Baerbock bei UN-Vollversammlung "Abstimmung über Zukunft aller"
"Klaffende Wunden" heilen: Außenministerin Baerbock hat bei ihrer Rede bei der UN-Vollversammlung eindringlich dafür geworben, der Resolution für einen Frieden in der Ukraine zuzustimmen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat die Weltgemeinschaft ein Jahr nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zu einem klaren Signal für ein Ende des Angriffskriegs aufgefordert.
45 Sekunden - so lange dauere es, bis Raketen aus Russland auf Charkiw träfen. Mit diesem Beispiel begann sie ihre Rede bei der UN-Vollversammlung in New York, dem größten Gremium der Vereinten Nationen. Alle Beteiligten wollten Frieden, sagte Baerbock - Grundlage dafür sei die Charta der Vereinten Nationen. Russland müsse zu der Charta zurückkehren.
Jeder Einzelne von uns hier hat heute die Gelegenheit, zu diesem Friedensplan beizutragen. Indem Sie dem Aggressor sagen, dass er aufhören muss.
Baerbock wirbt für Zustimmung zu Resolution
Vor der Abstimmung über eine Resolution der Vereinten Nationen rief Baerbock daher alle Anwesenden zur Zustimmung auf. Die Abstimmung sei daher "eine Abstimmung über die Zukunft aller".
Man wolle die Ukraine weiter in ihrem Recht auf Selbstverteidigung unterstützen - wie es in der Charta verankert sei. "Wir wollten diesen Krieg nicht", sagte die Außenministerin. Man könne nicht von Frieden sprechen, wenn ein Aggressor für seine "rücksichtslose Gewalt" belohnt werde.
Kritik an deutschen und westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine wies Baerbock zurück: Die Bundesregierung würde Zeit und Geld wesentlich lieber in Bildung, soziale Gerechtigkeit und den Kampf gegen die Klimakrise stecken. Man wolle diesen Krieg nicht und habe ihn sich nicht ausgesucht. Dennoch gelte: "Wenn Russland aufhört zu kämpfen, endet dieser Krieg. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, ist es das Ende der Ukraine."
Das Leid durch den Konflikt - Entführungen, Vergewaltigungen und Folter - würde dann weitergehen, so Baerbock. Und die weltweit "klaffenden Wunden" durch Hunger, Inflation und Energieknappheit könnten nicht heilen. Alle UN-Mitglieder müssten entscheiden, ob sie "isoliert" an der Seite Russlands stehen oder sich "für Frieden vereinen" wollten.
Russland und China kritisieren Waffenlieferungen
Zuvor hatte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja Deutschland und andere westliche Staaten wegen ihrer Waffenlieferungen kritisiert und ihnen ähnliche Motive wie im Zweiten Weltkrieg vorgeworfen. "Dies ist ein Krieg, der, wie es auch vor 80 Jahren der Fall war, einen verräterischen und mächtigen Feind involviert, der unser Land übernehmen und uns unterwerfen will", sagte Nebensja. Der Westen wolle unter anderem mit der Bewaffnung der Ukraine das Ende Russlands erreichen. "Die deutschen Panzer werden wieder einmal Russen töten".
Auch Chinas UN-Vertreter Dai Bing sagte, dass Waffenlieferungen keinen Frieden schafften, sondern den Krieg nur anheizten. Er stellte dabei nicht den mit Spannung erwarteten Pekinger Friedensplan für die Ukraine vor, mahnte aber eine Beruhigung des Konflikts an. "Die oberste Priorität besteht darin, einen Waffenstillstand und eine unverzügliche Einstellung der Feindseligkeiten zu ermöglichen." Es müsse so schnell wie möglich wieder direkte Gesprächen zwischen Moskau und Kiew geben.
UN-Resolution rechtlich nicht bindend
Baerbock sprach auf Bitten der Ukraine als letzte reguläre Rednerin vor der Abstimmung über die Resolution. Das Votum wird auch als globaler Stimmungstest zu Russlands Angriffskrieg im Nachbarland gesehen.
Die Resolution enthält die Forderung nach Frieden und dem Rückzug der russischen Streitkräfte. Der Entwurf bekräftigt eine Reihe zuvor bereits beschlossener Positionen des Gremiums wie die territoriale Integrität der Ukraine. Im Weiteren wird ein vollständiger Austausch von Kriegsgefangenen verlangt und die Notwendigkeit betont, dass Verantwortliche für die schwersten Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden müssten.
Kiew und seine Unterstützer wollen mit der Resolution an ähnliche Abstimmungsergebnisse des vergangenen Jahres mit mehr als 140 "Ja"-Stimmen anknüpfen - das soll auch dem Eindruck entgegenwirken, es gebe in Teilen der Welt eine Kriegsmüdigkeit und bröckelnden Rückhalt für Kiew.
Die UN-Resolution hatten mehr als 50 Staaten eingebracht. Sie spricht sich für ein Ende des russischen Angriffskriegs aus, der sich morgen zum ersten Mal jährt. Die Resolution der UN-Vollversammlung wäre auch bei Beschluss rechtlich nicht bindend. Eine Resolution des UN-Sicherheitsrates wäre das - aber hier hat Russland ein Veto.