Die US-Militärbasis in Grönland
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Umstrittene Pläne Warum Trump die Kontrolle über Grönland will

Stand: 08.01.2025 20:08 Uhr

Donald Trump will Grönland nach eigenen Aussagen in die USA eingliedern - notfalls mithilfe des Militärs. Warum ist der künftige US-Präsident an Grönland interessiert? Und könnte die Insel wirklich Teil der USA werden?

Die Ausgangslage: Der designierte US-Präsident Donald Trump hat seit seinem Wahlsieg wiederholt davon gesprochen, dass Grönland Teil der Vereinigten Staaten werden soll. Grönland ist mehrheitlich von Eis bedeckt, die größte Insel der Welt wird von rund 57.000 Menschen bewohnt. Das rohstoffreiche und strategisch wichtige Territorium im Nordatlantik gehört seit über 600 Jahren zu Dänemark, verfügt aber über weitgehende Autonomie. Auf eine vollständige Unabhängigkeit hat Grönland bislang verzichtet.

Grönland betont Unabhängigkeitsbestrebungen nach Trumps Kaufplänen

Christian Blenker, ARD Stockholm, tagesschau, 08.01.2025 20:00 Uhr

Was fordert Trump?

Bereits kurz vor Weihnachten hatte Trump erneut Diskussionen über Grönland ausgelöst. Die USA seien der Ansicht, dass es "im Interesse der nationalen Sicherheit und der Freiheit in der Welt" eine "absolute Notwendigkeit" sei, Grönland zu besitzen und zu kontrollieren, erklärte der künftige Präsident. Damit knüpfte der Republikaner an einen gescheiterten Versuch während seiner ersten Amtszeit an, als er 2019 vorschlug, Grönland zu kaufen.

Gestern besuchte dann sein Sohn Donald Trump Jr. die Insel - offiziell handelte es sich dabei um eine private Reise. Am selben Tag gab Trump Senior eine Pressekonferenz in seinem Anwesen in Florida. Dabei schloss er militärische oder wirtschaftliche Schritte nicht aus, um die Kontrolle über Grönland und auch den Panamakanal zu erlangen. "Das ist ein Deal, der zustande kommen muss", so Trump.

Kann Trump Grönland kaufen?

Für seinen Kaufvorschlag 2019 erhielt Trump eine klare Absage von Dänemark und Grönland. Ähnlich fallen die Reaktionen auch dieses Mal aus. "Grönland gehört uns. Wir stehen nicht zum Verkauf und werden niemals zum Verkauf stehen", erklärte der Ministerpräsident der selbstverwalteten Insel, Mute Egede. In seiner Neujahrsrede hatte Grönlands Regierungschef aber auch auf Unabhängigkeit von Dänemark gedrungen.

Trump ist nicht der erste US-Präsident, der an Grönland interessiert ist. Als Grönland noch eine dänische Kolonie war, wollten die USA unter dem damaligen Präsidenten Harry Truman die Insel 1946 als strategisches Gut während des Kalten Krieges für 100 Millionen Dollar in Gold kaufen. Doch bereits damals lehnte die Regierung in Kopenhagen den Verkauf ab.

Karte von Grönland und Dänemark

Was würde bei einer Unabhängigkeit Grönlands passieren?

Grönland war bis 1953 dänische Kolonie und ist jetzt ein selbstverwaltetes Territorium des Königreichs. Seit 2009 hat die Insel das Recht, sich durch ein Referendum für unabhängig zu erklären. Sollte dies eintreten, könnte sich Grönland für eine Anbindung an die USA entscheiden - etwa in Form eines Assoziierungsabkommens wie bei den Marshallinseln, Mikronesien und Palau im Pazifik.

Die meisten Inselbewohner wünschen sich zwar die Unabhängigkeit, sehen diese angesichts der wirtschaftlichen Abhängigkeit von Dänemark und der EU jedoch skeptisch. Im Frühjahr steht in Grönland eine planmäßige Parlamentswahl an. Die Unabhängigkeit von Dänemark ist ein großes Thema im Wahlkampf.

Seit 2019 haben grönländische Politiker wiederholt erklärt, dass sie daran interessiert seien, die Zusammenarbeit und den Handel mit den USA zu stärken. "Grönland spricht davon, von Dänemark unabhängig zu werden, aber kein Grönländer möchte einfach zu einem neuen Kolonialherrn wechseln", erklärt Grönland-Experte Ulrik Pram Gad vom Dänischen Institut für Internationale Studien.

Auch Aaja Chemnitz, die Grönland im dänischen Parlament vertritt, lehnt eine Eingliederung in die USA strikt ab: "Ich möchte keine Schachfigur in Trumps heißen Träumen sein, sein Imperium um unser Land zu erweitern."

Warum ist Trump an Grönland interessiert?

