G20-Außenministertreffen Baerbock fordert gemeinsamen Kampf für gerechtere Welt
Kurz vor dem zweiten Jahrestag des Überfalls Russlands auf die Ukraine tagen die G20-Außenminister. Außenministerin Baerbock kam mit eine klaren Botschaft an ihren russischen Amtskollegen Lawrow.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat die G20-Runde der führenden Wirtschaftsmächte eindringlich aufgerufen, ihr Gewicht für eine Lösung der Krisen in der Ukraine und in Gaza einzusetzen. Es passe "mehr als gut, dass Brasilien jetzt den G20-Vorsitz hat, da den Klimaschutz und die Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt und dann nächstes Jahr die Klimakonferenz hier in Brasilien stattfindet", sagte die Grünen-Politikerin am Rande der Beratungen der G20-Außenminister im brasilianischen Rio de Janeiro.
"Zur Wahrheit gehört zugleich: Wir werden diese Welt nicht gerechter machen, wenn wir die akuten Krisen nicht in den Griff bekommen." Das gelte für den brutalen russischen Angriffskrieg in der Ukraine, aber auch für die Situation im Nahen Osten, sagte die Bundesaußenministerin. "Die Auswirkungen dieser beiden Kriege treffen vor allen Dingen weltweit wieder die Ärmsten am härtesten." Deswegen sei es so wichtig, dass die G20 neben der Fragen von Gerechtigkeit, Klimaschutz und Bekämpfung der Armut nach Wegen für Frieden in der Ukraine und im Nahen Osten suchten.
"Russland Agression mehr als ein regionaler Konflikt"
Nach dem Beginn des Treffens sprach Baerbock ihren russischen Amtskollegen Sergej Lawrow auch noch einmal direkt an. "Wenn Ihnen Menschenleben am Herzen liegen, wenn Ihnen Ihr eigenes Volk am Herzen liegt, russische Kinder und Jugendliche, müssen Sie diesen Krieg jetzt beenden", sagte Baerbock an Lawrow gewandt, der drei Plätze links von ihr saß. "Wenn Russland diesen Krieg jetzt beenden würde, wäre morgen der Weg zum Frieden und zur Gerechtigkeit weit offen", fügte sie hinzu.
An die anderen Mitglieder der Runde gerichtet appellierte Baerbock: "Wenn wir eine 'gerechte Welt' aufbauen wollen, müssen wir Kriege und Krisen gemeinsam angehen. Entschlossen, respektvoll und mit der Bereitschaft zur Selbstreflexion."
Sie respektiere die unterschiedlichen Perspektiven zum Krieg in der Ukraine. Ein Land, das 10.000 Kilometer von Kiew entfernt sei, empfinde eine andere Bedrohung der Sicherheit als ein Land in Europa. Aber "Russlands Aggression ist mehr als ein regionaler Konflikt", mahnte Baerbock. Der russische Angriffskrieg "fordert uns alle auf, die Grundprinzipien, die uns alle schützen, entschlossen zu verteidigen: die Charta der Vereinten Nationen, das Völkerrecht und die Menschenrechte. Diese Prinzipien schützen alle Nationen, egal wie groß oder klein."
Scharfe Kritik, kein Treffen
Am Rande der G20-Konferenz kam Lawrow in Rio mit seinem brasilianischen Kollegen Mauro Vieira zu Gesprächen zusammen. Ein bilaterales Treffen Baerbocks mit Lawrow war wie auch bei dem G20-Außenministertreffen 2023 in Indien nicht vorgesehen. Zudem sollte es etwa auch kein gemeinsames Familienfoto geben, wie es vor dem Krieg in der Ukraine üblich war.
"Die Kriege im Jahr 2024"
Der brasilianische Außenminister Mauro Vieira sagte, sein Land sei zutiefst besorgt über die internationale Sicherheitslage. UN-Sicherheitsrat und die Vollversammlung der Vereinten Nationen seien derzeit nicht in der Lage, die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen. "Angesichts der aktuellen Situation ist die G20-Gruppe heute das vielleicht wichtigste internationale Forum, in dem sich Länder mit gegensätzlichen Ansichten noch immer an einen Tisch setzen und produktive Gespräche führen können."
Zugleich habe man "dringende Probleme zu lösen, wenn es um Entwicklung und den Kampf gegen Hunger, Armut und Ungleichheit geht. Dies sind die Kriege, die wir im Jahr 2024 führen müssen."
Baerbock weist Holocaust-Vergleich zurück
Äußerungen des brasilianischen Präsidenten Lula, der Einsatz des israelischen Militärs im Gazastreifen sei mit dem Holocaust zu vergleichen, wies Baerbock zurück. "Der Holocaust ist mit nichts zu vergleichen", sagte sie auf eine Journalistenfrage zu den Worten Lulas.
Lula hatte den israelischen Militäreinsatz beim Gipfeltreffen der Afrikanischen Union in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba mit dem Holocaust verglichen. Daraufhin erklärte der israelische Außenminister Israel Katz Lula zur unerwünschten Person und zitierte den brasilianischen Botschafter in die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Die Regierung in Brasilien bestellte ihrerseits den israelischen Botschafter ein und rief ihren Vertreter in Israel zu Konsultationen zurück.