Bolsonaros Abwahl Vizepräsident räumt Niederlage ein
Während Brasiliens abgewählter Staatschef Bolsonaro keine klaren Worte zum Wahlergebnis findet, hat sein Stellvertreter - Vizepräsident Mourao - den Sieg von Konkurrent Lula anerkannt. Radikale Anhänger Bolsonaros protestieren.
Drei Tage nach der Wahl in Brasilien hat Vizepräsident Hamilton Mourao die Niederlage von Staatschef Jair Bolsonaro eingeräumt. "Es hat keinen Sinn mehr zu jammern, wir haben das Spiel verloren. Es gibt nichts zu beanstanden", sagte der ehemalige General in einem Interview der Zeitung "O Globo". Er sei nicht der Ansicht, dass es bei der Wahl zu Betrug gekommen sei.
Zuvor hatten bereits wichtige Verbündete Bolsonaros, darunter der mächtige Parlamentspräsident Arthur Lira, dessen Niederlage anerkannt. Brasiliens rechter Staatschef war bei der Stichwahl um das Präsidentenamt am Sonntag seinem linken Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva knapp unterlegen. Ex-Präsident Lula erhielt 50,9 Prozent der Stimmen, Bolsonaro kam auf 49,1 Prozent.
Bolsonaro-Anhänger blockieren Fernstraßen
In seiner ersten öffentlichen Stellungnahme seit der Wahl hatte Bolsonaro gestern weder seine Niederlage eingeräumt, noch gratulierte er Lula zum Sieg. Stattdessen streute er erneut Zweifel am Wahlsystem und äußerte Verständnis für seine Anhänger, die aus Protest gegen Lulas Wahlsieg im ganzen Land zahlreiche Fernstraßen blockieren.
Die Autobahnpolizei registrierte am Mittwoch 167 Straßensperren in verschiedenen Regionen Brasiliens, wie der Fernsehsender Globo berichtete. Nach eigenen Angaben löste die Polizei bereits 563 Blockaden auf. "Die aktuellen Demonstrationen sind das Ergebnis von Empörung und einem Gefühl der Ungerechtigkeit über die Art und Weise, wie der Wahlprozess durchgeführt wurde", sagte Bolsonaro. Er hatte zuvor selbst Zweifel am Funktionieren des Wahlsystems gestreut, legte aber keine Beweise vor.
Die Fernstraßen sind für die Versorgung des Landes essenziell, denn der Großteil der Güter wird in Brasilien per Lkw transportiert. Der Nationale Industrieverband (CNI) warnte vor Versorgungsengpässen und Treibstoffmangel, sollten die Blockaden noch länger andauern. Nach Angaben des Verbands der Supermärkte gibt es in einigen Bundesstaaten bereits Lieferprobleme, vor allem bei Obst, Gemüse und Fleisch.
Bolsonaros Teilnahme an Amtsübergabe "fast sicher"
Auch wenn Bolsonaro seine Niederlage nicht ausdrücklich einräumt, will er dem Regierungswechsel offenbar nicht im Wege stehen. "Präsident Jair Bolsonaro hat uns auf der Grundlage des Gesetzes ermächtigt, den Prozess des Regierungswechsels einzuleiten", sagte Kabinettschef Ciro Nogueira. Die Machtübergabe ist allerdings ohnehin gesetzlich geregelt, einer Zustimmung der scheidenden Regierung bedarf es nicht.
Er sei sich "fast sicher", dass Bolsonaro an der Amtseinführung von Lula teilnehmen und die Präsidentenschärpe an seinen Nachfolger übergeben werde, sagte Vizepräsident Mourao. Die Justiz des größten Landes Lateinamerikas wertete dies als ein Eingeständnis der Niederlage.
"Die Richter bekräftigen die offizielle Mitteilung, in der die Bedeutung der Anerkennung des endgültigen Wahlergebnisses durch den Präsidenten der Republik mit der Entschlossenheit, den Übergangsprozess einzuleiten, hervorgehoben wurde", hieß es in einer Mitteilung des Obersten Gerichtshofs nach einem Treffen mit Bolsonaro. "Er sagte, es sei vorbei. Schauen wir also nach vorne", sagte Richter Luiz Edson Fachin dem Sender Globo.
"Das Ergebnis wurde verkündet und akzeptiert"
Der Präsident des Obersten Wahlgerichts, Alexandre de Moraes, hatte sowohl Lula als auch Bolsonaro bereits in der Wahlnacht telefonisch über das Ergebnis informiert. "Das Ergebnis wurde verkündet und akzeptiert", sagte Moraes. Die Beobachtermission der Interamerikanischen Union der Wahlbehörden nannte die Wahlen frei, fair und transparent und fand keine Hinweise auf Manipulation.
Auf der Arbeitsebene wurden bereits Kanäle für die Vorbereitung des Machtwechsels gelegt. Medienberichten zufolge sprach Kabinettschef Nogueira bereits mit Lulas Kommunikationschef Edinho Silva. Zudem telefonierte Lulas künftiger Vizepräsident Geraldo Alckmin mit Bolsonaros Stellvertreter Mourao.
Der Amtsantritt Lulas ist für den 1. Januar 2023 geplant.