Gazastreifen Schwerer Angriff auf Schulgebäude
Im Gazastreifen sind offenbar viele Menschen bei einem israelischen Angriff getötet worden. Die israelische Armee sagt, Ziel seien Terroristen gewesen. Am Sonntag sollen Verhandlungen über eine Waffenruhe weitergehen.
Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen sind nach Angaben des von der Terrororganisation Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums mindestens 30 Menschen in einer Schule getötet worden. Getroffen wurde sei die Chadidscha-Schule in der Gegend von Deir al-Balah. Dabei seien auch mehr als hundert Menschen verletzt worden. Überprüfen lassen sich die Angaben nicht.
Auch die Nachrichtenagentur AP meldete aber, eigene Journalisten hätten ein totes Kleinkind in einem Rettungswagen gesehen und Leichen, über die Decken gelegt worden waren.
Die Schule soll von vertriebenen Palästinenserinnen und Palästinensern als Zufluchtsort genutzt worden sein. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Zivilschutzbehörde waren in der Schule etwa 4.000 Menschen untergebracht, die demnach dort Zuflucht vor den Kämpfen suchten. Auch ein Feldlazarett habe sich dort befunden.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Augenzeugen berichten von schweren Einschlägen
Die israelische Armee erklärte, der Angriff habe von dort aus operierenden "Terroristen" gegolten. Er sei auf der Grundlage "präziser Informationen über Terroristen" ausgeführt worden, "die auf einem Hamas-Gelände und einem Kontrollzentrum innerhalb der Chadidscha-Schule operierten". Parallel dazu hätten die "Terroristen" auf dem Gelände "große Mengen an Waffen" hergestellt und gelagert. Die Zivilbevölkerung sei von dem Angriff gewarnt worden.
Augenzeugen berichteten von schweren Einschlägen. "Ich begann zu rennen, meine Tochter war an einem Ort und ich an einem anderen. Ich sah Menschen, die in Richtung des Ortes rannten, der getroffen wurde", erzählte eine Frau. "Die Menschen, die in der Schule Zuflucht gefunden haben, sind alle verwundet, sie sind unschuldig und das hätte ihnen nicht passieren dürfen."
Israel wirft der Hamas und den mit ihr verbündeten militanten Palästinensergruppen seit Kriegsbeginn vor, zivile Einrichtungen für ihre Infrastruktur zu nutzen und Zivilisten gezielt als Schutzschilde zu missbrauchen.
Teile von Chan Yunis sollen geräumt werden
Am Morgen hatte die israelische Armee Menschen in den südlichen Stadtteilen von Chan Yunis aufgefordert, die betroffenen Bereiche zu räumen. Die Bewohner sollten sich demnach "vorübergehend in die angepasste humanitäre Zone in al-Mawasi" begeben. Zuvor hatten die Streitkräfte in Chan Yunis die Leichen von fünf israelischen Geiseln aus Hamas-Tunneln geborgen und weitere Einsätze in dem Gebiet angekündigt.
Nach Angaben der palästinensischen Zivilschutzbehörde waren bei Militäreinsätzen in Chan Yunis seit Anfang der Woche etwa 170 Menschen getötet worden.
Verhandlungen um Feuerpause gehen in Rom weiter
Die USA drängen Israel unterdessen zu einem raschen Abschluss eines Waffenruhe- und Geiselabkommens. Die stockenden Verhandlungen darüber sollen am Sonntag in Rom weitergehen. Dabei wird ein Treffen des Direktors des US-Auslandsgeheimdiensts CIA, Bill Burns, mit dem katarischen Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman Al Thani, dem Direktor des israelischen Geheimdiensts Mossad, David Barnea, und dem ägyptischen Geheimdienstchef Abbas Kamel erwartet, wie aus Kreisen der Regierungen von USA und Ägypten verlautete.
US-Regierungsvertreter sagten am Freitag, Israel und die Hamas seien sich beim Rahmen für das Drei-Phasen-Abkommen einig, über das nachgedacht wird. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kündigte aber in seiner Rede vor dem US-Kongress am Mittwoch an, er werde den Krieg so lange fortführen, bis Israel den "totalen Sieg" errungen habe.
Ein Sprecher des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas nahm den Angriff auf die Schule am Samstag zum Anlass, die Netanyahu-Rede zu verurteilen. Der Empfang, den Netanyahus Anhänger in den USA diesem bereitet hätten, komme einem "grünen Licht" gleich, um die israelische Offensive im Gazastreifen fortzusetzen, sagte Nabil Abu Rudeineh.
Der Gaza-Krieg brach aus, als Hamas-Mitglieder am 7. Oktober einen beispiellosen Terrorangriff auf Israel ausführten, bei sie etwa 1.200 Menschen töteten. Etwa 250 Menschen wurden als Geiseln genommen. Laut Hamas-Gesundheitsministerium wurden im Krieg mehr als 39.100 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet.
Mit Informationen von Clemens Verenkotte, ARD-Studio Tel Aviv