Folgen der Klimakrise Eine Insel zieht um
In Sharm El-Sheikh wird um Hilfen für die von der Klimakrise betroffenen Staaten gerungen. In Panama zwingt die Realität die Menschen zum Handeln: Die Bewohner einer regelmäßig überschwemmten Insel werden umgesiedelt.
Wenn sie aus ihrem Haus heraustritt, blickt Erika auf das türkisfarbene Meer, die Wellen glitzern im Sonnenlicht. Sie bewohnt eine einfache Hütte, die auf nacktem Lehmboden gebaut wurde, das Dach besteht aus Palmblättern und Zuckerrohr - auf der kleinen Insel Gardi Sugdub.
Die 30-Jährige gehört der indigenen Gemeinde der Guna an. Vor rund vier Tagen, als dunkle Wolken und ein Sturm über die Insel hinwegfegten, wurde ihre Hütte überschwemmt. "Das war ganz schön heftig. Aber Gott sei Dank schlafen wir in Hängematten", sagt Erika.
"Wir stehen regelmäßig im Wasser"
Immer wieder bahnen sich bei Unwettern, bei Ausläufern von Wirbelstürmen, die riesigen Wellen ihren Weg. Davon ist auch Javila Apreciado betroffen, obwohl die 44-Jährige im Zentrum der Insel lebt. "Die Flut kommt sogar bis hierher. Dann stehen wir im Wasser", sagt sie.
Die Häuser laufen regelmäßig voll Wasser, sagt Javila Apreciado.
Nach etwa einem Tag ziehe sich das Wasser meist zurück. "Immer wieder werden unsere Häuser beschädigt, dann müssen wir sie reparieren. Der Meeresspiegel steigt, weil die Gletscher schmelzen wegen des Klimawandels. Es kommt regelmäßig zu Überschwemmungen, die Häuser laufen voll Wasser. Das ist normal geworden."
Zehn Mal im Jahr steht das Wasser mittlerweile bei Javila im Haus. Das Wohnzimmer, die Feuerstellen, das Brennholz, die schmalen Inselwege versinken.
Zahlreiche Inseln werden untergehen
Nur 40 Zentimeter ragt die Insel aus dem Golf von Guna Yala heraus. Und die regelmäßigen Überschwemmungen sind nur der Vorgeschmack dessen, was die Inselbewohner erwartet. Wissenschaftler prognostizieren den Untergang bis 2050. Das Meer könnte in den nächsten Jahrzehnten die ersten der rund 350 kleinen Inseln vor der Küste von Panama komplett überspülen, rund 50 davon sind bewohnt.
Deswegen sollen die Bewohner der Insel Gardi Sugdub umziehen. Das ist beschlossene Sache. Jahre hat es gedauert, nun entsteht bereits eine Siedlung auf dem Festland. Darauf ist José Batista besonders stolz. Er ist der stellvertretende Minister für Bau und Territoriale Angelegenheiten. Der Umzug stehe im nächsten Jahr bevor, betont Batista zuversichtlich.
Es sei das erste Projekt seiner Art in Lateinamerika - der Umzug einer kompletten Insel. "Wenn uns dieser erste Schritt gelingt, können wir über weitere derartige Projekte nachdenken. Aber die größte Herausforderung ist sicherlich der wirtschaftliche Aspekt. Allein dieser erste Umzug, diese 300 Häuser, kosten uns 12 Millionen Dollar", sagt er.
Es müsse auch über Alternativen nachgedacht werden, denn es werde nicht möglich sein, Familien von den rund 50 bewohnten Inseln umzusiedeln.
Die Finanzierung stockt
Die Baustelle der neuen Siedlung auf dem Festland steht derweil still, heißt es in diesen Tagen aus Gardi Sugdub. Ein Baustopp wurde veranlasst. Es fehle die weitere Finanzierung. Ob es daher tatsächlich zum Umzug im nächsten Jahr kommt, ist derzeit nicht abzusehen.
"Sicher ist nur, dass der Klimawandel voranschreitet, der Meeresspiegel stetig steigt, wenn nicht von allen Ländern ambitionierteren Maßnahmen als bisher ergriffen werden", kritisiert Adrián. Er lebt auf einer kleinen Nachbarinsel, die ebenso vom Untergang bedroht ist. "Jedes Jahr können wir sehen, wie ein Teil unserer Insel vom Meer verschlungen wird, als ob das Meer es zurückfordern würde."