Vorsätzlicher Regelbruch Israelischer Minister provoziert mit Gebet auf Tempelberg
Israels rechtsextremer Sicherheitsminister Ben-Gvir hat mit etwa 2.000 Juden auf dem Tempelberg in Jerusalem gebetet und die israelische Flagge gehisst. Regierungschef Netanyahu sah sich im Anschluss genötigt, den Minister öffentlich zurechtzuweisen.
Der rechtsextreme israelische Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir hat erneut mit einem Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem provoziert. Dabei forderte er, jüdisches Gebet an dem Ort zuzulassen und hisste die israelische Flagge.
In einem vor Ort gedrehten und auf X veröffentlichten Video sprach Ben-Gvir sich zudem erneut gegen Verhandlungen mit der Hamas über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sowie die Freilassung der noch im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln aus.
Netanyahu: Von Vereinbarungen abgewichen
Laut Videobotschaft kam Ben-Gvir anlässlich des jüdischen Fasten- und Trauertags Tischa beAv, an dem religiöse Juden die Zerstörung der beiden antiken Tempel in Jerusalem betrauern. Israelischen Medien zufolge kamen etwa 2.000 Juden auf den Tempelberg. Die für die Verwaltung des Geländes zuständige jordanische Waqf-Stiftung erklärte, am Morgen "beteten, tanzten und hissten etwa 2.250 Juden die israelische Flagge".
Ben-Gvir scheint seinen Besuch indes nicht mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu abgesprochen zu haben - denn der ging öffentlich auf Distanz zu seinem Polizeiminister: Ben-Gvir sei auf dem Tempelberg mit seiner Forderung, wonach an der Stätte wieder jüdisches Gebet zugelassen werden sollte, von den Vereinbarungen rund um deren Verwaltung "abgewichen", hieß es in einer Erklärung aus dem Büro Netanyahus. Die Regierung und der Ministerpräsident legten die Politik auf dem Tempelberg fest. Eine Privatpolitik eines bestimmten Ministers gebe es nicht.
Vereinbarung verbietet Juden das Beten
Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Der Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist.
Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten. Dagegen gibt es jedoch immer wieder Verstöße. Ben-Gvir hatte die Vereinbarung mit den muslimischen Behörden in der Vergangenheit als "rassistisch" und Diskriminierung von Juden kritisiert. Die Palästinenser befürchten, Israel wolle seine Kontrolle der heiligen Stätte ausweiten.
Kritik aus muslimischen Ländern und von der Opposition
Die Palästinensische Autonomiebehörde verurteilte das Vorgehen. Auch aus Ägypten kam Kritik an der "verantwortungslosen und provokativen" Aktion. Jordaniens Außenministerium sprach von anhaltenden Verstößen gegen den Status quo auf dem Tempelberg.
Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu teilte nach Ben-Gvirs Besuch mit, dass Israels Politik sich auf dem Tempelberg nicht geändert habe. "Es gibt keine Privatpolitik eines Ministers." Oppositionsführer Jair Lapid kritisierte Ben-Gvirs "Wahlkampf auf dem Tempelberg", der im Widerspruch zur Position der Sicherheitskräfte des Landes stehe und Leben gefährde. Er sprach von einer "Gruppe verantwortungsloser Extremisten" innerhalb der Regierung.
Ben-Gvir hatte bereits im Juli ein provokantes Video veröffentlicht, auf dem er bei einem Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem zu sehen ist. "Ich bin an den wichtigsten Ort des jüdischen Volkes gekommen, um für die Geiseln zu beten, dass sie nach Hause kommen, aber nicht durch eine Kapitulationsvereinbarung", sagte Ben-Gvir in der Aufnahme, die ihn vor dem Felsendom zeigt.