US-Bundesstaat Schluss mit California Dreamin'?
In den vergangenen Jahren haben viele Menschen Kalifornien den Rücken gekehrt - die meisten klagen über hohe Lebenshaltungskosten und viele Obdachlose. Warum bekommt der reichste US-Bundesstaat die Probleme nicht in den Griff?
Summer Shleffar grüßt mit "Hola" - sie ist im April nach Barcelona gezogen. Shleffar ist in Los Angeles geboren und aufgewachsen. Die vergangenen 13 Jahre hat sie in San Francisco gelebt. Jetzt hat sie die USA verlassen:
"Ich sage nicht, dass Europa perfekt ist. Aber ich fühle mich einfach sicherer hier!"
Shleffar ist eine von vielen. In den vergangenen vier Jahren hat sich die Bevölkerung von Kalifornien um rund eine halbe Million Menschen verkleinert. Aktuell leben hier laut der US-Statistikbehörde knapp 39 Millionen Menschen.
Das hat auch mit der Pandemie zu tun: Weniger Menschen sind nach Kalifornien zugezogen, auch die Geburtenrate ist zurückgegangen. Die meisten aber, wie Shleffar, haben Kalifornien verlassen. "Kalifornien ist meine Heimat. Aber ich glaube leider, dass das ein gescheiterter Staat ist", sagt sie.
Milliarden-Konzerne und Obdachlose
Das unabhängige Public Policy Institute of California hat ermittelt, was den Bewohnern Kaliforniens aktuell in ihrem Bundesstaat nicht passt. Die drei am häufigsten genannten Probleme sind: Hohe Lebenshaltungskosten, zu wenig bezahlbarer Wohnraum und Obdachlosigkeit. Diese Probleme gibt es zum Teil seit Jahrzehnten. Warum kriegt Kalifornien sie nicht in den Griff, obwohl der Staat wirtschaftlich der stärkste US-Bundesstaat ist?
"Auf der einen Seite der Straße sind Milliardenunternehmen wie Netflix oder Google und direkt gegenüber leben Menschen in Zelten und nehmen Drogen", berichtet Shleffar über die großen Gegensätze in Kalifornien. Besonders in Großstädten wie Los Angeles oder San Francisco leben und leiden viele Menschen auf den Straßen.
Obwohl allein San Francisco im aktuellen Haushaltsjahr mehr als 800 Millionen Dollar investiert, um Obdachlosigkeit zu bekämpfen. Mit dem Geld werden zwar jedes Jahr Tausende Menschen untergebracht. Das reicht aber nicht aus. Weil die Preise weiter steigen, verlieren viele ihre Wohnungen oder Häuser auch wieder. Das ist besonders in Kalifornien ein Problem, denn: Bezahlbarer Wohnraum ist hier besonders knapp.
Bezahlbarer Wohnraum ist knapp
Der durchschnittliche Preis für ein Haus in Kalifornien liegt bei rund 900.000 US-Dollar - ungefähr doppelt so hoch wie der Durchschnittspreis in den USA. Ein Preistreiber der letzten Jahre waren steigende Zinsen. Ein Beispiel: Wer vor zwei Jahren einen Kredit für ein Haus aufnehmen wollte, brauchte dafür im Durchschnitt ein Haushaltseinkommen von 85.000 US-Dollar. Aktuell sind es mehr als 230.000 US-Dollar.
In Kalifornien sind auch komplizierte Auflagen für Neubauten ein Problem. Neue Häuser zu planen und zu bauen dauert länger und ist teurer als in den meisten anderen US-Bundestaaten. Eine weitere Herausforderung: Wenn Städte neue, bezahlbare Mehrfamilienhäuser bauen wollten, führe das häufig zu Protest der dort bereits situierten Einwohner, die sagten: "Wir wollen hier keine Menschen, die so wenig verdienen", sagt Steve Berg von der National Alliance to End Homelessness, einer Organisation, die sich gegen Obdachlosigkeit einsetzt.
Zwei Zelte in einer Obdachlosen-Zeltsiedlung in der kalifornischen Stadt Oakland. Gelingt es, eine Wohnung zu finden, können Menschen mit geringem oder ohne Einkommen sie oft nicht lange halten.
Hohe Lebensmittelpreise
Auch Mietpreise sind in den letzten Jahren gestiegen. Bevor Summer Shleffar nach Spanien ausgewandert ist, hat sie allein in einem Einzimmer-Apartment in der Innenstadt von San Francisco gelebt. Der Mietpreis pro Monat: rund 3.000 US-Dollar.
Ein weiterer Grund, warum Menschen Kalifornien verlassen haben: die hohen Lebenshaltungskosten. "Im Supermarkt Trauben für 17 US-Dollar zu kaufen - das kann ich nicht akzeptieren", sagt sie.
Die Preise für Benzin und Lebensmittel liegen in Kalifornien deutlich über dem US-Durchschnitt. Das hat auch mit Steuern zu tun, die höher sind als in den meisten anderen Staaten.
Kein Unterschied zwischen den Parteien?
In einem Interview mit der L.A. Times hat der Demograf Hans Johnson vom Public Policy Institute gesagt: "Kalifornien ist nicht mehr das bevorzugte Ziel, das es einmal war."
Auch nicht für Shleffar, die betont, dass ihre Entscheidung keine parteipolitische gewesen sei: "Wenn Leute sagen, dass das an der demokratischen Politik liegt, sage ich denen: Ich habe in Kalifornien Bürgermeister und Gouverneure von Demokraten und Republikanern erlebt. Städte wie San Francisco hat das nicht verändert!"
Sie hat nicht vor, wieder zurückzukommen, plant ihre Zukunft in Europa und möchte so schnell es geht einen spanischen Pass.