Entscheidungen zu Amtsantritt Die Auswirkungen von Trumps Dekreten - drei Beispiele
Es war eine Rekordzahl von Dekreten, die Trump zum Amtsantritt unterzeichnet hat. Manches davon wirkt sofort, einiges ist wohl eher als "Show" zu werten, anderes dürften lange die Gerichte beschäftigen. Drei Beispiele.
Beispiel 1: Geburtsortsprinzip - ein Fall für die Gerichte
Jeder, der in den USA geboren wird, gilt von Geburt an als US-Staatsbürger. Damit unterscheidet sich das Staatbürgerschaftsrecht der USA in einem grundlegenden Punkt von dem etwa in Deutschland. In der Bundesrepublik gilt in erster Linie das Abstammungsrecht - das heißt die Staatsbürgerschaft eines Kindes hängt an derjenigen der Eltern.
In den USA leben Schätzungen von Experten zufolge inzwischen an die 14 Millionen Menschen ohne US-Aufenthaltserlaubnis - das entspricht in etwa der Einwohnerzahl Bayerns. Ihre in den USA geborenen Kinder haben gegenwärtig Anrecht auf die amerikanische Staatsbürgerschaft - unabhängig davon, welchen Pass die Eltern haben. Trumps Vorwurf lautet, dass viele Ausländerinnen extra in die USA reisen würden, nur um dort ihr Kind zur Welt zu bringen. Per Dekret hat er deshalb unmittelbar nach Amtsantritt das seit mehr als 150 Jahren geltende Geburtsortsprinzip abgeschafft. Die Maßnahme soll am 19. Februar in Kraft treten.
Ob das Bestand hat, ist allerdings äußerst fraglich. Denn dieses Geburtsortsprinzip ist im 14. Zusatz der US-Verfassung von 1868 verankert - und die kann auch ein Präsident nicht einfach ändern. Denn die Verfassung schützt sich in den USA selbst sehr gut und macht hohe Vorgaben für Änderungen - unter anderem Zwei-Drittel-Mehrheiten in beiden Kammern des Parlaments. Allerdings hat der Verfassungszusatz nicht immer allen Menschen, die in den USA geboren wurden, die Staatsbürgerschaft zuerkannt. Der US-Kongress genehmigte erst im Jahr 1924 die Verleihung der Staatsbürgerschaft an alle Ureinwohnerinnen und Ureinwohner.
Trump stützt sich in seiner Argumentation auf eine Ausnahme, die die Verfassung auch derzeit vorsieht. So werden Kinder von ausländischen Diplomaten mit diplomatischer Immunität nicht US-Bürger, da sie nicht der Gerichtsbarkeit der USA unterliegen. Trump argumentiert - vereinfacht gesagt - so: Wenn die Mutter sich illegal im Land aufhalte und der Vater kein US-Bürger sei oder eine Aufenthaltsgenehmigung habe, dann unterlägen deren Kinder nicht der Gerichtsbarkeit der USA.
Die Mehrheit der Experten sieht das allerdings anders. Sie verweisen darauf, dass illegal eingewanderte Migranten im Gegensatz zu Diplomaten keine Immunität besitzen. Sie müssten sich an die Gesetze der USA halten und wären damit sehr wohl der Gerichtsbarkeit des Landes unterworfen.
22 Bundesstaaten und mehrere Nichtregierungsorganisationen reichten bei verschiedenen Gerichten sofort Klage gegen Trumps Erlass ein. Gerichte können ein Dekret aufheben, wenn sie dessen Inhalt als verfassungswidrig ansehen.
Voraussichtlich wird der Oberste Gerichtshof (Supreme Court) am Ende über die Umsetzung entscheiden. Bisher waren sich die Juristen einig, dass das Geburtsortsprinzip unumstößlich sei. Aber seit am Supreme Court nach Trumps erster Amtszeit die konservativen Richter in der Mehrheit sind, gibt es keine absoluten Gewissheiten mehr. Allerdings neigen viele dieser konservativen Richter dazu, die Verfassung wörtlich zu nehmen - so wie sie damals formuliert wurde. Und in der steht: "Alle Personen, die in den Vereinigten Staaten geboren oder eingebürgert sind, (...) sind Bürger der Vereinigten Staaten und des Bundesstaates, in dem sie wohnen."
Beispiel 2: Umbenennung von Berg und Meer - wohl eher "Show"
Während die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts grundlegend in das Leben vieler Menschen eingreift, sind andere Ankündigungen Trumps eher symbolischer Natur - etwa die für geografische Umbenennungen. So will Trump den höchsten Berg der USA und den Golf von Mexiko umbenennen. Beides ist wohl vor allem Teil der "Show" - so formulieren es mehrere Politikwissenschaftler - mit der Trump seine Basis zum Beginn seiner Amtszeit begeistern möchte. Er scheint dabei auf sein Bauchgefühl zu setzen.
