Durchbruch in Dubai UN-Klimakonferenz einigt sich auf Schlussdokument
Erstmals ruft die Weltgemeinschaft bei einer UN-Klimakonferenz zur Abkehr von fossilen Brennstoffen auf. Der zuvor von mehr als 100 Staaten geforderte klare Ausstieg kommt in dem in Dubai verabschiedeten Abschlusstext aber nicht vor.
Die Weltklimakonferenz in Dubai (COP28) hat sich auf eine Abschlusserklärung geeinigt. Erstmals wird darin zur Abkehr von fossilen Brennstoffen aufgerufen.
Konferenzpräsident Sultan Ahmed al-Jaber sprach von einem "historischen Paket". Es sei ein robuster Aktionsplan, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten. Gemeint ist das 2015 international vereinbarte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Dies hatten viele Klima-Experten und Umweltschützer zuvor in Zweifel gezogen.
Mit dem Kompromissbeschluss hätten die Verhandler "Flexibilität" bewiesen und "die gemeinsamen Interessen vor Eigeninteressen" gestellt, sagte al-Jaber weiter.
Abkehr von fossilen Brennstoffen
Der Text ruft zu einer Verdreifachung der weltweiten Kapazitäten an erneuerbaren Energien bis 2030 und einer Verdopplung der Energieeffizienz im gleichen Zeitraum auf. Er enthält aber auch Verweise auf "Übergangsenergien" wie Erdgas und die umstrittenen Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO2.
In dem 21-Seiten-Papier werden die Staaten aufgefordert, sich von fossilen Brennstoffen in ihren Energiesystemen abzuwenden. Mehr als 100 Staaten hatten zuvor eine weitergehende Formulierung gefordert, nämlich einen Ausstieg ("Phase out"). Dies wird nun nicht explizit erwähnt.
Der Text der Konferenz-Präsidentschaft aus den Vereinigten Arabischen Emiraten war am Morgen veröffentlicht und bereits wenige Stunden später im Plenum angenommen worden.
Guterres begrüßt Beschluss
UN-Generalsekretär António Guterres reagierte verhalten auf den Beschluss. "Die Wissenschaft sagt uns, dass eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad ohne den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unmöglich ist. Dies wurde auch von einer wachsenden und breiten Koalition von Ländern auf der COP28 anerkannt", schrieb Guterres auf X. "Das Zeitalter fossiler Brennstoffe muss enden - und es muss mit Gerechtigkeit enden."
UN-Klimachef Simon Stiell würdigte den Beschluss als Schritt in die richtige Richtung - der aber nicht ganz ausreiche. Das Treffen habe ein Signal setzen müssen, um dem zentralen Klimaproblem der Menschheit ein hartes Stoppzeichen zu setzen, den fossilen Brennstoffen und deren Verschmutzung, die den Planeten verbrennt, sagte er. "Auch wenn wir das Zeitalter der fossilen Brennstoffe in Dubai nicht beendet haben, ist dieses Ergebnis der Anfang vom Ende."
Zugleich verwies er nach den hitzigen Debatten der vergangenen zwei Wochen auf die Schwierigkeit, unter allen Regierungen Konsens herzustellen. Alle Parteien müssten sich über jedes Wort, jedes Komma, jeden Punkt einigen. "Das ist nicht einfach, überhaupt nicht einfach."
Bundesregierung stellt sich hinter Beschluss
Die Bundesregierung stellte sich ausdrücklich hinter den Beschluss. Außenministerin Annalena Baerbock falle ein "riesiger Stein vom Herzen", hieß es aus der deutschen Delegation. "Große Freude in der deutschen Delegation und bei der Außenministerin, dass die Welt das Ende des fossilen Zeitalters beschlossen hat."
Die EU äußerte sich zufrieden. "Zum ersten Mal nach 30 Jahren könnten wir jetzt den Anfang vom Ende der fossilen Energieträger erreichen", sagte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra. Umwelt- und Entwicklungsorganisationen bezeichneten die Einigung als deutliche Verbesserung im Vergleich zu dem vorherigen vagen Entwurf und als "wichtiges Signal", kritisierten sie aber als nicht ausreichend.
Die französische Energiewende-Ministerin Agnès Pannier-Runacher sprach von einem "Sieg des Multilateralismus und der Klimadiplomatie".
US-Klimabeauftragter wünscht sich klarere Formulierungen
Der US-Klimabeauftragte John Kerry zeigte sich sich zufrieden und dankbar über den Beschluss - auch wenn sich seine Regierung klarere Formulierungen im Abschlusstext gewünscht hätte. Doch angesichts der Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen sowie anderer Herausforderungen rund um den Globus seien die knapp 200 Staaten im Geiste des Multilateralismus zusammengekommen und hätten versucht, das Gemeinwohl zu definieren. "Das ist das Schwierigste in der Diplomatie. Es ist das Schwierigste in der Politik", sagte er in Dubai.
Kerry kündigte zusammen mit der chinesischen Delegation an, dass beide Staaten ihre langfristigen Klimaschutzstrategien erneut aktualisieren wollen. China und die USA sind die beiden größten Verursacher klimaschädlicher Treibhausgase.
Inselstaaten fühlen sich übergangen
Die besonders vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Inselstaaten fühlen hingegen übergangen. Eine Vertreterin Samoas sagte vor dem Plenum in Dubai, die Gruppe der Inselstaaten habe sich noch koordinieren müssen und sei nicht rechtzeitig im Raum gewesen, um Stellung zu beziehen.
"Wir können nicht auf unsere Inseln zurückkehren mit der Botschaft, dass dieser Prozess uns betrogen hat", sagte die Vertreterin Samoas. "Die Kurskorrektur, die wir brauchten, ist nicht erreicht worden."
Verlängerung wegen Streits über Öl, Gas und Kohle
Der Gipfel war unter anderem wegen des Streits über einen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle in die Verlängerung gegangen. Die Konferenz hatte eigentlich bereits am Dienstag enden sollen.
Der Beschlussentwurf, den die emiratische COP-Präsidentschaft am Montag zunächst vorgelegt hatte, war aber bei einer großen Mehrheit, darunter der EU, auf Ablehnung gestoßen. Er hatte nur eine "Verringerung" der Förderung und Nutzung der Fossilen vorgesehen.