Weniger als 500 Asylanträge Was bringt das Migrationsabkommen mit Kenia?
Bundeskanzler Scholz verbucht das Migrationsabkommen mit Kenia als Erfolg - es sei eine "Win-win-Situation". Doch nur wenige Kenianer beantragen Asyl. Und für Fachkräfte ist Deutschland oft nicht die erste Wahl.
Der Bundeskanzler hat das neue Migrationsabkommen mit Kenia mal als "Win-win-Situation" bezeichnet für die Menschen und für die Wirtschaft beider Länder. Win-win klingt erst mal gut. So hat sich Kenia schlagzeilenträchtig bereit erklärt, die Rückführung abgelehnter Asylbewerber von Deutschland nach Kenia zu erleichtern. Allerdings haben im vergangenen Jahr weniger als 500 Menschen aus Kenia in Deutschland Asyl beantragt.
Das sind ungefähr 0,1 Prozent der Asylanträge. Rückführungen im großen Stil, wie es die Opposition und Teile der Bevölkerung gerade fordern, wird es deshalb von Deutschland nach Kenia erst mal nicht geben.
Auch andere Länder werben um kenianische Fachkräfte
Ein weiterer Teil des Abkommens hat die Fachkräftemigration zum Ziel. Deutschland sucht händeringend nach Fachkräften, vor allem in Krankenhäusern und Kindergärten. Aber um genau diese Fachkräfte buhlen auch andere Länder wie die USA, Kanada, Großbritannien und die Golfstaaten. Von Kenia in das englischsprachige Ausland auszuwandern ist deutlich einfacher als auf eigene Kosten mindestens anderthalb Jahre Deutsch zu pauken.
Die kenianische Hauptstadt ist in der Techbranche auch als Silicon Savannah bekannt. Zahlreiche Technologieunternehmen und Start-ups haben sich hier angesiedelt. Programmieren ist mittlerweile schon in den Schulen Teil des Curriculums. Aber ob die IT Spezialisten Lust haben, in Deutschland zu arbeiten, wird sich zeigen.
Google und Microsoft sind bereits in Nairobi ansässig und reißen sich um die heiß begehrten Informatiker. Dementsprechend gut verdient man im IT Bereich, ohne das Land überhaupt verlassen zu haben.
Hohe Lebenshaltungskosten schrecken einige ab
Und dann ist die Frage, ob die Deutschen und die Kenianer überhaupt miteinander können oder wollen. In Nairobi finden regelmäßig Abende zur Landeskunde statt, in denen es darum geht, ein realistisches Bild des deutschen Alltags zu zeichnen und Unterschiede im Zusammenleben zu erklären. In Deutschland könne es sehr kalt und grau werden. Die Deutschen seien im Vergleich zu Kenianern deutlich direkter in der Ansprache und reservierter Fremden gegenüber, heißt es dort.
In sozialen Netzwerken wie WhatsApp tauschen sich bereits jetzt Kenianer in Deutschland mit ihren Landsleuten aus. Dort geht es um dieselben Themen, die viele Deutsche bewegen: Wohnungssuche und hohe Lebenshaltungskosten.
Rassismuserfahrungen in Deutschland sind Thema
Auch Rassismuserfahrungen in Deutschland gehören bereits jetzt zu den Dingen, die nach Kenia zurückgespiegelt werden. Dass schwarze Menschen in Deutschland Erfahrungen damit gemacht haben, beschimpft und körperlich attackiert zu werden, ist kein Geheimnis.
Der Erfolg des Abkommens wird deshalb auch stark von den Alltagserlebnissen der ersten Kohorte kenianischer Fachkräfte abhängen, von Visaverfahren, Behördengängen, Supermarktbesuchen und Wohnungsbesichtigungen.