Drohende Offensive auf Rafah Ägypten plant angeblich großes Flüchtlingslager
Sollte Israel seine Offensive auf Rafah im Süden des Gazastreifens beginnen, könnte es einen Ansturm verzweifelter Palästinenser auf Ägypten geben. Kairo bereitet sich auf dieses Szenario offenbar vor. Und droht dem Nachbarn Israel.
Seit Wochen versucht Ägypten, die Sicherheit entlang der Grenze zum Gazastreifen mit Soldaten, Zäunen und gepanzerten Fahrzeugen zu erhöhen, um zu verhindern, dass es zu einem Ansturm fliehender Palästinenser auf die Halbinsel Sinai kommt. Grund ist Israels geplante Militäroffensive auf die mit Flüchtlingen überfüllte Stadt Rafah im Süden des abgeriegelten Gazastreifens.
Wie das "Wall Street Journal" unter Berufung auf ägyptische Beamte und Sicherheitsanalysten berichtete, plant Ägypten jetzt in der Wüste nahe der Grenze auf einer Fläche von 20 Quadratkilometern ein Auffanglager zu bauen, in dem mehr als 100.000 Menschen untergebracht werden könnten. Das geplante Lager sei weit von ägyptischen Siedlungen entfernt gelegen, hieß es.
Ägypten hat laut dem Zeitungsbericht angeblich sogar damit gedroht, seinen Friedensvertrag mit Israel aufzukündigen, sollte es zur israelischen Offensive auf Rafah und einem anschließenden Flüchtlingsansturm kommen.
Satellitenbilder bestätigen Bauarbeiten
Die Nachrichtenagentur AP berichtet unter Berufung auf analysierte Satellitenbilder zumindest von größeren Bauarbeiten an der Grenze Ägyptens. Demnach werde dort eine Mauer gebaut und Land planiert. Die am Donnerstag vom Unternehmen Maxar Technologies angefertigten Satellitenbilder zeigten Bauarbeiten an der Mauer entlang der Straße zwischen Suweid und Rafah, etwa 3,5 Kilometer westlich der Grenze mit dem Gazastreifen. Zu sehen seien Kräne, Lastwagen und offenbar vorgefertigte Betonbarrieren, die an der Straße aufgestellt werden.
Satellitenbild mit Blick auf die Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen
Wie das "Wall Street Journal" weiter berichtete, versucht auch Israel das Szenario einer Massenflucht nach Ägypten offenbar zu verhindern. Im Falle einer Offensive auf Rafah würde das israelische Militär versuchen, die Zivilbevölkerung nach Norden - aus der Kampfzone heraus, aber innerhalb des Gazastreifens - zu verlagern, zitierte die Zeitung einen ranghohen Vertreter des israelischen Militärs.
Dementi aus Kairo
Eine offizielle Bestätigung für den Bau des Flüchtlingslagers in Ägypten gibt es nicht. Stattdessen ein klares Dementi: Der Bericht entbehre jeder wahren Grundlage, so der Leiter des staatlichen Informationsdienstes.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu hatte dem Militär kürzlich den Befehl erteilt, Pläne für eine Offensive auf Rafah sowie für die Evakuierung der dortigen Zivilisten vorzulegen. Es gehe darum, die letzten Kampfeinheiten der islamistischen Hamas zu zerschlagen. In Rafah halten sich nach UN-Angaben derzeit etwa 1,3 Millionen Menschen auf. Die meisten sind vor dem Krieg aus anderen Teilen des Gazastreifens dorthin geflohen, zum Teil auf Anordnung des israelischen Militärs.