Rauch von Waldbränden in Kanada Dicke Luft jetzt auch in Washington
Der Rauch der Waldbrände in Kanada sorgt weiter für schlechte Luft in den USA. Mehr als 100 Millionen Menschen leiden seit Tagen unter erhöhter Feinstaubbelastung. Nach New York ist nun auch Washington betroffen.
Etwa 100 Umweltschützer - viele mit Maske - protestieren am Donnerstagnachmittag vor dem Weißen Haus: Der Obelisk, ein Wahrzeichen der Stadt, nur ein paar hundert Meter hinter den Demonstranten, liegt verborgen hinter einem gespenstisch gelblichen Dunstschleier. Jonathan aus Tennessee ist eigentlich da, um gegen eine umstrittene Pipeline zu demonstrieren, die die Biden-Regierung genehmigt hat: "Die Waldbrände sind hunderte Meilen entfernt, in Kanada. Und sie sorgen dafür, dass die Luft sich hier so anfühlt, als ob man Zigarettenqualm atmet. Das ist natürlich furchtbar. Und nicht normal. Aber ich hoffe auch, dass es ein Weckruf ist."
Baseballspiel verschoben, Zoo bleibt zu
Es herrscht "Code Purple" in der Stadt, "Code Lila" - das bedeutet "ungesund" und ist die zweithöchste Alarmstufe, was die Feinstaubbelastung betrifft. Auch Washingtons Bürgermeisterin Muriel Bowser muss diese Begriffe erstmal lernen: "Als sie mir gesagt haben, es herrscht 'Code Lila', habe ich gedacht, es ist besser geworden. Wir kennen nicht mal die Begriffe, um diese Art von Luftqualität zu verstehen. Noch nie war sie so schlecht."
Spiel- und Sportplätze werden geschlossen, die Müllabfuhr stellt für diesen Tag die Leerungen ein. Die "Nationals", das Major-League-Baseball-Team, verschieben ihr abendliches Spiel. Der Zoo bleibt dicht. Dazu die immer wieder gleiche Warnung an die Bewohner: Nur wer unbedingt muss, soll vor die Tür. Und auch das nur kurz und mit Maske.
Auswirkungen auch auf Terminplan des Präsidenten
Auch für den Präsidenten ändert der Qualm den Kalender: Eine Abendveranstaltung auf dem Südrasen wird aufs Wochenende geschoben. Bei einer Pressekonferenz mit Großbritanniens Premier Sunak ist für Joe Biden die dicke Luft das erste Thema: "Hört auf die Hinweise Eurer Anführer in Euren Bundesstaaten und Kommunen. Achtet aufeinander!"
Entlang der Ostküste, von den Großen Seen im Mittleren Westen bis in den Süden nach Georgia: Insgesamt 100 Millionen Menschen leiden unter der mit Feinstaub belasteten Luft, manche schon seit Dienstag. Die Flugaufsichtsbehörde drosselt wegen schlechter Sicht die Zahl der Flüge nach Philadelphia und New York.
Entspannung, aber keine Entwarnung in New York
Am Donnerstag entspannte sich die Situation in New York leicht, trotzdem warnt Gouverneurin Kathy Hochul, es sei noch nicht vorbei und sie lässt eine Million Masken bereitstellen. "Es ist ein bisschen, wie an einem Lagerfeuer zu sitzen, zu dem ich gar nicht wollte. Und es gibt noch nicht mal gegrillte Marshmallows", scherzt eine Passantin im Sender CNN.
Aber für viele Amerikaner, vor allem Senioren, Kinder und Menschen mit Vorerkrankungen, sei der Rauch gar nicht lustig, so Umweltexperte Peter DeCarlo von der Johns Hopkins Universität im Sender PBS: "Den Kontakt mit diesen Schmutzpartikeln kann man nicht rückgängig machen. Sie sind hundertmal kleiner als Haaresbreite. Wenn man sie einatmet, gelangen sie in alle Teile unseres Körpers. Ins Blut, sogar ins Gehirn", warnt DeCarlo.
Meteorologen rechnen mit Erleichterung am Wochenende
Am Wochenende, so die Prognose der Meteorologen, könnte sich der Rauch über den USA für dieses Mal verzogen haben. Aber in Kanada lodern mehr als 400 Waldbrände weiter. Und Klimaforscher warnen, dass sich solche Phänomene in Zukunft häufen werden.