Ob das für Trump-Anhänger aber tatsächlich so wichtig ist, darf bezweifelt werden. Denn vor allem der Denali ist für die allermeisten von ihnen sehr weit weg. Der mit 6.190 Metern höchste Berg Nordamerikas liegt im äußerst dünn besiedelten Alaska. Goldsucher gaben dem Berg 1896 den Namen "Mount McKinley" - zu Ehren des in jenem Jahr gewählten Präsidenten William McKinley, der allerdings nie in Alaska war. Unter Präsident Barack Obama wurde der Berg 2015 offiziell in Denali umbenannt - in Anerkennung der Traditionen der indigenen Bevölkerung Alaskas, die ihn immer schon so nannte.
McKinley habe das Land durch Zölle und durch Talent sehr reich gemacht, sagte Trump zur Begründung für seinen Erlass zur Umbenennung. Das stößt aber auch in seiner eigenen Partei auf Widerstand. Der höchste Berg der Nation, der seit Tausenden Jahren Denali genannt werde, müsse weiterhin unter dem rechtmäßigen Namen bekannt sein, sagte Lisa Murkowski, republikanische Senatorin von Alaska. Denali bedeutet in der in Nordamerika verbreiteten Sprachfamilie Athapaskisch der "Erhabene" oder der "Große".
Als Teil seines "America First"-Versprechens zu werten ist wohl Trumps Entscheidung, den Golf von Mexiko in "Golf von Amerika" umzubenennen. Für die USA kann Trump das ohne die Zustimmung der anderen Anrainerstaaten tun. So haben die Vereinten Nationen (UN) zumindest bei ähnlichen Streitigkeiten in der Vergangenheit entschieden. Umgekehrt könnten die UN, andere internationale Organisationen und andere Länder aber beim bisherigen Namen bleiben.
Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum verwies umgehend darauf, dass Trumps Beschluss ausdrücklich nur für den Festlandsockel der USA gelte. Fraglich ist auch, ob und wie schnell sich eine solche Namensänderung im Sprachgebrauch der Menschen in den USA durchsetzt - und wie groß der Aufwand ist, etwa alle Karten oder Atlanten zu ändern. Für die Meeresbucht an der Südküste der USA und der Ostküste Mexikos ist seit dem 16. Jahrhundert der Name "Golf von Mexiko" gebräuchlich.
Beispiel 3: Begnadigung - Kapitol-Stürmer auf freiem Fuß
Sofort wirksam ist eine andere Entscheidung Trumps - die für Begnadigungen. Ein US-Präsident hat die Befugnis, die Strafen von Tätern, die nach Bundesrecht verurteilt wurden, zu verkürzen oder Verurteilte ganz zu begnadigen - auch nachträglich, also nach dem Verbüßen einer Strafe.
Davon machten viele US-Präsidenten Gebrauch - auch Trumps Vorgänger Joe Biden. Der hatte kurz vor Schluss seiner Amtszeit seinen Sohn, seine Geschwister und deren Ehepartner präventiv begnadigte, ebenso demokratische Abgeordnete und ehemalige Regierungsleute - um den Sohn vor einer Haftstrafe und alle anderen vor möglicher Strafverfolgung durch Trumps Regierung zu schützen. Dabei hatte der Demokrat das zuvor kategorisch ausgeschlossen und präventive Begnadigungen vor Jahren noch als falsch kritisiert.
Trump begnadigte nun auf einen Schlag mehr als 1.500 Beschuldigte, die beim Angriff auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 beteiligt waren. Dies hatte er von Anfang an versprochen. Er betonte aber mehrfach, er wolle sich jeden Einzelfall anzuschauen. Sein Vizepräsident J.D. Vance sagte noch wenige Tage vor der Amtseinführung in einem Fernsehinterview: "Wer an dem Tag Gewalt begangen hat, sollte natürlich nicht begnadigt werden." Sein Chef sah das offenkundig anders und ordnete an, alle freizulassen - egal ob Gewalttäter oder nicht.
Die Menschen hatten damals den Sitz des US-Parlaments gestürmt - angestachelt von Trump, der bis heute an der mehrfach von Gerichten widerlegten Behauptung festhält, der Sieg bei der vorangegangenen Wahl sei ihm gestohlen worden.
Unter Juristen - auch unter konservativen - wird die Tatsache, dass Trump viele verurteilte Gewalttäter begnadigt hat, kritisiert. Mary McCord, eine frühere Bundesstaatsanwältin, etwa sagte, es sei kein Akt der Barmherzigkeit oder Vergebung gewesen sondern "Teil seiner ganzen falschen Erzählung, dass es kein Verbrechen gab". Darüber werden die USA vermutlich noch lange diskutieren. An der Tatsache ändert es aber nichts: Trumps entsprechendes Dekret gilt sofort, viele der Begnadigten sind bereits auf freiem Fuß.