Wasserknappheit in Mexiko-Stadt Die "Toilette der Zukunft" gegen den Wassermangel
Für Millionen Bewohner von Mexiko-Stadt wird der Toilettengang immer häufiger zum Problem. Denn die Metropole leidet unter chronischem Wassermangel. Ein Unternehmen will mit der "Toilette der Zukunft" gegensteuern.
Das Geräusch einer Toilettenspülung ist in Doras Haus nicht mehr zu hören. "El baño del futuro" - "Toilette der Zukunft" steht auf einem gerahmten Stück Stoff in blauer Schreibschrift gestickt neben der Klotür. Seit fünf Jahren hat die sechsköpfige Familie ein Trockenklo.
"Meine Familie fragte mich: 'Warum sind wir die einzigen Verrückten, die so etwas haben?'", erinnert sich Dora. "Ich sagte: 'Ich weiß, dass es vielleicht am Anfang komisch ist, aber irgendwann werdet ihr mir recht geben.'"
Schon wenige Monate später gab es in ihrem Block fünf Wochen kein Wasser und sie war mit ihrer Familie klar im Vorteil. Trockentoiletten benötigen kein Spülwasser, keine Chemie und bei entsprechender Behandlung entsteht auch noch guter Dünger.
"So haben wir die Möglichkeit, etwas anderes auszuprobieren und dabei Trinkwasser zu sparen", erklärt Dora. "Und das Abwasser gelangt nicht in den Fluss Tula, wo das gesamte Schmutzwasser aus den Abflüssen von 20 Millionen Menschen und den Unternehmen der Region landet."
Trockentoiletten auch für Schulen wichtig
Die Trockenklos können in jeder Wohnung und in jedem Haus schnell installiert werden. Rein äußerlich unterscheiden sie sich kaum von einer normalen Toilette. Nur das innere Gehäuse ist ein Eimer. Nach jedem Toilettengang schüttet man statt Wasser Sägespäne hinterher. Jeinny Solis hat die Trockenklos entworfen und versucht, sie mit ihrem Unternehmen WCEco an die Städter zu bringen.
"Wir haben mittlerweile 1.000 Trockenklos installiert, 90 Prozent davon in urbanen Zentren - in Guadalajara, Monterrey, Mexiko-Stadt, Oaxaca", zählt sie auf. "In Hotels, Restaurants, in Fortbildungszentren - und in Schulen". Dies sei ein ganz wichtiger Punkt. "Denn wenn es kein Wasser in den Schulen gibt, das heißt die Toiletten nicht funktionieren, müssen die Schulen schließen. Das ist dann natürlich auch ein Problem für die Eltern." Mit den Trockentoiletten müsse der Unterricht nun nicht mehr ausfallen.
Experten warnen vor Verschärfung des Wassermangels
Mexiko-Stadt leidet unter chronischer Wasserknappheit. Immer wieder sitzen einzelne Stadtteile im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Trockenen. "Der Grundwasserspeicher hier in der Region wird bereits seit mehr als 60 Jahren überbeansprucht", sagt Solis. "Mittlerweile ist es aber so, dass der Speicher kaum noch aufgefüllt wird."
Anfang des Jahres haben die Wasserbetriebe von Mexiko-Stadt, Conagua, angegeben, dass es momentan in der Trockenzeit nur noch knapp 40 Prozent Reserven gebe. Zuletzt blieb das Wasser im Februar in Doras Nachbarschaft für drei Wochen aus.
In ein paar Monaten soll das Wasser noch knapper werden, warnen Experten. Das vergangene Jahr war laut Behörden bereits das trockenste in der Geschichte Mexikos. Dennoch: Der Koordinator des Wassernetzwerks der mexikanischen Universität UNAM, Fernando González Villareal, ist zuversichtlich, dass man mit gutem haushalten nicht auf den Tag Null zusteuere: "Allerdings müssen wir sehr bewusst damit umgehen, das gilt für alle Mexikaner. Wir müssen das Wasser wie einen Schatz hüten. Und wir müssen Geld in die Hand nehmen um Lecks in den Leitungen zu reparieren."
Kloinhalt als Dünger für die Aufforstung
Und bei dem bewussteren Umgang mit dem Wasser helfen die Trockenklos, damit könne jeder einzelne seinen Beitrag leisten, sagt Solis. Wenn vier Eimer voll sind, holen sie und ihre Kollegen die Behälter ab und bringen neue leere und dazu eine Ladung Holzspäne. Das gehöre zum Service dazu.
"Wir sind heute das einzige Unternehmen in Lateinamerika, das das komplette Dienstleistungspaket anbietet: Der Entwurf und die Herstellung der Trockentoilette, den Verkauf oder die Vermietung für Großveranstaltungen, die Abholung der vollen Eimer, die Kompostierung des gesammelten Materials", ist Solis stolz.
Die daraus entstandene nährstoffreiche Erde, der Dünger, kann dann für die Wiederaufforstung von Gebieten genutzt werden - oder auch für den eigenen Garten. Solis' Unternehmen forstet auf acht Hektar Bäume nach und nach wieder auf, denn auch sie sorgen dafür, dass der Wasserkreislauf in Gang gehalten wird.
"Scheiße wird es immer geben"
Doras Familie verbraucht schätzungsweise nur noch ein Viertel der Wassermenge, die sie in der Vergangenheit verbraucht hat. Zusätzlich zu dem Trockenklo haben sie ein Regenauffangsystem installiert, das Wasser mit Hilfe eines Filters säubert.
Die Trockenklos seien nur der Anfang, meint Jeinny Solis. Jeder solle sich die Frage stellen, wie er etwas verändern könne. "Ich sage immer - Scheiße wird es immer geben. Wir müssen uns also klar werden, dass unser Verhalten im Alltag einen Einfluss hat und dieser Einfluss sehr groß ist und einen Unterschied macht."