COP28 in Dubai Ölkonzern-Chef soll Klimagipfel leiten
Ab November wird in den Vereinigten Arabischen Emiraten die UN-Klimakonferenz COP28 abgehalten. Nach dem Willen des Gastgebers soll ausgerechnet der Chef des staatlichen Ölkonzerns den Gipfel leiten. Umweltschützer kritisieren die Personalie.
Auf der nächsten UN-Klimakonferenz in Dubai wollen Vertreter aus aller Welt darüber diskutieren, wie die Erderwärmung verlangsamt werden kann. Nun haben die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) als Gastgeber bekannt gegeben, wer Präsident des COP28-Gipfels werden soll: der Chef der nationalen Ölgesellschaft ADNOC, Sultan Ahmed al Dschabir.
Er gilt als ein Vertrauter von Präsident Scheich Mohammed bin Sajid Al Nahjan und ist zugleich Industrieminister der Emirate und deren Sonderbeauftragter für den Klimawandel. Al Dschabir habe über zwei Jahrzehnte Erfahrung als Geschäftsführer und in führenden Regierungspositionen gesammelt, schreibt die staatliche Nachrichtenagentur WAM.
"Entscheidendes Jahrzehnt beim Kampf für das Klima"
"Dies wird ein entscheidendes Jahr sein in einem entscheidenden Jahrzehnt beim Kampf für das Klima", sagte al Dschabir zu seiner Ernennung. "Wir werden einen pragmatischen, realistischen und lösungsorientierten Ansatz einbringen, der transformative Fortschritte für das Klima und ein kohlenstoffarmes Wirtschaftswachstum ermöglicht", versprach er in einer Regierungsmitteilung.
Er sei der "festen Überzeugung, dass der Klimaschutz heute eine immense wirtschaftliche Chance für Investitionen in nachhaltiges Wachstum" darstelle, sagte al Dschabir. Die Finanzierung sei der Schlüssel, der Klimaschutzmaßnahmen ermögliche, fügte al Dschabir hinzu.
Erfahrungen im Ölgeschäft und bei erneuerbaren Energien
Der Technokrat sammelte in der Vergangenheit nicht nur Erfahrung im Ölgeschäft, sondern auch im Bereich der erneuerbaren Energien. Einst leitete er eine Initiative für den Bau einer autolosen, "klimaneutralen" Stadt am Rande von Abu Dhabi. Das ehrgeizige Projekt wurde letztlich zurückgefahren, als die Emirate ab 2008 besonders hart von der globalen Finanzkrise getroffen wurden.
Noch heute fungiert al Dschabir jedoch als Vorsitzender von Masdar, einem auf saubere Energien spezialisierten Unternehmen, das aus dem Öko-Vorhaben erwuchs und nun in mehr als 40 Ländern aktiv ist. Die Emirate zählen zu den zehn größten Ölproduzenten der Welt. Dort eröffnet am 30. November in der Metropole Dubai die Weltklimakonferenz COP28. Erwartet werden rund 70.000 Teilnehmer.
Umweltschützer sehen Fortschritte in Gefahr
Die Berufung al Dschabirs zum Präsidenten der Klimakonferenz in Dubai zeigt aus Sicht von Beobachtern den Balanceakt den die erdölproduzierenden Emirate im Hinblick auf die Erwartungen an das Treffen leisten müssen. Die Vereinten Nationen erhoffen sich Impulse für eine Begrenzung des Kohlendioxid-Ausstoßes, allerdings durch mit der Erdölförderung in Abu Dhabi CO2 freigesetzt.
Umweltschützer kritisierten die Ernennung des Chefs der Ölgesellschaft und warnten, dass dadurch Fortschritte im Kampf gegen die Erderwärmung verlangsamt werden könnten. Die großen Ölfirmen hätten bei den Klimaverhandlungen unter dem Dach der UN nun endgültig ihre Hände mit im Spiel, twitterte der Professor für Klimawandel vom University College London, Mark Maslin.
Einigung auf Klima-Fond
Die UN-Klimakonferenz COP27 im ägyptischen Scharm el-Scheich war im November 2022 nach zähem Ringen zu Ende gegangen. Deren wichtigster Erfolg war die in der in der Abschlusserklärung festgehaltene Weichenstellung für einen Fonds zum Ausgleich klimabedingter Schäden. Bei der dringend notwendigen Verringerung des Treibhausgasausstoßes gab es jedoch kaum Fortschritte.
Bei dem Treffen in Ägypten waren laut der Umweltorganisation Global Witness und des Corporate Europe Observatory zufolge mehr als 600 Lobbyisten für Öl, Gas und Kohle registriert. Die Emirate hatten bei der COP27 mit mehr als 1000 Delegierten die meisten Teilnehmer angemeldet. Global Witness stufte 70 davon als Öl-Lobbyisten ein.