Präsidentschaftswahl in Kongo Zwischen Gewalt und Manipulation
Mehr als 40 Millionen Menschen sind in der Demokratischen Republik Kongo zur Wahl neuer Parlamente und eines neuen Präsidenten aufgerufen. Aber Gewalt und Betrugsvorwürfe überschatten den Urnengang.
Bis zuletzt wurde gemunkelt, dass die Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo wieder einmal verschoben werden müssen. Die Voraussetzungen für einen freien, demokratischen und glaubwürdigen Urnengang sind denkbar schlecht.
Im Osten des Landes kämpfen mehr als 100 Milizen seit Jahren um Macht und Kontrolle über die wertvollen Rohstoff-Vorkommen dort. Wegen der blutigen Auseinandersetzungen werden rund 1,7 Millionen Menschen ihre Stimme nicht abgeben können.
Darüber hinaus sind etwa sieben Millionen ihrer Landsleute Vertriebene im eigenen Land, ohne Papiere und damit auch nicht für die Wahl registriert. Zusammen ist das fast ein Viertel der Wahlberechtigten, die von vorneherein nicht an den Wahlen teilnehmen können.
Termingerechte Wahl
Das allein dürfte unterlegenen Kandidaten Gründe genug liefern, ein unliebsames Ergebnis später anzufechten. Trotzdem hat die Wahlkommission beschlossen, die Abstimmung termingerecht durchzuziehen - auch auf Druck des Präsidenten.
Felix Tshisekedi gab sich gegenüber der Nachrichtenagentur AP zuversichtlich, dass die Wahl glaubwürdig über die Bühne gehen werde. "Wir müssen aufhören, die Leute zu erschrecken", sagte er. "Wir gehen mit vollem Vertrauen (an die Urnen), bis das Gegenteil bewiesen ist."
Amtsinhaber Felix Tshisekedi kam 2018 an die Macht in der Demokratischen Republik Kongo. Er gilt als Favorit bei der Wahl.
Kongo sollte "Deutschland Afrikas" werden
Der Amtsinhaber gilt als der haushohe Favorit dieser Wahl. Das hat allerdings wenig damit zu tun, dass Tshisekedi in seinen knapp fünf Jahren als Präsident große Erfolge erzielt hätte.
Tshisekedi war mit dem Versprechen angetreten, den Kongo zum "Deutschland Afrikas" zu machen. Aber davon ist das riesige Land in Zentralafrika weit entfernt.
Trotz seines Reichtums an wertvollen Rohstoffen wie Coltan, Kupfer oder Kobalt lebt ein großer Teil der Bevölkerung in tiefer Armut. Etwa 60 Prozent der Kongolesen haben weniger als zwei Dollar pro Tag zur Verfügung. Der Rohstoffreichtum fließt hauptsächlich in die Taschen internationaler Bergbaukonzerne und korrupter Politiker.
Kaum Verbesserung der Lebensumstände
Tshisekedi hat beim Kampf gegen die Korruption genauso wenig erreicht wie bei der Befriedung des Ostkongo. Im Gegenteil: Die Gewalt in der Grenzregion zu Ruanda, Uganda und Burundi hat noch zugenommen, seit die Tutsi-Rebellenbewegung M23 wieder erstarkt ist und ihr Territorium in den vergangenen zwei Jahren immer weiter ausweiten konnte.
Die Regierung kann lediglich die Einführung einer kostenlosen Geburtshilfe und Grundschulbildung für sich verbuchen. Aber für die Mehrheit der Kongolesen hat sich das Leben in den vergangenen fünf Jahren nicht verbessert.
Wahlbetrug wohl möglich
Trotz dieser mageren Bilanz hat Tshisekedi gute Chancen auf eine zweite Amtszeit. Zum einen, weil die Opposition zersplittert ist und sich nicht auf einen gemeinsamen Gegenkandidaten einigen konnte.
Zum anderen, weil die Wahlkommission höchstwahrscheinlich - wie früher schon - tun wird, was die Regierung sagt und notfalls ein unpassendes Wahlergebnis passend macht.
Tshisekedis Wahlsieg 2018 kam auf höchst zweifelhafte Weise zustande. Zwar erklärte die damalige Wahlkommission ihn mit 38,56 Prozent der Wählerstimmen zum eindeutigen Sieger, deutlich vor seinem schärfsten Konkurrenten Martin Fayulu.
Allerdings kam die katholische Bischofskonferenz als unabhängige Wahlbeobachterin bei ihrer eigenen Auszählung auf ein ganz anderes Ergebnis. Danach bekam Tshisekedi nicht einmal 20 Prozent der Stimmen, gerade mal ein Drittel des Ergebnisses für Fayulu.
Seither sind die Gerüchte nicht verstummt, dass die Wahl ein abgekartetes Spiel zwischen Tshisekedi und seinem Amtsvorgänger Joseph Kabila war. Immerhin hat das Ergebnis zur ersten friedlichen Machtübergabe in der Geschichte des Kongos geführt. Trotzdem könnte der Präsident jetzt Interesse an einem glaubwürdigeren Sieg haben als 2018.
Der Gynäkologe und Aktivist Denis Mukwege, kurz nachdem er seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl bekannt gegeben hat. Er erhielt 2018 für seinen fast zwei Jahrzehnte dauernden Kampf gegen sexuelle Gewalt den Friedensnobelpreis.
Ein Friedensnobelpreisträger als Herausforderer
Neben Tshisekedi bewerben sich mehr als 20 Herausforderer um das Präsidentenamt. Wirkliche Chancen könnten allerdings maximal drei von ihnen haben.
Denis Mukwege stammt aus dem umkämpften Ostkongo und hat für seine Behandlung von Tausenden Opfern systematischer Vergewaltigungen 2018 den Friedensnobelpreis bekommen. Er forderte die Kongolesen auf, für die Freiheit zu stimmen: "Wir können nicht mehr ein System unterstützen, das nichts unternimmt, damit die Menschen nicht mehr hungern müssen und in Frieden leben können", sagte er im Wahlkampf.
Dass der Gynäkologe mit dieser Forderung genügend Wahlstimmen für einen Sieg bekommt, ist allerdings eher unwahrscheinlich.
Zahlreiche andere Konkurrenten
Bessere Chancen könnte der mutmaßliche Wahlsieger von 2018 Martin Fayulu haben, wenn er nicht von Kandidat Nummer drei ausgestochen wird: Moise Katumbi gehört zu den Superreichen des Kongo, war äußerst erfolgreich als Gouverneur der Rohstoff-Provinz Katanga und gilt als so aussichtsreich, dass die Regierung ihn mit einem legalen Trick an der Kandidatur hindern wollte - wie schon 2018. Diesmal allerdings vergeblich.
Für einen Wahlsieg im Kongo reicht eine einfache Mehrheit. Ein Ergebnis der Auszählung wird erst für die kommende Woche erwartet, voraussichtlich nach dem 27. Dezember.
Internationale Beobachter befürchten, dass es zu Gewaltausbrüchen kommen könnte. Bereits bei Wahlkundgebungen gab es Schießereien mit zahlreichen Verletzten.
Laut Berichten des britischen Senders BBC wurden am vergangenen Sonntag zwei Parlamentskandidaten getötet, als sie um Stimmen warben. Ob es nach den Wahlen friedlich bleibt, ist angesichts dieser Vorfälle zumindest zweifelhaft.