Für die USA ist die riesige Insel in der Arktis von hoher strategischer Bedeutung. Sie haben dort einen Luftwaffenstützpunkt mit einem Frühwarnsystem für ballistische Raketen, da der kürzeste Weg von Europa nach Nordamerika über Grönland führt. Geografisch ist Grönland Teil des nordamerikanischen Kontinents, die Hauptstadt Nuuk liegt näher an New York als an Kopenhagen.

Für die USA sei es von entscheidender Bedeutung, dass keine anderen Großmächte auf der Insel Fuß fassten, sagt Forscher Ulrik Pram Gad. So hätten die USA Interesse an einer stärkeren militärischen Präsenz vor Ort bekundet, um die Gewässer zwischen Grönland, Island und Großbritannien zu überwachen - diese gelten als Tor für russische Marineschiffe und Atom-U-Boote.

Die Außen- und Sicherheitspolitik gehören zu den Bereichen, für die trotz der weitreichenden Autonomie Grönlands die dänische Regierung zuständig bleibt. Dänemark gehört der NATO seit ihrer Gründung im Jahr 1949 an, das Gebiet Grönlands ist somit Teil des westlichen Militärbündnisses.

Welche Rohstoffe gibt es in Grönland?

In und um Grönland schlummern zudem wertvolle Bodenschätze. Dazu zählen Öl, Gas, Gold, Diamanten, Uran, Zink und Blei. Die Regierung hat die Förderung von Öl und Erdgas allerdings aus Umweltgründen verboten. Auch die Entwicklung des Bergbausektors ist wegen bürokratischer Hürden und des Widerstands der indigenen Bevölkerung ins Stocken geraten.

Dadurch ist die Wirtschaft auf Fischerei angewiesen, die über 95 Prozent der Exporte ausmacht. Zudem fließen aus Dänemark jährlich Subventionen in Höhe von knapp einer Milliarde Dollar, die etwa die Hälfte des öffentlichen Haushalts abdecken.

Durch die Erderwärmung werden Rohstoffe unter Grönlands Eispanzer immer leichter zugänglich. Das grönländische Inlandeis ist - nach dem antarktischen Eisschild - die zweitgrößte Eisfläche der Erde. Ein komplettes Abschmelzen könnte den Meeresspiegel um rund sieben Meter steigen lassen.

Was sagt Dänemark?

Das Verhältnis zwischen Grönland und Dänemark ist seit geraumer Zeit angespannt. So sorgten Enthüllungen über Fehlverhalten dänischer Behörden in Grönland für Aufsehen, darunter eine Kampagne zur erzwungenen Geburtenkontrolle in den 1960er-Jahren.

Als Trump 2019 anbot, die Insel zu kaufen, lehnte Dänemark den Vorschlag entschieden ab. Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bezeichnete den Vorschlag damals als "absurd". Nun sagte Frederiksen, sie habe nicht die Fantasie, sich vorzustellen, dass Trumps Pläne jemals umgesetzt werden könnten. Sie fügte hinzu, dass die Grönländer ein Volk seien und es ihr Land sei. "Nur Grönland kann Grönlands Zukunft bestimmen." Außenminister Lars Lökke Rasmussen sagte, Dänemark sei jedoch offen für einen Dialog über die Interessen der USA in der Arktis.

Wie steht die EU dazu?

In der Europäischen Union stoßen die Gebietsansprüche von Trump auf Widerstand. Bundeskanzler Olaf Scholz warnte vor erzwungenen Grenzverschiebungen: "Die Unverletzlichkeit von Grenzen ist ein Grundprinzip des Völkerrechts". Scholz sagte, er habe darüber mit einer Reihe europäischer Staats- und Regierungschefs sowie EU-Ratspräsident António Costa gesprochen. Dabei sei "ein gewisses Unverständnis deutlich geworden, was aktuelle Äußerungen aus den USA angeht".

Unverständnis über Trumps Äußerungen kam auch aus Paris. Die Europäische Union würde es nicht zulassen, dass andere Nationen ihre souveränen Grenzen angreifen würden, "wer auch immer sie sind", sagte der französische Außenminister Jean-Noel Barrot. "Wir sind ein starker Kontinent", betonte er. Die EU dürfe sich nicht einschüchtern lassen.

Die Europäische Kommission wies Trumps Aussagen als "sehr hypothetisch" zurück. Kommissionssprecherin Paula Pinho stellte allerdings klar, dass auch im Falle eines Angriffs auf Grönland eine gegenseitige Verteidigungsklausel der 27 EU-Mitgliedsländer greifen würde.

Grönland gehört seit vier Jahrzehnten nicht mehr zur EU. 1973 war es als Teil Dänemarks noch Mitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft geworden. 1982 stimmten die Bürger aber in einer Volksbefragung für einen Austritt, 1985 wurde dieser vollzogen. Grönländer sind somit zwar dänische Staatsbürger, aber keine EU-Bürger.

Mit Informationen der Nachrichtenagentur Reuters

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 08. Januar 2025 um 20:00 Uhr.