Umstrittener Tempelberg-Besuch Israel nennt UN-Sitzung "erbärmlich"
Bei einer UN-Dringlichkeitssitzung zum umstrittenen Tempelberg-Besuch von Israels Minister Ben-Gvir kam es zum Schlagabtausch zwischen Israel und dem palästinensischen UN-Botschafter. Die Sorge vor einem Aufflammen des Nahostkonflikts ist groß.
Der israelische UN-Botschafter hat eine Dringlichkeitssitzung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zum umstrittenen Besuch des israelischen Ministers Itamar Ben-Gvir auf dem Tempelberg als "erbärmlich" bezeichnet. Es sei "wirklich absurd", eine Sitzung wegen eines "Nicht-Ereignisses" abzuhalten, sagte der UN-Gesandte Gilad Erdan.
Das Treffen, das auf Antrag Chinas und der Vereinigten Arabischen Emirate einberufen wurde, sei "eine Beleidigung unserer Intelligenz". Der 13-minütige Aufenthalt des neuen Ministers für Nationale Sicherheit an der heiligen Stätte sei "kurz und legitim" gewesen - nicht gewaltsam, habe nicht gegen den Status quo verstoßen und sei das Recht des Ministers als Jude.
Der Status quo, der seit dem Sechstagekrieg 1967 gilt, gestattet es Juden den Tempelberg zu besuchen, aber nicht dort zu beten. Die Palästinenser hatten davor gewarnt, der Besuch von Ben-Gvir könne zu erneuten tödlichen Zusammenstößen führen
Der Tempelberg in Jerusalem ist für Juden, Muslime und Christen ein heiliger Ort.
Palästinenser: Ben-Gvir will "Status quo" beenden
Der palästinensische UN-Botschafter, Riyad Mansur, warf Israel vor, mit "absoluter Verachtung" gegenüber den Palästinensern, dem Rat und der internationalen Gemeinschaft zu handeln. Ben-Gvir habe die Stätte nur besucht, um "seine extremistischen Ansichten zu verfolgen und den historischen Status quo zu beenden."
Er forderte die Mitglieder des Sicherheitsrates auf, Maßnahmen gegen Israel zu ergreifen. "Welche rote Linie muss Israel überschreiten, dass der Sicherheitsrat endlich sagt: 'Genug ist genug' und entsprechend handelt?", fragte er bei der zweistündigen Sitzung in New York.
UN Einstimmig für Beibehaltung des Status quo
Der Sicherheitsrat und die internationale Gemeinschaft müssten den "extremistischen Minister eines extremistischen Staats" daran hindern, Juden am Tempelberg beten zu lassen, und "das Völkerrecht und den historischen Status quo" wahren, sagte Mansur. Sonst "wird unser palästinensisches Volk es tun."
Riyad Mansur, UN-Botschafter für Palästina, im UN-Sicherheitsrat.
Alle 15 Mitglieder des Sicherheitsrats zeigten sich angesichts des Ministerbesuches und dessen möglicher Folgen besorgt und beschlossen einstimmig, den Ist-Zustand des Ortes beibehalten zu wollen.
Heilige Stätte mit Konfliktpotenzial
Der Besuch des ultranationalistischen Ministers auf dem Tempelberg hatte international Kritik und Sorge vor einem erneuten Aufflammen des Nahostkonflikts ausgelöst. Der Tempelberg ist die wichtigste heilige Stätte im Judentum. Für Muslime ist der Hügel mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee der drittheiligste Ort nach Mekka und Medina.
Seit dem Sechstagekrieg 1967 steht der Tempelberg unter muslimischer Verwaltung. Nicht-muslimische Besucher dürfen ihn besuchen, aber nicht dort beten. Schon zuvor hatten israelische Minister den Ort besucht und damit Kritik ausgelöst. Immer wieder kommt dort zu gewaltsamen und teils tödlichen Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und Israelis.