Internationale Beziehungen Nutzt China die Trump-Wahl für eine Charme-Offensive?
Ob G20 oder APEC - China hatte sich von internationalen Formaten abgewendet, bei denen die USA etwas zu sagen haben. Doch in der Wahl von Trump könnte Peking eine Chance für neue Allianzen mit bisherigen US-Verbündeten sehen.
In Lima in Peru findet derzeit der APEC-Gipfel statt, das Treffen der Staats- und Regierungschefs der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft. Nächste Woche treffen sich in Rio die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, die G20.
Dass Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping an den beiden Gipfeln teilnehmen würde, war erwartet worden. Dennoch kam zuletzt immer wieder die Frage auf, welches Interesse China noch an G20 und APEC hat - Formate, an denen auch die USA und andere liberale Demokratien beteiligt sind.
China setzt auf Organisationen ohne US-Beteiligung
Im vergangenem Jahr hatte Xi gar nicht erst am G20-Gipfel teilgenommen - ohne Begründung. Gleichzeitig setzt Chinas Führung verstärkt auf lose Staatenbündnisse mit anderen Schwellen- und Entwicklungsländern, an denen die USA nicht beteiligt sind.
So hat die Staats- und Parteiführung in Peking sich zuletzt dafür eingesetzt, dass das BRICS-Bündnis wächst. Auch die von China dominierte Shanghai Cooperation Organisation SCO hat erst kürzlich mit Iran und Belarus zwei weitere autokratisch regierte Staaten aufgenommen. Darüber hinaus nimmt Chinas Führung Einfluss über das Infrastrukturprojekt Belt and Road, auch Neue Seidenstraße genannt.
Versuch, neue Weltordnung aufzubauen
Analysten im Ausland deuten das als systematischen Versuch, eine Weltordnung abseits des Einflusses der USA aufzubauen. Wang Huiyao, Gründer des regierungsnahen Thinktanks Center for China and Globalization, streitet das ab.
Chinas Führung sehe sich anderweitig um, weil bestehende Formate politisiert würden. Es ist ein Vorwurf, den die kommunistische Führung regelmäßig erhebt. Die G7 etwa beschlössen stets politische Statements, China werde dauernd kritisiert.
"Und G20 hat auch die Tendenz, polarisiert zu werden oder eine starke ideologische Agenda zu verfolgen", meint Wang. "Ich denke, China baut nicht extra alternative Strukturen auf, die Volksrepublik will nur ihren wirtschaftlichen Fokus beibehalten. China möchte weiter Teil der G20 sein. Lasst uns also eine eher wirtschaftliche Agenda verfolgen statt einer politischen."
Weitet China Charme-Offensive aus?
Sollte der künftige US-Präsident Donald Trump seine Drohungen gegenüber China wahr machen und das Land mit weitreichenden Sanktionen und hohen Zöllen bestrafen, könnte die Staats- und Parteiführung in Peking versuchen, enger mit bisherigen US-Verbündeten zusammenzuarbeiten.
Bereits in den vergangenen Monaten ist die Volksrepublik weniger konfrontativ aufgetreten als in den Jahren zuvor. Der China-Analyst Scott Kennedy vom US-Thinktank Center for Strategic and International Studies geht davon aus, dass die kommunistische Führung ihre Charme-Offensive nun ausweitet.
Versuch, "Länder von ihren engeren Beziehungen zu den USA abzubringen"
"China könnte Zugeständnisse beim Marktzugang machen, in der Industriepolitik und bei Positionen zu verschiedenen Sicherheits- und diplomatischen Fragen. So könnte die Führung versuchen, Länder von ihren engeren Beziehungen zu den USA abzubringen", meint Kennedy.
"Helfen würde den Chinesen dabei, wenn die Trump-Regierung tatsächlich flächendeckende Zölle von zehn Prozent für alle Einfuhren erheben und ihre Forderungen erneuern würde, dass US-Verbündete ihre Verteidigungsausgaben radikal erhöhen müssen, um unter dem amerikanischen Sicherheitsschirm zu bleiben", so der China-Experte.
Kennedy geht davon aus, dass diese Art der verstärkten Annäherung durch China schon auf dem APEC-Gipfel in Lima und dann beim darauf folgenden G20-Gipfel zu beobachten sein wird.