New Yorker Organisation NGO gegen Rückgabe aller Benin-Bronzen
Museen weltweit wollen Benin-Bronzen an Nigeria zurückgeben. Doch eine New Yorker Organisation von Nachfahren westafrikanischer Sklaven will eine pauschale Rückgabe der Raubkunst verhindern.
Es war eine Reise, die auch international viel Beachtung fand: In der Woche vor Weihnachten flogen Außenministerin Annalena Baerbock und Kulturstaatsministerin Claudia Roth nach Nigeria. Im Frachtraum der Regierungsmaschine: 20 kostbare sogenannte Benin-Bronzen aus verschiedenen deutschen Museen.
Fast zehn Jahre lang war über die Rückgabe der jahrhundertealten wertvollen Kunstwerke gestritten worden. Jetzt verkündete die Bundesaußenministerin: "Es kehren mit unserem Besuch endlich auch die Benin-Bronzen dorthin zurück, wo sie hingehören, nämlich nach Nigeria."
NGO: Königreich Benin profitierte vom Sklavenhandel
Doch daran hat die New Yorker "Restitution Study Group" Zweifel. Die gemeinnützige Organisation von Nachfahren westafrikanischer Sklaven lehnt die pauschale Rückgabe der Benin-Bronzen ab, die 1897 von britischen Truppen aus dem Königspalast von Benin als Kriegsbeute geraubt worden waren und später in Museen auf der ganzen Welt landeten - mehr als 1000 davon auch in Deutschland.
Schon lange vor dem Kolonialismus habe es den transatlantischen Sklavenhandel gegeben, sagt Deadria Farmer-Paellmann, die Direktorin der Restitution Study Group. Das Königreich Benin sei 300 Jahre lang daran beteiligt gewesen. Europäische Sklavenhändler hätten Benin im Austausch für Menschen mit "Manillen" bezahlt, Armreifen aus Metall. Diese seien dann eingeschmolzen und zu den Benin-Bronzen verarbeitet worden.
Deutschland gibt mit den Benin-Bronzen erstmals einen Kulturschatz aus Kolonialzeiten an Nigeria zurück.
Es geht um die Bronzen aus der Kolonialzeit
Nach ihrer Darstellung wurden vor allem die Benin-Bronzen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert mit dem "Blutmetall" der Sklavenhändler hergestellt. Sie fordert deshalb, dass die Kunstwerke sehr genau untersucht werden, bevor sie an Nigeria zurückgehen.
"Wir glauben, dass Deutschland das richtige tut, die Benin-Bronzen aus der Zeit vor dem Sklavenhandel zurückzugeben, also die aus dem zwölften bis 15. Jahrhundert", erklärt Farmer-Paellmann. "Aber Deutschland und jede andere Nation sollte die Bronzen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert behalten und nicht an die Nachkommen und Erben der Sklavenhändler zurückgegeben."
Das sind aus Farmer-Paellmanns Sicht die nigerianischen Machthaber, vor allem die im Bundesstaat Edo, denen sie heftige Vorwürfe macht: "Nigeria hat bis heute ein großes Problem mit Menschenhandel. Benin Stadt, die ganze Edo-Region ist das Zentrum davon. Sie haben dort nie mit dem Menschenhandel aufgehört."
Wenn diese jetzt die Bronzen zurückbekämen, "dann belohnen wir sie sogar noch dafür. Wir wollen, dass der Menschenhandel aufhört. Ihnen jetzt ausgerechnet die Bronzen aus dem Sklavenhandel zu geben, ist nicht die richtige Botschaft".
Deutschland hat Raubkunst aus verschiedenen deutschen Museen an Nigeria zurückgegeben.
Verbleib verschwundener Bronzen soll geklärt werden
Ein weiterer Vorwurf: Die Bronzen seien bei Menschenopferritualen verwendet worden. Eine Praxis, die erst nach der britischen Strafexpedition 1897 beendet worden sei.
Und noch aus einem weiteren Grund will die Gruppe die Überführung umstrittener Benin-Bronzen nach Nigeria verhindern: "Wir wissen, dass die Relikte verschwinden." Nach der Unabhängigkeit Nigerias seien viele Bronzen zurückgegeben worden - befänden sich aber nicht in den Museen, in denen sie sein sollten. Sie gehe davon aus, dass allein im Nationalmuseum Benin 150 Bronzen fehlten: "Und wir befürchten, dass die neuen, die jetzt zurückgegeben werden, auch verschwinden. Deshalb ist es wichtig, dass alle Nationen vor einer Rückgabe Fragen stellen, wo die Bronzen geblieben sind."
Petition und Klage gegen weitere Rückgaben
Mit einer Klage gegen das Museum of African Art in Washington will die "Restitution Study Group" jetzt verhindern, dass nach bisher 20 Benin-Bronzen weitere aus dem Museum nach Nigeria gebracht werden. In England hat die Gruppe eine Petition gestartet, um Rückgaben aus dem British Museum in London, das im Besitz der meisten Benin-Bronzen weltweit ist, zu unterbinden.
"Wir glauben, dass wir als Nachfahren versklavter Afrikaner besondere Möglichkeiten im Zusammenhang mit den Benin-Bronzen bekommen sollten: Praktika, Anstelllungen, auch unternehmerische Tätigkeiten", so die Forderung. "Die Werke sollten an den Orten bleiben, in denen wir heute als Folge der Sklaverei leben."
Es gebe wenig Forschung über den Zusammenhang zwischen Sklavenhandel und den Bronzen: "Es ist ein Teil der Geschichte, der völlig ignoriert wird. Wir wollen jetzt, dass er auf der ganzen Welt erforscht wird."