UN-Bericht zu Libyen EU soll Beihilfe zu Straftaten geleistet haben
Morde, Folter, Versklavung: UN-Experten sehen Beweise dafür, dass Libyens Küstenwache wiederholt schwere Verbrechen gegen Migranten begangen hat. Sie wird seit Jahren von der EU mit Logistik und Finanzen unterstützt.
Die Europäische Union hat mit ihrer Unterstützung für die libysche Küstenwache Beihilfe zu Straftaten geleistet. Zu diesem Ergebnis kommt ein UN-Bericht. Die EU müsse ihre Unterstützung für die Küstenwache überdenken, forderte Chaloka Bayani, der mit anderen unabhängigen Experten im Auftrag des UN-Menschenrechtsrats die Lage in Libyen seit 2016 untersucht hat.
Weitreichende Verletzung von Menschenrechten
Die Experten legten in Genf ihren Bericht vor. Sie waren mehrmals im Land und haben mehr als 400 Interviews geführt und Dokumente ausgewertet. In ihrem Bericht dokumentieren die Experten weitreichende Menschenrechtsverletzungen gegen die Zivilbevölkerung und vor allem gegen Migrantinnen und Migranten.
Das ölreiche Land in Nordafrika liegt auf einer der Hauptrouten von jenen Menschen, die nach Europa flüchten wollen. Die Europäische Union arbeitet mit der libyschen Küstenwache zusammen und stellt ihr Schiffe und Ausrüstung zur Verfügung. Nach Angaben der EU geht es bei dieser Vereinbarung um die Rettung von Menschenleben im Mittelmeer.
Folter und Erpressung
Die EU müsse sich im Klaren sein, dass in diesem Zusammenhang Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen würden, sagte Bayani. Er betonte: "Wir sagen nicht, dass die EU diese Straftaten begangen hat, aber ihre Unterstützung ist eine Beihilfe zur Ausführung dieser Straftaten."
In den Haftanstalten unter der Kontrolle der Küstenwache und anderer staatlicher Einrichtungen würden Menschen gefoltert, erpresst, vergewaltigt und ermordet, andere würden wie Sklaven verkauft und teils sexuell ausgebeutet - ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Experten: Pushbacks sind illegal
"Diese Einrichtungen erhielten technische, logistische und finanzielle Unterstützung von der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten, unter anderem für das Abfangen und die Rückführung von Migranten", heißt es im Bericht. Auch die Pushbacks - wenn Boote mit Flüchtlingen in Küstennähe abgefangen und zurück nach Libyen beordert werden - seien illegal, weil die Gewässer vor Libyen nicht sicher seien, sagte Bayani.
Die Experten hätten Grund zu der Annahme, dass die EU die Küstenwache, technisch, finanziell und mit Ausrüstungsgegenständen wie Booten unterstützt habe, "die im Zusammenhang mit dem Abfangen und Festhalten von Migranten verwendet wurden", heißt es in dem Bericht.
EU besteht auf Aufklärung
In einem konkreten Fall fordert nun die EU-Kommission selbst Aufklärung von Libyens Küstenwache. Nach Angaben der Hilfsorganisation SOS Méditerranée bedrohte ein Patrouillenboot die Besatzung ihres Rettungsschiffes "Ocean Viking" mit Schusswaffen und fing anschließend 80 Menschen in Seenot in internationalen Gewässern "brutal" ab.
Wie der EU-Kommissionssprecher weiter sagte, fordert die Brüsseler Behörde auch "Klarstellungen" darüber, ob das mutmaßlich an dem Vorfall beteiligte Schiff der libyschen Küstenwache mit Hilfe von EU-Geldern finanziert wurde.