Premier Netanyahu unter Druck Minister Gantz will Neuwahl in Israel
Der derzeit in Umfragen führende israelische Minister Gantz hat vorgezogene Wahlen gefordert. Dies sei nötig, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Regierung wiederherzustellen - so die Argumentation des Ex-Verteidigungsministers.
Israels Premier Benjamin Netanyahu steht derzeit innenpolitisch enorm unter Druck. Nun hat der frühere Verteidigungsminister Benny Gantz eine Neuwahl gefordert. Diese sei nötig, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Regierung wiederherzustellen, sagte Gantz auf einer Pressekonferenz.
Die Wahl solle im September stattfinden - also zwei Jahre früher als vorgesehen. Dann bliebe Zeit, den Krieg gegen die Hamas fortzuführen, "während man die Bürger wissen lässt, dass wir bald das Vertrauen zwischen uns erneuern und eine Kluft im Volk verhindern".
Netanyahu lehnt Neuwahlen ab
Gantz rief Ministerpräsident Benjamin Netanyahu auf, in seine Forderung nach einer Neuwahl einzuwilligen. Allerdings hat der Regierungschef wiederholt Rufe nach seinem Rücktritt oder Neuwahlen als Konsequenz aus dem von der Hamas angeführten Terrorangriff auf den Süden Israels am 7. Oktober vehement zurückgewiesen.
Seit dem 7. Oktober sind Netanyahus Beliebtheitswerte abgestürzt, in der Gunst der Wähler liegt er Umfragen zufolge weit hinter Gantz. Netanyahus konservative Likud-Partei warf Gantz mit Blick auf dessen Forderung nach einer Neuwahl eine "kleinkarierte Politik" vor. Ein Wahlkampf würde das Land lähmen und der Militäroffensive gegen die Hamas schaden, erklärte die Partei.
Abend für Abend Proteste
Für die Ausrufung von Neuwahlen wäre eine absolute Mehrheit von 61 der 120 Knesset-Abgeordneten nötig. Netanyahus nationalkonservative Likud-Partei hatte bei den bisher letzten Wahlen im Dezember 2022 32 Sitze erhalten. Gantz war nach dem Großangriff der Hamas einer nationalen Einheitsregierung unter Führung Netanyahus beigetreten.
In den vergangenen Tagen waren Abend für Abend mehrere Tausend Menschen in Tel Aviv und Jerusalem für seinen Rücktritt auf die Straße gegangen, erstmals schlossen sich bei den Protesten Regierungsgegner und Angehörige der von der Hamas und anderen Islamisten in den Gazastreifen verschleppten Geiseln zusammen.
Zuspruch aus den USA
In den USA begrüßte Chuck Schumer, Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Gantz' Aufruf. "Wenn ein prominentes Mitglied des israelischen Kriegskabinetts zu vorgezogenen Wahlen aufruft und 70 Prozent der israelischen Bevölkerung dies laut einer großen Umfrage befürworten, weiß man, dass es das Richtige ist", schrieb Schumer im Online-Dienst X. Schumer, der ranghöchste jüdische Mandatsträger in den USA, hatte sich im März in einer aufsehenerregenden Rede für einen Regierungswechsel in Israel ausgesprochen.