Gaza-Proteste eskalieren US-Uni droht Studenten mit Rausschmiss
Polizeieinsätze, Festnahmen und Blockaden: An US-Universitäten spitzt sich die Lage um propalästinensische Proteste zu. Studenten, die in New York ein Uni-Gebäude besetzt haben, droht nun die Exmatrikulation.
Hausbesetzung für ein freies Palästina. Für ein Ende des Gaza-Kriegs. Dutzende Studierende der Columbia Universität nehmen ein Gebäude auf dem Campus ein. Teils vermummte Demonstranten schlagen Fenster ein, verbarrikadierten Eingänge, entrollen eine palästinensische Flagge. Die Hamilton Hall ist das Gebäude, dass in den 1960er Jahren aus Protest gegen den Vietnam-Krieg besetzt worden war.
Trotz aller Drohungen, das Protestcamp zu räumen - sie harren seit über einer Woche aus. Gabriela war von Anfang an dabei. Die Studentin nennt eine ihrer Hauptforderungen an die Elite-Universität: "Es gibt viele Institutionen, die Geschäfte mit dem Apartheidsstaat Israel machen. Wir drängen sie, diese Beziehungen mit Israel zu kappen."
Besetzern droht Exmatrikulation
Die rund 14 Milliarden Dollar schwere Stiftung der Columbia Universität wird von einer eigenen Investment-Firma verwaltet. Das Geld fließt unter anderem in Unternehmen, die mit Israel kooperieren - auch in der Waffen- und Tech-Industrie. Die Universität hat abgelehnt, diese Beziehungen zu kappen.
Doch sagte Universitätspräsidentin Minouche Shafik zumindest zu, Investitionen in mutmaßlich kriegsrelevante Firmen zu überprüfen. Den Studierenden droht wegen der Haus-Besetzung nun die Exmatrikulation, erklärte Universitätssprecher Ben Chang. "Sie haben keinen Zugang mehr zu Lehr- oder Freizeiteinrichtungen. Sie können ihre Abschlüsse auch nicht mehr machen."
Es sei bedauerlich, dass sich die Demonstranten für eine derartige Eskalation entschieden hätten. Chang stellte klar, die Maßnahme sei keine Beschneidung von Meinungsfreiheit: "Es geht hier um die Aktionen der Protestler - und nicht den Grund ihrer Proteste."
Vorwurf des Vandalismus und Störung des Uni-Betriebs
Den Besetzern sei die Möglichkeit gegeben worden, das Gebäude friedlich zu verlassen. Doch das hätten sie abgelehnt. Neben dem Vandalismus würden ein paar Dutzend Protestierende den Unibetrieb für 37.000 Studierende stören - davon viele kurz vor ihrem Examen. Einige jüdische Studierende hatten von antisemitischen Angriffen berichtet. Sie fühlten sich bedroht.
Studentin Gabriela ist skeptisch. Bei den Protesten seien viele jüdische Kommilitonen dabei, sagt sie. "Es ist eine Schande, dass die Uni uns als gewaltbereit darstellt. Das hier ist eine Mischung aus allen Studierenden."
Auch Carry empfindet das so. Die Jüdin, die selbst lange in Israel lebte, hat vor 20 Jahren ihren Abschluss an dieser Uni gemacht. Das dort nun junge Menschen verhaftet würden oder der Uni verwiesen, weil sie ihre Meinung äußerten, das treffe sie: "Ich habe hier nichts Antisemitisches erlebt. Und als Frau mit tiefen jüdischen Wurzeln bin ich wohl glaubwürdig. Seit Tagen erlebe ich diese Demonstranten völlig friedlich. Ich spreche mit jungen Menschen, die so sind, wie ich es früher hier war."
Sorge vor "unverhältnismäßigen" Maßnahmen
Die New Yorker Polizei spricht von einem Sicherheitsrisiko. Doch ohne die Anfrage der Uni darf sie auf dem Privatgelände nicht einschreiten. Vor knapp zwei Wochen hatte ein Einsatz des NYPD die Proteste erst angefacht. Seitdem ziehen sie sich über Hochschulen in den ganzen USA. Rund 1000 Studierende und Hochschulpersonal wurden seitdem - zumindest vorübergehend - festgenommen.
Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Volker Türk zeigte sich "besorgt". Einige Strafverfolgungsmaßnahmen würden "in ihrer Wirkung unverhältnismäßig erscheinen". Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres mahnte: "Es ist wichtig, die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit zu garantieren. Zugleich ist Hasssprache inakzeptabel."