Demokratische Republik Kongo Neue Gewalt und ein Rücktritt
Im Osten der Demokratischen Republik Kongo eskaliert die Gewalt, erneut wurden Zivilisten getötet. Nach dem Rücktritt von Premierminister Lukonde äußern sich Bürgerorganisationen besorgt über ein mögliches Machtvakuum.
Inmitten eskalierender Gewalt im Osten der Demokratischen Republik Kongo hat Premierminister Jean-Michel Sama Lukonde seinen Rücktritt eingereicht. Laut einer Mitteilung der Präsidialkanzlei in Kinshasa reichte er bei Staatspräsident Félix Tshisekedi zugleich den Rücktritt mehrerer Mitglieder seines Kabinetts ein, darunter des Verteidigungsministers.
Der Rücktritt hängt mit Bestimmungen der kongolesischen Verfassung zusammen: Vor acht Tagen war Lukondes Abgeordnetenmandat in der Nationalversammlung in Kinshasa nach der Parlamentswahl im Dezember bestätigt worden. Laut Verfassung müssen gewählte Amtsträger innerhalb von acht Tagen zwischen ihrem Funktionsmandat und ihrem Abgeordnetenmandat entscheiden. Der seit 2021 regierende Lukonde will nun sein Mandat als Abgeordneter wahrnehmen.
Hunderttausende auf der Flucht
In der östlichen Region des Landes an der Grenze zu Ruanda hatte die Gewalt zuletzt erneut zugenommen. Bei zwei Angriffen Anfang dieser Woche starben Dutzende Zivilisten. Verantwortlich dafür sei die mit der Terrormiliz "Islamischer Staat" verbundene Rebellengruppe ADF, teilten lokale Behörden mit. Am Dienstag habe sie 13 Menschen im Gebiet Mambasa in der Provinz Ituri getötet, sagte Christophe Munyanderu von der Konvention für die Achtung der Menschenrechte, einer zivilgesellschaftlichen Gruppe. Die meisten Opfer seien in ihren Häusern ermordet worden. Bei einem weiteren Angriff in Nord-Kivu töteten mit Macheten und Gewehren bewaffnete ADF-Mitglieder am Montag mindestens elf Menschen.
Hunderttausende Menschen sind in der Provinz Nord-Kivu auf der Flucht. Dort ist die Miliz M23 kurz vor die Provinzhauptstadt Goma vorgerückt und kämpft gegen Regierungstruppen und verbündete Milizen. Tshisekedi forderte angesichts der besonderen Situation Lukonde und die zurückgetretenen Minister auf, bis zur Ernennung ihrer Nachfolger ihre Aufgaben weiterhin wahrzunehmen.
Vertreter der Zivilgesellschaft zeigten sich besorgt, ein Machtvakuum könnte den Rebellen in die Hände spielen. "Wir hoffen, dass die Beratungen (über eine neue Regierung) beschleunigt werden, damit die Demokratische Republik Kongo so schnell wie möglich eine neue Regierung hat", sagte Marrion Ngavo, Leiter des Bündnisses der Bürgerorganisationen in Goma.
Sanktionen gegen Milizenführer
Der UN-Sicherheitsrat verhängte unterdessen Sanktionen gegen sechs Milizenführer in dem Land. Die Maßnahmen richten sich unter anderem gegen einen Sprecher der Rebellenbewegung M23 sowie zwei Mitglieder der ADF-Milizen. Das UN-Gremium begründete die Sanktionen mit verübten Menschenrechtsverletzungen. Die vom Sicherheitsrat erlassenen Strafmaßnahmen umfassen ein Waffen-Embargo, ein Reiseverbot sowie das Einfrieren von Vermögen. Den sechs Mitgliedern der Milizen werden Angriffe auf die Zivilbevölkerung und sexualisierte Gewalt vorgeworfen.
Die UN-Sonderbeauftragte für den Kongo, Bintou Keita, warnte vor dem Sicherheitsrat vor einer Verschärfung der humanitären Krise in der Region. Allein in Goma seien 400.000 Flüchtlinge untergekommen. Wegen des Mangels an sauberem Trinkwasser und der schlechten hygienischen Situation gebe es einen dramatischen Anstieg an Cholera-Fällen.
Kämpfe dauern schon viele Jahre
Seit Jahrzehnten kämpfen in der Region Dutzende bewaffnete Gruppen um die Macht und die Kontrolle über Ressourcen. Mehrere internationale Militäreinsätze konnten den Konflikt nicht befrieden. Die Friedensmission der Vereinten Nationen (MONUSCO) mit etwa 14.000 Soldatinnen und Soldaten hat den Abzug beschlossen.