Trauer um Ex-Regierungschef China nimmt Abschied von Li Keqiang
Knapp eine Woche nach dem plötzlichen Tod von Li Keqiang nimmt China Abschied vom ehemaligen Ministerpräsidenten. In den vergangenen Tagen gab es im chinesischen Netz öffentliche Beileidsbekundungen - die teilweise zensiert wurden.
Am Morgen wurde auf dem Tiananmen-Platz im Herzen der chinesischen Hauptstadt Peking die Nationalflagge auf halbmast gesenkt. Alle führenden Vertreter der Kommunistischen Partei haben sich nach Medienberichten vor der Einäscherung von Li Keqiang von ihm verabschiedet. Eine öffentliche Trauerfeier ist in China bei verstorbenen Ministerpräsidenten in der Regel nicht üblich.
Li Keqiang war im März dieses Jahres nach einer Amtszeit von zehn Jahren als Ministerpräsident in den Ruhestand gegangen. Er starb überraschend am vergangenen Freitag im Alter von 68 Jahren an einem Herzinfarkt in Shanghai. In den vergangenen Tagen sprachen zahlreiche Menschen in den chinesischen sozialen Medien ihr Beileid aus. Li galt neben dem distanzierten und unnahbar erscheinenden Staats- und Parteichef Xi Jinping als besonders volksnah.
Trauer um ehemaligen Ministerpräsidenten
Die Internetnutzer erinnerten sich zum Beispiel, dass Li sich auch für die weniger Privilegierten im Land einsetzte und im Jahr 2020 ansprach, dass viele Menschen in Armut lebten. Er äußerte sich damit entgegen der offiziellen Staatslinie, wonach immer wieder betont wird, wie viele Millionen Menschen bereits aus der Armut befreit worden seien:
"China ist ein Entwicklungsland mit einer großen Bevölkerung. Das jährlich verfügbare Pro-Kopf-Einkommen in China beträgt 30.000 Yuan, aber es gibt 600 Millionen Menschen mit einem Monatseinkommen von 1.000 Yuan", so Li. Das sind umgerechnet 130 Euro. Das reiche nicht einmal aus, um ein Zimmer in einer mittelgroßen chinesischen Stadt zu mieten, so der ehemalige Ministerpräsident
Blumen für Li Keqiang
In seiner Geburtstadt Hefei im südostchinesischen Landesteil Anhui haben am Tag nach seinem Tod viele Menschen Blumen vor dem Haus niedergelegt, in dem Li seine Kindheit verbracht hat. Auch in Shanghai, wo Li Keqiang, starb, trauerten Menschen.
Ma Congcong, ein 18-jähriger Student in Shanghai sagte: "Ich war sehr traurig, denn schließlich war er noch sehr jung. Ich hatte das Gefühl, dass das Land gerade eine hervorragende Führungspersönlichkeit verloren hat. Auch meine Familie war sehr traurig. Auch meine Mutter und mein Vater haben Li Keqiang sehr gemocht."
"Schade, dass du es es nicht warst"
Beobachter sahen in der öffentlichen Trauer wegen möglicher Proteste auch eine Herausforderung für die regierende Kommunistische Partei. In den chinesischen Online-Netzwerken wurden Videos und Beiträge zensiert, welche Lis reformistische und privatwirtschaftliche Einstellungen zeigten, die Staats- und Parteichef Xi Jinping im Vergleich unvorteilhaft dastehen lassen könnten.
Im chinesischen Online-Netzwerk "Weibo" wurde der Suchbegriff "Kexi bu shi ni" blockiert. Das ist ein Lied, das übersetzt so viel heißt wie: "Schade, dass du es es nicht warst". Die Zensurbehörden hatten scheinbar die Befürchtung, dass das auf Staats- und Parteichef Xi Jinping bezogen sein könnte. Auch nach dem Tod anderer Politiker weltweit hatten Internetnutzer in den vergangenen Jahren dieses Lied gepostet.
Die Nummer Zwei nach Xi
Der an der Universität in Peking promovierte Wirtschaftswissenschaftler Li Keqiang galt einst als Spitzenkandidat für die Führung der Kommunistischen Partei, wurde dann aber von Xi Jinping zunehmend ins Abseits gedrängt. Als Xi Staats- und Parteichef wurde, blieb für Li das Amt des Ministerpräsidenten - die Nummer Zwei an der Spitze der Kommunistischen Partei.