Ein Mitglied der rechtsextremem Miliz Proud Boys am Rande der Amtseinführung von Trump in Washington D.C. (USA).

Trumps Begnadigungen Eine Ermutigung für die Kapitol-Straftäter?

Stand: 21.01.2025 20:09 Uhr

1.500 Begnadigungen mit einer Unterschrift: Trump-Anhänger jubeln über seine Entscheidung, Straftätern vom Sturm aufs Kapitol die Strafe zu erlassen. Opfer aber fühlen sich verraten - und Juristen erkennen ein Signal.

Der Filzstift quietschte, während Donald Trump nach seiner Amtsübernahme eine weitere präsidentielle Anordnung unterschrieb. "Das ist ein dickes Ding", sagte er.

In den Monaten vor der Wahl hatte Trump sich nicht festgelegt, wie er mit den Menschen verfahren will, die im Zusammenhang mit der Erstürmung des Kapitols vor vier Jahren verurteilt worden sind. Das werde geprüft, sagte er meistens.

Und dann, am ersten Abend im Oval Office das: Ungefähr 1.500 Begnadigungen spricht Trump aus, volle Begnadigungen, wie er gegenüber den Journalisten betont. Und Trump macht noch einmal deutlich, wie er die Verurteilten betrachtet: nicht als Straftäter, sondern als Geiseln eines, wie er meint, korrupten Rechtssystems.

Seine Anhänger feiern ihn, als er kurz vorher Begnadigungen für "eine Menge Leute" ankündigt.

 

Ende einer Aufarbeitung

Dem Sturm aufs Kapitol war die größte strafrechtliche Untersuchung in der Geschichte der USA gefolgt. Mehr als 1000 Menschen wurden bisher verurteilt, weil sie am 6. Januar 2021 gewaltsam ins Kapitol eindrangen, um zu verhindern, dass die Wahl von Joe Biden bestätigt wird. Die meisten werden nun auf Trumps Wunsch hin bedingungslos begnadigt und unverzüglich freigelassen.

Für die 14 Männer, die wegen besonders schwerer Straftaten verurteilt wurden, verkürzte Trump die Haftstrafen drastisch. Bei ihnen handelt es sich um Mitglieder rechtsextremistischer Milizen wie etwa der "Proud Boys", denen unter anderem aufrührerische Verschwörung zur Last gelegt wurde.

Enrique Tarrio, der frühere Anführer der "Proud Boys", soll noch an diesem Dienstag schon wieder nach Hause kommen. Er war zu 22 Jahren Haft verurteilt worden.

Was sind die Folgen für den Rechtsstaat?

Begnadigungen auszusprechen ist ein Recht, das US-Präsidenten oft und gern anwenden. Trump allerdings beschädige den Rechtsstaat, meint Mary McCord, eine frühere Bundesstaatsanwältin, im Sender PBS:

Es geht nicht um einen Akt der Barmherzigkeit und der Vergebung für das, was die Menschen getan haben. Es ist Teil seiner ganzen falschen Erzählung, dass es kein Verbrechen gab, dass dies ein friedlicher Protest war und dass diejenigen, die angeklagt und verurteilt wurden, Geiseln sind.

Die Demokraten sprachen von einer Schande und einer Beleidigung des Justizsystem. "Er hat den Aufständischen grünes Licht gegeben, wieder rauszugehen und zu überlegen, wie sie die Prinzipien untergraben können, die in unserem Land heilig sind", sagte bei CNN Senator Ed Markey.

"Ich bin von meinem Land verraten worden"

Freigelassen werden auch Straftäter, die auf Polizisten eingeprügelt haben, unter ihnen auch die sechs, die damals Michael Fanone brutal niederschlugen. Fanone verlor das Bewusstsein und erlitt einen Herzinfarkt.

Er fühle sich "von seinem Land verraten" und von denen, die Trump unterstützt hätten, sagte Fanone bei CNN. Fanone ist inzwischen aus dem Polizeidienst ausgeschieden und hat vor dem Untersuchungsausschuss zum 6. Januar ausgesagt.

Seither sei er immer wieder bedroht worden. Wegen Donald Trump seien seine Familie, seine Kinder und er selbst heute weniger sicher. Zu ihrem Schutz hat Ex-Präsident Biden Fanone und weitere Polizisten, die im Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das Kapitol ausgesagt hatten, präventiv begnadigt.

Katrin Brand, ARD Washington, tagesschau, 21.01.2025 18:12 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 21. Januar 2025 um 20:00 Uhr.