürchteten, dass sich das Land zu weit von einer Demokratie entfernt."
Es bleibt in der Familie
Neuer Präsident soll der bisherige Chef der Republikanischen Garde werden, Brice Oligui Nguema. Ein Mann aus dem engsten Umfeld Ali Bongos - und offenbar noch dazu sein Cousin. So ganz scheint die Vorherrschaft der Familie damit noch nicht beendet zu sein, wie auch der stärkste Oppositionskandidat bei den Wahlen, Albert Ondo Ossa, hervorhob.
"Wir müssen die Dinge im Zusammenhang sehen", sagte er. "Das hier ist kein Staatsstreich, es ist eine Palast-Revolution. Die Bongos haben beschlossen, Ali Bongo auszuwechseln. Oligui Nguema soll übernehmen. Und mit ihm geht das Bongo-System weiter."
Ondo Ossa fordert, dass die Stimmzettel vom Wochenende neu ausgezählt werden und das Ergebnis anerkannt wird. Doch die Putschisten wollen am Montag ihren Mann offiziell zum neuen Präsidenten ernennen. Im Staatsfernsehen demonstrierten sie Koffer voller Geld, die aus dem Umfeld von Ali Bongos Sohn stammen sollen. Die Botschaft dahinter: Das Ausplündern Gabuns wird jetzt beendet. Doch bisher kann die Bevölkerung nur hoffen, dass sie tatsächlich vom Reichtum profitiert - und sich nicht andere künftig ein Luxusleben leisten.