Kämpfe in der Ukraine Amnesty wirft Russland Kriegsverbrechen vor
Amnesty International hat russische Kriegsverbrechen in der Ukraine angeprangert. Es würden "wahllos" zivile Ziele angegriffen. Die internationale Staatengemeinschaft schaue zu oft weg, so die Menschenrechtsorganisation.
Amnesty International hat Russland "eine eklatante Verletzung des Völkerrechts" in der Ukraine vorgeworfen. Die Menschenrechtsorganisation habe "wahllose Angriffe auf Krankenhäuser, Wohngebiete und Kindergärten sowie den Einsatz verbotener Streumunition belegt", erklärte Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, anlässlich der Vorstellung des Jahresberichts der Organisation. Dabei handele es sich um Kriegsverbrechen.
Amnesty warf der internationalen Staatengemeinschaft in dem Jahresbericht, der die Menschenrechtslage in 154 Staaten dokumentiert, eine unzureichende Reaktion auf Konflikte weltweit vor. Es herrsche ein Klima, "in dem Verletzungen des humanitären Völkerrechts und schwerste Menschenrechtsverletzungen nicht durch ein konsequentes Eintreten der internationalen Staatengemeinschaft sanktioniert wurden - nicht im Jemen, in Syrien oder auf dem afrikanischen Kontinent."
"Russischer Angriff die Spitze des Eisberges"
"Die Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft auf viele Konfliktherde weltweit war auch im letzten Jahr meistens unzureichend oder zu zögerlich", kritisierte Beeko. Aufgrund wirtschaftlicher oder machtpolitischer Interessen hätten es die Staaten oft vermieden, frühzeitig und konsequent auf die Einhaltung von Völker- und Menschenrecht zu dringen.
"In diesem Sinne ist der völkerrechtswidrige russische Angriff auf die Ukraine die Spitze eines Eisbergs", so Beeko.
Amnesty verwies zudem auf weltweit zunehmende Repressionen gegen kritische Stimmen. Dazu zählten Einschränkungen der Meinungs-, Vereinigungs- oder Versammlungsfreiheit oder Inhaftierungen, Verschwindenlassen bis hin zu Tötungen von Menschenrechtsaktivisten.
Lob für Flüchtlingsaufnahme
"Das Verhalten der russischen Regierung zeigt aufs Dramatischste die Folgen eines solchen weltweit verbreiteten Wegduckens", erklärte Beeko. Die Menschenrechtsorganisation lobte jedoch die rasche Reaktion der EU und Deutschlands auf die Fluchtbewegung im Zuge des Ukraine-Kriegs. Diese sei mit mehr als 3,8 Millionen Menschen die größte seit dem Zweiten Weltkrieg.
Beeko mahnte jedoch, Flüchtlinge aus anderen Regionen nicht zu vergessen. Flüchtenden aus dem Nahen Osten und anderen Regionen der Welt schlage weiter vielerorts ein hohes Maß an Ablehnung entgegen, erklärte Amnesty. Ihnen werde an den EU-Außengrenzen rechtswidrig und mit Gewalt der Zugang zu ihnen völkerrechtsmäßig zustehenden Asylverfahren verwehrt.
So dokumentierte die Organisation auch 2021 Misshandlungen und rechtswidrige Push-Backs - unter anderem durch griechische Grenzbeamte, an der kroatisch-bosnischen und der polnisch-belarusischen Grenze. Allein an der belarusischen Grenze zu Polen, Lettland und Litauen wurden 2021 demnach über 40.000 Menschen zurückgetrieben.
Die US-Behörden hätten im vergangenen Jahr zudem fast 1,5 Millionen Flüchtlinge an der Grenze zwischen den USA und Mexiko unrechtmäßig zurückgewiesen, darunter Zehntausende unbegleitete Kinder.
Kritik an fehlender Impfgerechtigkeit
In ihrem Jahresbericht kritisierte die Menschenrechtsorganisation überdies eine fehlende Impfgerechtigkeit bei der weltweiten Bekämpfung der Corona-Pandemie: "Während in der EU mehr als 70 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft sind, warten die Menschen in vielen Teilen des globalen Südens noch immer auf ihre erste Impfung", sagte Beeko. So seien von den 1,2 Milliarden Menschen auf dem afrikanischen Kontinent Ende 2021 nicht einmal acht Prozent geimpft gewesen.
Die Menschenrechtsorganisation hält Politikern aus Industriestaaten deshalb Heuchelei vor. Westliche Staaten hätten beim Rennen um Impfstoffe mit Großunternehmen gemeinsame Sache gemacht und so die Ungleichheit zwischen armen und reichen Ländern verschärft. Während Pharmakonzerne enorme Profite verzeichnet hätten, hätten die USA oder europäische Industriestaaten Impfstoffe gehortet.