Argentinien Tausende protestieren gegen Mileis Wirtschaftskurs
Argentiniens neuer Präsident Milei macht ernst mit seiner "Schocktherapie" für die Wirtschaft: Der Wohnungs- und Arbeitsmarkt sollen dereguliert werden. Staatsbetriebe will er privatisieren. Tausende gingen gegen seine Sparpläne auf die Straße.
Die neue argentinische Regierung des ultraliberalen Präsidenten Javier Milei hat mit dem Umbau der bislang streng regulierten Wirtschaft des südamerikanischen Landes begonnen. "Wir leiten die wirtschaftliche Deregulierung ein, die Argentinien so dringend braucht", sagte Milei am Mittwoch in einer Fernsehansprache und kündigte ein Dekret mit insgesamt 30 Maßnahmen an.
Weniger Regeln, mehr Privatisierung
Damit sollen 300 bestehende Regularien abgeschafft oder reformiert werden, etwa zahlreiche Gesetze zur Regulierung des Arbeits- und Immobilienmarktes. "Ziel ist es, den Weg für einen Wiederaufbau des Landes einzuschlagen, den Menschen die Freiheit und Autonomie zurückzugeben und anzufangen, die riesige Zahl an Regularien abzubauen, die das Wirtschaftswachstum in unserem Land aufgehalten, gestört und verhindert haben", sagte Milei.
Der Immobilienmarkt müsse wieder "ohne Probleme" funktionieren, damit die Wohnungssuche keiner "Odyssee" gleiche, sagte Milei. Auch soll eine Privatisierung von Staatsunternehmen wie dem Erdölkonzern YPF und der Fluggesellschaft Aerolíneas Argentinas ermöglicht werden. Durch eine Reform des Arbeitsrechts soll die Schaffung von "echten Jobs" erleichtert werden. Dereguliert werden sollen auch Sektoren wie Gesundheit, Tourismus, Internet und Handel.
Argentiniens neue Regierung kündigte im Fernsehen ihre Reformpläne an.
Proteste bleiben weitgehend friedlich
Tausende Menschen gingen gegen den wirtschaftsliberalen Kurs der neuen Regierung auf die Straße. In Buenos Aires versammelten sich Teilnehmer zu einem Marsch und zogen zum historischen Plaza de Mayo im Herzen der Hauptstadt. Dort war es bereits während der Militärdiktatur Anfang der 1980er-Jahre zu Protesten gekommen. Polizisten versuchten Demonstranten davon abzuhalten, den gesamten Platz in Beschlag zu nehmen.
Der Protest blieb weitgehend friedlich, nachdem die Regierung im Fall von Straßenblockaden mit harten Konsequenzen gedroht hatte. Die Proteste wurden zwar erlaubt, zugleich aber jenen mit Streichung der Sozialhilfe gedroht, die Straßen blockierten. Den Kundgebungsteilnehmern wurde zudem untersagt, Stöcke zu tragen, sich zu vermummen und Kinder zu den Demonstrationen mitzunehmen.
Die konservative Sicherheitsministerin Patricia Bullrich hatte ein vehementes Vorgehen gegen mögliche Straßenblockaden angekündigt. Gewerkschaften warfen der Regierung eine Kriminalisierung des Streikrechts und von Demonstrationen vor. Sie kritisierten außerdem die deutlichen Preissteigerungen nach Abwertung des argentinischen Pesos und den ersten Sparmaßnahmen Mileis.
Hohe Schulden, große Armut
Der im November gewählte Milei hatte dem hochverschuldeten Land bei seinem Amtsantritt am 10. Dezember eine "Schocktherapie" in Aussicht gestellt und ein hartes erstes Jahr angekündigt, ehe die Maßnahmen erste Wirkungen zeigen würden.
Der 53-jährige Politikneuling hat die Amtsgeschäfte inmitten einer schweren Wirtschaftskrise übernommen: Die Inflation ist auf mehr als 160 Prozent angestiegen, etwa 40 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze.
Argentinien leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht. Die Landeswährung Peso verliert gegenüber dem US-Dollar immer weiter an Wert, der Schuldenberg wächst ständig. Hinzu kommen ein gewaltiges Haushaltsdefizit, ein Handelsdefizit von 43 Milliarden US-Dollar und Schulden in Höhe von 45 Milliarden US-Dollar beim Internationalen Währungsfonds.