US-Wahlkampf Was vom TV-Duell Biden gegen Trump zu erwarten ist
Heute Nacht treffen Joe Biden und Donald Trump im ersten TV-Duell dieses US-Wahlkampfs aufeinander. Hält Biden durch? Wird Trump wieder unflätig? Es sind nur zwei der vielen Fragen, die sich zum Duell stellen.
Noch nie hat es so früh in einem US-Wahljahr ein TV-Duell zwischen den Präsidentschaftskandidaten der Demokraten und Republikaner gegeben. Und noch nie standen sich dabei die gleichen Kontrahenten gegenüber wie vier Jahre zuvor.
Neue Regeln für weniger Chaos
Eins steht fest: So chaotisch wie vor vier Jahren soll es diesmal nicht zugehen. "Would you shut up, man?" - "Hältst Du mal die Klappe, Mann?", fragte der damalige Herausforderer und heutige US-Präsident, Joe Biden, entnervt, als ihm der damalige US-Präsident und heutige Herausforderer, Donald Trump, 2020 ständig ins Wort fiel.
Dass die Kontrahenten gleichzeitig reden, in regelrechte Schrei-Duelle verfallen, sollen neue Regeln diesmal verhindern. Auf jede Frage darf einer der beiden zwei Minuten lang antworten - es folgt maximal eine Minute Gegenrede. Das Mikrofon des Kandidaten, der gerade nicht an der Reihe ist, bleibt dabei ausgeschaltet.
Wirtschaftsthemen - und persönliche Angriffe
Welche Themen voraussichtlich dominieren, deutet sich in den jüngsten Wahlwerbespots beider Seiten an: "Präsident Biden hat einen Inflationsalbtraum geschaffen", heißt es im aktuellen Spot des Trump-Lagers. Alles sei teurer geworden. Dann folgt ein Redeausschnitt, in dem Biden stottert.
Auch der neueste Spot aus dem Wahlkampflager Bidens setzt auf das Thema Wirtschaft und persönlichen Angriff: "Donald Trump liebt es, Joe Biden zu attackieren. Weil er auf Rache aus ist." Und weiter heißt es: "Trump hat keinen Plan, der Mittelklasse zu helfen. Von ihm gibt es nur Steuersenkungen für die Reichen."
Vor allem Biden muss liefern
Unter Zugzwang ist beim TV-Duell vor allem Biden, meint Mara Liasson, Kommentatorin des Radiosenders NPR. Denn in den meisten Umfragen liegt bisher Trump vorn. "Biden muss zumindest aufrütteln, das Rennen neu ausrichten", sagt Liasson. "Er hat dieses TV-Duell vorgeschlagen, das früheste Duell, das es je in einem Präsidentschaftswahlkampf gegeben hat."
Biden hat schon zig Millionen Dollar für Fernsehspots gegen Donald Trump ausgegeben, und es hat nicht funktioniert. Jetzt hofft er, dass sich Trump in der Debatte als extremistisch, als chaotisch offenbart, als jemand, der nur für sich selbst und seine Milliardärs-Freunde Politik macht und der auf Rache aus ist.
Trump wirkt agiler
Marc Siegel, Kommentator des TV-Senders Fox News, ist überzeugt, dass Trump die Oberhand behält: "Er wird sein Improvisationstalent ausspielen, im Kontrast zu Bidens hölzerner Art", meint Siegel. "Biden referiert meistens vorbereitete Argumente, liest am liebsten vom Teleprompter ab. Trump tut das nie, er redet drauflos."
Dadurch wirke der 78-Jährige agiler als der mit 81 Jahren nur wenig ältere Biden. "Das ist Trumps entscheidender Vorteil. Er sagt immer selbst: Vergleicht mich mit dem anderen Typen, der von der Bühne zu fallen droht."
Keine mitgebrachten Notizen, kein Publikum
Teleprompter oder mitgebrachte Notizen wird es nicht geben im Fernsehstudio von CNN in Atlanta. Beide Kandidaten müssen mit einem Stift, einem leeren Block und einer Flasche Wasser auskommen. Es gibt auch kein Studiopublikum. Die Moderatoren Jake Tapper und Dana Bash sind mit Biden und Trump vor der Kamera allein.
Der Meinungsforscher Frank Luntz betonte bei CNN im Vorfeld, es werde nicht der die Nase vorn haben, der seine Leistungen der Vergangenheit betont, sondern der, der den besseren Plan für die Zukunft hat: "Das Argument ist: Was werde ich in den nächsten vier Jahren tun, damit ihr im Alltag besser leben könnt? Wer diesen Punkt macht, gewinnt die Debatte."
Womit noch nicht die Wahl gewonnen wäre. Bis zum 5. November kann noch viel passieren. Doch die Chance, einen neuen Vorsprung zu erzielen in diesem äußerst knappen Präsidentschaftsrennen, bietet das TV-Duell allemal.