US-Nachrichtenmedien Ein Sender sucht seine Mitte
CNN wird in den USA von vielen als ähnlich meinungsstark empfunden wie Fox News. Der Fernsehsender machte zuletzt durch Personalentscheidungen auf sich aufmerksam. Jetzt will er zurück in die Mitte.
Beim Nachrichtensender CNN herrscht zurzeit offenbar ziemlich dicke Luft. Ein Umbau ist im Gang, den nicht alle gut finden. Zwei bekannte Journalisten sind gegangen oder wurden gegangen, man weiß es nicht. Eine renommierte Fernsehsendung wurde abgesetzt. Im Netz gibt es Boykottaufrufe gegen CNN.
Dessen neuer Chef, Chris Licht, hat angekündigt, der Sender werde sich wieder mehr auf sein Kerngeschäft konzentrieren - und auf eine neutrale Berichterstattung.
Nachrichten statt Meinung
Frank Sesno war selbst 21 Jahre lang bei CNN und begrüßt die Neuausrichtung. Er ist Professor für Medien und öffentliche Angelegenheiten an der George Washington University in der US-Hauptstadt.
Er sagt, CNN sollte ein Nachrichtenkanal sein, kein Meinungskanal. "Das würde CNN gut tun, das würde dem Journalismus gut tun - und das würde der amerikanischen Demokratie gut tun", erklärt der Medienprofessor.
Nach seiner Einschätzung ist CNN oft übers Ziel hinausgeschossen, vor allem in der Berichterstattung über Donald Trump - ob als Präsident oder jetzt als Ex-Präsident.
Es gab Momente, in denen CNN Partei ergriffen hat. Wo sie eher angeklagt als neutral berichtet haben.
Sesno beobachtet schon lange, dass sich viele amerikanische Nachrichtensender zu einer Berichterstattung hinbewegt haben, die auf Emotionalität und Empörung setzt. Das sei weit verbreitet im US-Fernsehen, so Sesno.
Lieblingsfeind von Donald Trump
Ex-Präsident Donald Trump hat CNN schon lange sozusagen zu seinem Lieblingsfeind unter den Medien erklärt. "CNN ist total verlogen - CNN und die anderen Fake-News", wettert Trump regelmäßig auf seinen Wahlkampfveranstaltungen. Tatsächlich gehört CNN zu den US-Medien, die bisher am kritischsten über Trump berichten.
Moderatoren gehen - oder werden gegangen
Der prominente CNN-Korrespondent im Weißen Haus, John Harwood, sagte Anfang September in seiner letzten Live-Einblendung für CNN, die republikanische Partei werde „von einem unehrlichen Demagogen geführt“.
Mit solchen Äußerungen spricht CNN vielen aus dem Herzen. Anderen - auch aus der CNN-Chefetage - gehen sie zu weit. Ob John Harwood gehen musste oder freiwillig gegangen ist, ist nicht bekannt.
Nachdem CNN seine Sendung "Reliable Sources" abgesetzt hatte, verließ Moderator Brian Stelter den Sender
Das gleiche gilt für den bekannten Moderator Brian Stelter. Stelter moderierte das CNN-Medienmagazin "Reliable Sources", "verlässliche Quellen", und kritisierte darin Trump immer wieder harsch, ebenso wie Fox News, für viele der Haus-und-Hof-Sender Trumps.
Als die CNN-Führung das Medienmagazin im vergangenen Monat nach drei Jahrzehnten einstellte, verließ Stelter den Sender. Informieren, nicht alarmieren, ist das Motto von CNN-Chef Licht. Zurück in die Mitte.
Lügen sollen auch als solche benannt werden
Aber was heißt das? Medienprofessor Sesno erklärt: "Zurück zur Mitte heißt nicht - und das wird oft missverstanden - dass man immer beide Seiten zu jeweils 50 Prozent abdecken muss." Wenn jemand lüge, so Sesno, müsse man das auch als Lüge benennen und Unwahrheiten aufdecken. Genau das sei die Aufgabe des Journalismus. "Aber in einem vernünftigem Ton, ohne sich auf die eine oder andere Seite zu schlagen", sagt Sesno.
Mit seinem neuen Kurs will CNN-Chef Licht auch verlorenes Vertrauen in die Medien zurückgewinnen. Und nebenbei ganz sicher auch wieder mehr Zuschauerinnen und Zuschauer. Denn CNN, der weltweit erste 24-Stunden-TV-Nachrichtenkanal, liegt in den USA nur noch auf Platz drei, hinter Fox News und MSNBC.