USA DeSantis gegen Disney
Einer der konservativsten Politiker der USA legt sich mit einem der konservativsten Konzerne des Landes an. Florida-Gouverneur DeSantis liegt mit Disney über Kreuz. Es geht um Geschlechtsidentität - aber auch um seine Ambitionen. Von S. Hesse.
Einer der konservativsten Politiker der USA legt sich mit einem der konservativsten Konzerne des Landes an. Florida-Gouverneur DeSantis liegt mit Disney über Kreuz. Es geht um Geschlechtsidentität - aber auch um seine Ambitionen.
Ron DeSantis ist in seinem Element: "Wir wollen sicherstellen, dass für Disney dieselben Gesetze gelten wie für jeden anderen auch", verkündet er und gibt den selbstlosen Vorkämpfer, der sich für die gerechte Sache sogar mit einem der größten privatwirtschaftlichen Arbeitgeber seines Staates anlegt.
Und er empört sich, Disney dürfe sich in Florida "nicht selbst regieren", womit er auf den Sonderstatus anspielt, der dem kalifornischen Unternehmen vor über einem halben Jahrhundert eingeräumt wurde. Das sind niedrige Steuern und wenig Aufsicht durch den Staat.
Knast neben Freizeitpark?
Um Disney zu drängen, auf diese Privilegien zu verzichten, eskalierte DeSantis jetzt seine Drohgebärden. Auf den Freiflächen direkt neben dem Freizeitpark Walt Disney World könnte man sehr wohl Konkurrenz ansiedeln, spekuliert der Gouverneur, einen weiteren Freizeitpark oder vielleicht sogar ein Gefängnis für Schwerverbrecher.
Es ist bemerkenswert, dass ein konservativer, wirtschaftsfreundlicher Regierungschef derart auf Konfrontationskurs zu einem Unternehmen geht, das immerhin rund 70.000 Menschen in seinem Staat beschäftigt. Doch das hat nicht nur wirtschaftliche Gründe.
Der Disput mit Disney hatte sich ursprünglich daran entzündet, dass die Konzernspitze sich öffentlich gegen DeSantis' sogenanntes "Don't say Gay"-Gesetz positionierte: Im Frühjahr 2022 hatte DeSantis seinen Eingriff in die Lehrpläne an Floridas Schulen unterzeichnet, die angeblich übertrieben Sexualität und Geschlechterrollen behandeln würden.
Abgrenzung vom "linken" Kalifornien
Wie die Fehde begonnen hatte, daran erinnerte jetzt erst wieder die republikanische Landtagsabgeordnete Carolina Amesty. Sie habe eine Botschaft für die "woke Konzernspitze bei Disney: Florida ist nicht Kalifornien!"
So sieht es auch DeSantis: Er rühmt sich, den Sonnenschein-Staat zu einem Refugium traditioneller US-amerikanischer Werte umgestaltet zu haben, in scharfem Kontrast zum immer "unamerikanischeren", sprich linksliberaleren Rest des Landes, zu "woke America".
Alte Gewissheiten schwinden
Und so erlebt Florida dieser Tage eine Art verkehrter Welt. Hier die Unterhaltungsindustrie, die im Falle Disney sehr gut von der nostalgischen Verklärung eines traditionellen 1950er-Jahre-Amerikas lebt und sich dennoch gesellschaftspolitisch links der unter Trump nach rechts gerückten Republikaner positioniert.
Und da ein ehrgeiziger Traditionalist, der ein privatwirtschaftliches Unternehmen in einem weltanschaulichen Streit ans Gängelband nehmen will.
Dazu mischt DeSantis auch andere Themen in die Auseinandersetzung: Disney habe seinen jungen Besuchern viel zu lange das Maskentragen aufgenötigt, schimpft DeSantis, der den Corona-Schutz in Florida, zum Entzücken seiner Fans, äußerst lax gehandhabt hatte.
Die Schlagzeilen sind ihm sicher
Und so hat er es wieder einmal geschafft: mit einer Provokation in die landesweiten Schlagzeilen zu kommen. Davon kann er derzeit nicht genug bekommen. Denn an DeSantis' Ambitionen auf das Präsidentenamt zweifelt niemand mehr in den USA.
Einer seiner schwersten Nachteile gegenüber dem Konkurrenten Donald Trump ist aber sein mangelnder Bekanntheitsgrad. Den auszugleichen, daran arbeitet der konservative Provokateur aus Florida gerade mit Nachdruck.