Gaza-Proteste eskalieren Polizei rückt gegen Uni-Besetzer auf US-Campus vor
Die propalästinensischen Proteste an der Columbia-Universität in New York eskalieren. Die Polizei drang am Abend in die Hamilton Hall ein, um Aktivisten zu vertreiben, die das Gebäude besetzt hatten. Es gab Festnahmen.
Nach der Eskalation propalästinensischer Proteste an der New Yorker Elite-Universität Columbia ist ein Großaufgebot der Polizei gegen die Studierenden vorgerückt. Am Abend strömten Hunderte Polizisten auf den Campus im Norden Manhattans.
Die Beamten drangen auch in das von Demonstranten besetzte Universitätsgebäude ein, es gab mehrere Festnahmen - laut dem US-Sender NBC etwa 100. Dutzende Zelte in dem sogenannten Solidaritätscamp auf dem Gelände wurden von den Einsatzkräften durchsucht.
Zweiter Großeinsatz der Polizei binnen zwei Wochen
Es ist bereits der zweite Großeinsatz der Polizei auf dem Campus: Vor knapp zwei Wochen war die New Yorker Polizei schon einmal auf Bitten der Unileitung gegen die Studierenden vorgerückt. Diese kritisierten das Vorgehen als unverhältnismäßig, in der Folge kam es an Dutzenden Universitäten in den USA zu Protesten und der Errichtung von Zeltlagern.
Zuvor hatten teils vermummte Demonstranten Fenster eingeschlagen, Eingänge verbarrikadiert und eine palästinensische Flagge entrollt. Die Hamilton Hall ist das Gebäude, dass in den 1960er-Jahren aus Protest gegen den Vietnam-Krieg besetzt worden war.
Trotz aller Drohungen, das Protestcamp zu räumen, harrten die Studenten seit über einer Woche aus. Gabriela war von Anfang an dabei. Die Studentin nennt eine ihrer Hauptforderungen an die Elite-Universität: "Es gibt viele Institutionen, die Geschäfte mit dem Apartheidstaat Israel machen. Wir drängen sie, diese Beziehungen mit Israel zu kappen."
Besetzern droht Exmatrikulation
Die rund 14 Milliarden Dollar schwere Stiftung der Columbia-Universität wird von einer eigenen Investmentfirma verwaltet. Das Geld fließt unter anderem in Unternehmen, die mit Israel kooperieren - auch in der Waffen- und Techindustrie. Die Universität hat abgelehnt, diese Beziehungen zu kappen. Doch sagte Universitätspräsidentin Minouche Shafik zumindest zu, Investitionen in mutmaßlich kriegsrelevante Firmen zu überprüfen.
Den Studierenden droht wegen der Hausbesetzung nun die Exmatrikulation, erklärte Universitätssprecher Ben Chang. "Sie haben keinen Zugang mehr zu Lehr- oder Freizeiteinrichtungen. Sie können ihre Abschlüsse auch nicht mehr machen."
Es sei bedauerlich, dass sich die Demonstranten für eine derartige Eskalation entschieden hätten. Chang stellte klar, die Maßnahme sei keine Beschneidung von Meinungsfreiheit: "Es geht hier um die Aktionen der Protestler - und nicht den Grund ihrer Proteste."
Vorwurf des Vandalismus und Störung des Uni-Betriebs
Den Besetzern sei die Möglichkeit gegeben worden, das Gebäude friedlich zu verlassen. Doch das hätten sie abgelehnt. Neben dem Vandalismus würden ein paar Dutzend Protestierende den Unibetrieb für 37.000 Studierende stören - davon viele kurz vor ihrem Examen.
Einige jüdische Studierende hatten von antisemitischen Angriffen berichtet. Sie fühlten sich bedroht.
Studentin Gabriela ist skeptisch. Bei den Protesten seien viele jüdische Kommilitonen dabei, sagt sie. "Es ist eine Schande, dass die Uni uns als gewaltbereit darstellt. Das hier ist eine Mischung aus allen Studierenden."
Auch Carry empfindet das so. Die Jüdin, die selbst lange in Israel lebte, hat vor 20 Jahren ihren Abschluss an dieser Uni gemacht. Das dort nun junge Menschen verhaftet würden oder der Uni verwiesen, weil sie ihre Meinung äußerten, das treffe sie: "Ich habe hier nichts Antisemitisches erlebt. Und als Frau mit tiefen jüdischen Wurzeln bin ich wohl glaubwürdig. Seit Tagen erlebe ich diese Demonstranten völlig friedlich. Ich spreche mit jungen Menschen, die so sind, wie ich es früher hier war."
Sorge vor "unverhältnismäßigen" Maßnahmen
Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Volker Türk zeigte sich schon vor dem Polizeieinsatz am Abend "besorgt". Einige Strafverfolgungsmaßnahmen würden "in ihrer Wirkung unverhältnismäßig erscheinen". Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres mahnte: "Es ist wichtig, die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit zu garantieren. Zugleich ist Hasssprache inakzeptabel."
Mit Informationen von Antje Passenheim, ARD New York