60 Jahre Afrikanische Union Geburtstag mit gemischten Gefühlen
Vor genau 60 Jahren schlossen sich afrikanische Staaten zusammen, um ihre Beziehungen zu verbessern. Doch heute ist die Afrikanische Union gespalten, kämpft mit Schulden, Armut und Konflikten.
In Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba, wo an jeder Ecke neue Wolkenkratzer entstehen, wirkt das Gelände der Afrikanischen Union fast wie eine Ruheinsel. Hier sind die Bauarbeiten schon lange abgeschlossen. Der Staatenbund residiert in mehreren Gebäuden mit viel Glas und Marmor. Der Prachtbau wurde für 200 Millionen Dollar von den Chinesen gebaut. In diesem Fall handelt es sich um ein Geschenk.
Ausländische Investoren und hohe Schulden
Doch viele andere von China vorangetriebene Infrastrukturprojekte tragen dazu bei, dass der Kontinent insgesamt hoch verschuldet ist. Dem neuen Vorsitzenden der Afrikanischen Union, Präsident Azali Assoumani von den Komoren, macht das zu Beginn seiner Amtszeit Sorgen.
"Im Jahr 2022 betrug das Wachstum insgesamt nicht mehr als drei Prozent", sagte er in seiner Antrittsrede. Gleichzeitig sei die Geburtenrate auf dem Kontinent weiter sehr hoch, weshalb die Staaten gefordert seien, Sozialsysteme und Infrastruktur auszubauen, so Assoumani weiter. "22 afrikanische Staaten befinden sich nach Angaben der Weltbank heute in einer Notlage, was ihre Schulden betrifft und vereinen einen beträchtlichen Teil der Auslandsschulden des Kontinents auf sich."
"Plauderklub der Diktatoren"
Fortschritt auf Pump, dazu viele Krisenherde wie zuletzt im Sudan. Die Afrikanische Union steht in ihrem Jubiläumsjahr vor großen Herausforderungen. Sie ist Nachfolgerin der "Organisation für Afrikanische Einheit", die vor 60 Jahren an den Start ging. Der Staatenbund sollte die Länder des Kontinents enger zusammenbringen. Doch schnell war er als "Plauderklub der Diktatoren" verschrien, der viele Beschlüsse produzierte, aber keine Durchsetzungskraft hatte.
Als die Afrikanische Union 2002 übernahm, wollte sie es besser machen. Doch sie bliebe noch hinter ihren Zielen zurück, meint Victor Ochen aus Uganda, der Gründer einer afrikaweiten Jugendinitiative für Frieden und Fortschritt.
"Wir haben heute einen völlig geteilten Kontinent. Manche Länder haben sich für den Weg der Demokratie entschieden. Andere stecken noch immer im vergangenen Jahrhundert fest und werden von den falschen Führern regiert", meint Ochen. Ihnen gehe es nur um Macht und darum, ihre Feinde zu besiegen. "So kommt der Kontinent nicht voran."
Orientierung Richtung Russland und China
Gleichwohl mache die Welt einen Fehler, wenn Afrika in politische Entscheidungen nicht ausreichend einbezogen werde. Die politischen Führer auf dem Kontinent würden sich auch darum so stark Richtung China oder Russland orientieren, weil sie sich von den Vereinten Nationen zurückgesetzt fühlten.
"Die UN müssen versuchen, das wiedergutzumachen. Sie müssen die Frage klären, ob Afrika als Kontinent gut genug ist, um dem UN-Sicherheitsrat beizutreten. Wenn sie dazu Nein sagen, verlieren sie Afrika", erklärt Ochen.
Scholz: Afrikanische Union in die G20 nehmen
Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich während eines Besuchs in Äthiopien vor drei Wochen dafür aus, die Afrikanische Union in die G20-Staatengruppe aufzunehmen. Er zeigte sich optimistisch, dass es dazu schon in Kürze Gespräche geben könnte.
Wir müssen uns einstellen auf eine Welt, die multipolar sein wird. In der viele Länder des globalen Südens eine große Bedeutung bekommen werden. Jetzt ist die Zeit, wo wir einen Neustart machen müssen, was die Nord-Süd-Beziehungen betrifft. Der es ermöglicht, mit den vielen Ländern des Südens auf Augenhöhe gemeinsame Perspektiven zu entwickeln.
Schon jetzt leben auf dem afrikanischen Kontinent rund 1,3 Milliarden Menschen. Die Zahl könnte sich in den kommenden 30 Jahren verdoppeln. Ein Wachstum, das auch der Afrikanischen Union als Sprachrohr dieser Bevölkerung mehr Gewicht verleihen könnte.