Ein Ladenbesitzer sitzt in seinem Geschäft auf dem Markt in der Altstadt von Damaskus.

Nach Sturz von Diktator Assad EU kündigt Lockerung der Syrien-Sanktionen an

Stand: 27.01.2025 20:26 Uhr

Die Außenminister der EU wollen mit gelockerten Sanktionen den Wiederaufbau in Syrien unterstützen. Zugleich betonen sie, die Lage weiter zu beobachten.

Die Europäische Union plant eine schrittweise Lockerung von Sanktionen gegen Syrien. Darauf haben sich die Außenminister der EU-Staaten nach dem Sturz von Diktator Baschar al-Assad geeinigt. Das bei einem Treffen in Brüssel vereinbarte Vorgehen sieht vor, den neuen Machthabern Anreize zu geben, eine Demokratie in Syrien aufzubauen. Dabei besteht auch die Hoffnung, dass Hunderttausende syrische Flüchtlinge in der EU eines Tages in ihre Heimat zurückkehren können.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas, die Lockerungen sollten den Wiederaufbau erleichtern und dem Land helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Zugleich betonte sie, der Plan beinhalte auch, Lockerungen wieder rückgängig zu machen, wenn die neuen Machthaber Schritte einleiten, die aus EU-Sicht in die "falsche Richtung" gehen.

Lockerungen in den Bereichen Energie, Verkehr und Finanzen

Nach Angaben des französischen Außenministers Jean-Noël Barrot sollen Strafmaßnahmen gegen den Energiesektor, das Verkehrswesen und Finanzinstitutionen aufgehoben werden. Kallas stellte zudem die Wiedereröffnung der EU-Vertretung in Damaskus in Aussicht.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprach von einer guten Nachricht für die Menschen in Syrien, aber auch für die Europäerinnen und Europäer. Deutschland wird ihren Angaben zufolge weitere drei Millionen Euro für die Arbeit des UN-Hochkommissars für Menschenrechte in Syrien bereitstellen. "Wir wollen, dass die Menschen in Syrien wieder Strom haben, dass sie die Wirtschaft wieder auf die Beine bringen können", sagte sie.

Baerbock: "Kein Blankoscheck"

Zugleich betonte Baerbock, die Lockerung von Sanktionen sei "kein Blankoscheck" für die neue islamistische Führung unter der HTS-Miliz. Die EU werde auch kein Geldgeber "für neue extremistische, terroristische oder islamistische Strukturen" sein. Das Waffenembargo gegen das Land will die EU nach Brüsseler Angaben in jedem Fall aufrecht erhalten.

Als ein Beispiel für ein Unternehmen, das von Sanktionslockerungen profitieren könnte, nannte Baerbock ein Siemens-Kraftwerk zur Stromerzeugung, das wegen der Strafmaßnahmen seit Jahren nicht mehr mit Unterstützung aus Deutschland gewartet werden konnte.

Ölindustrie im Fokus der Sanktionen

Die EU hatte ab 2011 als Reaktion auf das gewaltsame Vorgehen der Regierung von Assad gegen die Zivilbevölkerung Sanktionen gegen Syrien verhängt. Diese richteten sich auch gegen Wirtschaftssektoren, von denen der Machtzirkel um Assad profitierte. 

Zu den EU-Maßnahmen zählt ein Verbot von Investitionen in die syrische Ölindustrie und in Unternehmen, die an der Errichtung von Kraftwerken zur Stromerzeugung in Syrien beteiligt sind. Zudem umfasst das Sanktionspaket ein Einfuhrverbot für Rohöl aus Syrien sowie weitere Ausfuhrbeschränkungen. Auch die syrische Fluggesellschaft Syrian Arab Airlines unterliegt Sanktionen.

Verschlechtert sich das politische Klima in Syrien, können die EU-Sanktionen dem Beschluss zufolge automatisch wieder eingesetzt werden. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete zuletzt von zahlreichen Opfern von mutmaßlichen Racheakten unter ehemaligen Assad-Anhängern.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. Januar 2025 um 20:00 Uhr.