Nach Angriff auf Trump Welche Folgen hat das Attentat auf den Wahlkampf?
Die Bilder vom Attentat auf Trump sind ein "ikonischer Moment", der die Präsidentenwahl zugunsten des Republikaners entscheiden könnte, so Experte van de Laar. Aus Trumps Partei kommen einzelne Stimmen, die Präsident Biden eine Mitschuld an dem Angriff geben.
Nach dem Attentat auf Donald Trump während einer Wahlkampfrede in Pennsylvania stellt sich auch die Frage, welche Auswirkungen der Angriff für die Präsidentenwahl am 5. November haben könnte.
Die Schüsse fielen zwei Tage vor Beginn des Nominierungsparteitags der Republikaner in Milwaukee, Wisconsin, auf dem Trump mit sehr großer Wahrscheinlichkeit erneut zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gekürt wird.
Für Julius van de Laar ist die Wahl quasi entschieden. Der Kampagnen- und Strategieberater attestiert Trump einen Instinkt, selbst so eine Situation für die entsprechenden Gesten und Worte zu nutzen. Die Bilder von Trump, wie er nach dem Attentat die Faust reckt und sich mit der Aufforderung "fight, fight, fight" ("kämpft, kämpft, kämpft") an sein Publikum richtet, seien ein "ikonischer Moment" - und wahrscheinlich wahlentscheidend, sagt van de Laar im Gespräch mit tagesschau24. Wenn Trump im November gewählt wird, sei das der Moment gewesen, "wo er schlussendlich auch Präsident geworden ist", so der Berater.
Mobilisierungseffekt für Trump?
Die Szenen nutzten Trumps Image als starker Kandidat - im Gegensatz zu Präsident Joe Biden, bei dem in den vergangene Wochen vor allem über sein Alter und seine teils wirren Auftritte diskutiert worden war. "Das unterstreicht einmal mehr den Kontrast: Stärke von Donald Trump, Schwäche von Joe Biden", so van de Laar. Trumps Botschaft sei klar: "Die können mich nicht nur nicht niederstrecken. Ich stehe auf und komme stärker zurück."
Auch aus Sicht des Terrorismusexperten Peter R. Neumann könnten die Bilder vom Attentat die Wahl entscheiden. Trump habe gleich verstanden, dass die "für ihn so bedrohliche Situation wahrscheinlich die entscheidende für den gesamten Wahlkampf sein wird", sagte der Forscher vom Londoner King's College der Zeitung Rheinische Post.
"Trump ist jetzt in den Augen seiner Anhänger der Märtyrer für die USA." Die Schüsse werden nach Einschätzung des Experten einen "Mobilisierungseffekt" für den Ex-Präsidenten haben.
Lage "aufgeheizt wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr"
Laura von Daniels von der Stiftung Wissenschaft und Politik rechnet ebenfalls damit, dass das Attentat auf Trump den Wahlkampf beeinflussen wird. "Es sieht jetzt so aus, dass die Sympathie, die er erfährt - auch als Opfer eines solchen Attentats - ihm zusätzlich Punkte im Rennen um die Präsidentschaft verschaffen könnte", sagt sie im Interview mit tagesschau24.
Von Daniels bezeichnet die Situation als "angespannt, politisch hoch brisant" und so "aufgeheizt wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr". US-Präsident Biden habe nun die schwierige Aufgabe, die innenpolitischen Gräben zu verkleinern und die Sicherheitslage zu stabilisieren, so von Daniels.
Republikaner geben Biden-Kampagne Mitschuld
Und es gibt einzelne Stimmen seitens der Republikaner, die das Attentat für den Wahlkampf zu nutzen versuchen: So gibt US-Senator J.D. Vance aus Ohio Präsident Biden die Schuld an dem Angriff auf seinen voraussichtlichen Herausforderer. Auf der Online-Plattform X schrieb er: "Die zentrale These der Biden-Kampagne ist, dass Präsident Donald Trump ein autoritärer Faschist ist, der um jeden Preis gestoppt werden muss." Diese Rhetorik habe direkt zum versuchten Attentat geführt. Vance gilt als möglicher Kandidat für eine Vizepräsidentschaft unter Trump.
Und Steve Scalise, Vorsitzender der republikanischen Fraktion im Abgeordnetenhaus, machte Trumps politischen Gegner und Medien indirekt mitverantwortlich. Sie hätten Trump zur Zielscheibe genommen und als "Bedrohung für die Demokratie" bezeichnet. Alles, was man brauche, sei eine verwirrte Person. Aber diese eine Person handele aufgrund dessen, was über Trump gesagt worden sei. Und das müsse aufhören, sagte Scalise beim Sender Fox News.
Schuldzuweisungen auch aus Moskau
Ähnliche Schuldzuweisungen kommen aus Moskau: "Wir glauben nicht, dass die aktuellen Behörden den Versuch organisiert haben, Trump zu eliminieren und umzubringen", sagte der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow zu Journalisten. Peskow ergänzte, es sei aber eine Atmosphäre in den USA geschaffen worden, in der die Schüsse möglich geworden seien.
Es habe zahlreiche Versuche gegeben, Trump aus der Politik zu entfernen - juristische Schritte sowie Bemühungen, ihn zu kompromittieren. "Es war offensichtlich für alle externen Beobachter, dass sein Leben in Gefahr war."
Der AfD-Politiker Björn Höcke schob hingegen den "Leitmedien des Westens" eine Mitverantwortung zu, weil sie Trump als "verabscheuungswürdige Person" erscheinen ließen: "Auch ihre Schwarz-Weiß-Zeichnung ist ursächlich für das heutige Attentat."
"Wir müssen die Rhetorik herunterfahren"
Der Präsident des US-Repräsentantenhauses, der Republikaner Mike Johnson, bemüht sich derweil um eine Beruhigung der Gemüter. "Wir müssen die Rhetorik herunterfahren", sagt er im Sender MSNBC. "Wir müssen die Temperatur in diesem Land herunterfahren."
Trump selbst rief zur Versöhnung auf. "Es ist wichtiger denn je, dass wir zusammenstehen", schreibt er auf der Plattform Truth Social. Zugleich versicherte Trump, er wolle standhaft bleiben "im Angesicht des Bösen". Der 78-Jährige bedankte sich außerdem für die Anteilnahme nach den Schüssen. "Gott allein" habe das Undenkbare verhindert, so Trump. Er freue sich bereits darauf, diese Woche in Wisconsin "zu unserem großartigen Land" zu sprechen.
Trump war bei dem Attentat leicht verletzt worden. Ein Zuschauer der Wahlkampfveranstaltung wurde getötet, ebenso wie der Schütze.
Mit Informationen von Katrin Brand, ARD-Studio Washington.