Trumps Ausschluss von Vorwahlen Wer definiert "Beteiligung" am Aufstand?
Die Rechtsgrundlage für Trumps Ausschluss von den US-Vorwahlen in Colorado und Maine ist klar. Doch alles andere ist unklar: Wer darf eigentlich was entscheiden und nach welchem Verfahren - und was bedeutet "Beteiligung"?
Darüber zumindest herrscht Einigkeit in den USA: In diesen Tagen wird Geschichte geschrieben, denn zum ersten Mal überhaupt ist der 14. Verfassungszusatz herangezogen worden, um einen Kandidaten von einem Wahlzettel zu streichen.
In Colorado hat ein Gericht geurteilt, in Maine jetzt die zuständige Ministerin. Dieser Unterschied sei jedoch geringfügig, kommentierte der Jurist David Becker vom Center for Election Innovation and Research im Radiosender NPR.
"Die Innenministerin argumentiert ganz ähnlich wie der Oberste Gerichtshof in Colorado", erklärt Becker: "Nachdem Wähler in Maine gegen Trumps Kandidatur geklagt hatten, war sie zu einer Entscheidung verpflichtet. Und kam zum Schluss, dass Trump tatsächlich an einem Aufstand beteiligt war und deshalb nicht kandidieren darf!"
Es geht um die Beteiligung
Abschnitt drei des 14. Verfassungszusatzes - eingeführt unmittelbar nach dem Bürgerkrieg Mitte des 19. Jahrhunderts - besagt, dass niemand für ein öffentliches Amt kandidieren darf, der an einer Revolte gegen die amerikanische Regierung beteiligt war. Genau daran, an dem Begriff "engaged" - zu deutsch "beteiligt" - hat sich jetzt die Debatte festgefressen.
Shenna Bellows, die Innenministerin von Maine, interpretiert die Verfassung folgendermaßen: "Ich habe mir den 14. Verfassungszusatz ganz genau angesehen. Der spricht eindeutig von einer 'Beteiligung' an einem Aufstand." Voraussetzung sei nicht, dass jemand wegen einer Revolte verurteilt worden ist, so Bellows bei CNN. "Der Sturm aufs Kapitol war auch ein Angriff auf den Rechtsstaat. Es war ein Aufstand, und Trump war daran beteiligt!"
Politisch heikle Entscheidung
Bellows' Entscheidung war eine ausführliche Anhörung mit vielen Beteiligten vorausgegangen. Denn der Ministerin ist klar, wie politisch heikel es ist, wenn sie als Demokratin einen republikanischen Kandidaten von der Wahl ausschließt.
Ihre Verfahrensweise ist in Maine auch von der Opposition gelobt worden. Der Republikaner Thomas Saviello, früherer Senator in Maine, sagte auf CNN: "Sie ist sehr umsichtig vorgegangen, hat bei einer wunderbaren Anhörung allen zugehört."
Wer darf entscheiden und nach welchem Verfahren?
Doch Bedenken bleiben, und zwar in beiden politischen Lagern: Wer ist befugt zu entscheiden, ob sich gemäß der Verfassung jemand an einem Aufstand beteiligt hat? Die Bundesstaaten einzeln, so wie jetzt - und dabei mal die Regierung und mal ein Gericht? Oder ist der Kongress in Washington zuständig, für eine landesweit einheitliche Regelung?
Auch das Verfahren ist unklar: Wie stellt man fest, ob jemand versucht hat, die US-Regierung zu stürzen? Auch bei dieser Frage gibt es Einigkeit quer durch das politische Spektrum: Da es sich um eine Auslegung der Verfassung handelt, ist das Oberste Verfassungsgericht der USA am Zug, der Supreme Court in Washington.
"Wir können uns den Mund fusselig reden beim Auslegen der Verfassung, es gibt gute Argumente auf beiden Seiten", meint etwa Adam Kinzinger, ehemaliger republikanischer Kongressabgeordneter und Trump-Gegenspieler auf CNN, "aber eine schlussendliche Klärung kann nur höchstrichterlich erfolgen!"