Protestbewegung in Brasilien Mehr Schutz indigener Lebensräume gefordert
Tausende Ureinwohner Brasiliens haben bei einem Protestmarsch für mehr Schutz ihrer Lebensräume und Traditionen demonstriert. Besonders der Amazonas soll geschützt werden. Doch die Abholzung geht rapide weiter.
Tausende Angehörige indigener Völker Brasiliens haben auf den Straßen der Hauptstadt Brasilia demonstriert. Bei einem Marsch zum Nationalkongress forderten sie eine Wende der aktuellen Politik, die ihre traditionellen Lebensweisen und Lebensräume bedrohe.
Der Protestzug, an dem einheimische Führer aus mehr als 300 Ethnien aus ganz Brasilien teilnahmen, ist Teil der fünftägigen jährlichen Veranstaltung "Free Land Encampment", die vom 24. bis zum 28. April stattfindet. Es ist das größte Treffen indigener Völker aus ganz Brasilien, zehntausende Teilnehmende werden erwartet.
Die Ureinwohner fordern die Abgrenzung indigener Territorien, insbesondere aber den Schutz der Lebensräume innerhalb des Amazonas. Vor allem große Bergbauunternehmen und illegale Abholzungen würden immer wieder ursprüngliche Habitate bei der Rohstoffförderung zerstören, so der Vorwurf.
Bunter Protest: Die indigenen Demonstrierenden erschienen in traditionellen Gewändern.
Begegnung auf Augenhöhe
Im Kongress wurde eine Führungsgruppe von der im letzten Jahr gewählten indigenen Abgeordneten Celia Xakriaba empfangen. "Ich erkläre die Eröffnung des Free Land Encampment in diesem Haus, wo Indigene nicht mehr mit Pfefferspray empfangen werden, sondern mit geöffneter Tür“, sagte Xakriaba.
In diesem Jahr liegen besonders große Hoffnungen auf dem Austausch zwischen Ureinwohnern und Regierung. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Landes, dass indigene Gruppen ein eigenes Ministerium haben. Im Dezember 2022 gab der gewählte Präsident Luiz Inacio Lula da Silva die geplante Ernennung der Stammesführerin der Guajajaras, Sonia Guajajara, zur ersten Ministerin des neu geschaffenen Ministeriums für indigene Völker bekannt. Am 11. Januar 2023 erfolgte ihre Vereidigung.
Alles besser unter Lula?
Nach vier Jahren unter der Führung des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro galt Lula als hoffnungsvoller Gegenpol zur bisherigen repressiven Umweltpolitik Brasiliens. Tatsächlich hat die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes in den ersten drei Monaten des Jahres 2023 aber rapide zugenommen. Von Januar bis März wurde eine Fläche von 867 Quadratkilometern vernichtet, wie das Institut für Mensch und Umwelt im Amazonas (Imazon) nach Auswertung von Satellitenbildern mitteilte. Es handelt sich dabei um den zweithöchsten Abholzungswert seit 2008.
Lula hatte bei seinem Amtsantritt im Januar versprochen, die illegale Abholzung des Amazonas-Regenwaldes komplett zu beenden. Schon unter Bolsonaro war die Zerstörung des Regenwaldes um mehr als 70 Prozent gestiegen. In seiner Amtszeit schwächte Bolsonaro systematisch Gesetze und Kontrollen zum Schutz des Regenwaldes und entzog den Behörden Finanzierung und Personal. Besonders betroffen ist Imazon zufolge der Bundesstaat Amazonas, wo sich die illegale Abholzung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verneunfachte.