Premier Modi weiht Tempel ein "Wir erschaffen eine neue Geschichte"
Mit einer großen Zeremonie hat Indiens Premier Modi einen neuen Hindu-Tempel eingeweiht. Ein umstrittenes Gebäude, denn es wurde auf den Ruinen einer Moschee erbaut. Die Opposition sprach von einer Machtdemonstration.
Ein Hindu-Priester blies ein traditionelles Muschelhorn - zur Weihe des neuen Ram-Tempels in Ayodhya, der heiligen Stadt im nordindischen Bundesstaat Uttar Pradesh. Und Indiens Premier wählte nach der Zeremonie pathetische Worte, um zu beschreiben, was geschieht.
"Heute ist der 22. Januar 2024. Nicht einfach irgendein Datum im Kalender, sondern der Beginn einer neuen Ära", erklärte Narendra Modi. Heute sei "nach Jahrhunderten der Geduld, unzähligen Opfern und Buße" Lord Ram an seinen Geburtsort zurückgekommen.
Milliardenschweres Infrastrukturprojekt
Modi löste damit ein jahrzehntealtes Versprechen ein, dass genau an dieser Stelle ein Tempel für eine der zentralen Gottheiten des Hinduismus gebaut werden sollte. "Heute haben wir uns vom Denken der Sklaverei befreit und uns einer komplizierten Vergangenheit angenommen", sagte Modi. "Die Zukunft aber sieht von nun an rosig aus. Wir erschaffen eine neue Geschichte."
Es ist eine neue Geschichte, die um die 200 Millionen Euro kostet. Es ist nicht nur der Tempel und der Tempelbezirk, sondern ganz Ayoydha, das in neuem Glanz strahlen soll - ein milliardenschweres Infrastrukturprojekt.
Am Standort des Tempels soll nach dem Glauben vieler Hindus die beliebte Gottheit Ram geboren worden sein. Die Zerstörung der Moschee hatte vor gut drei Jahrzehnten zu schweren Unruhen mit laut Medienberichten rund 2000 Toten geführt. Im Jahr 2019 entschied schließlich das oberste Gericht des Landes, dass Hindus das Recht hätten, auf dem umstrittenen Stück Land ihren Tempel zu bauen. Seine Bedeutung haben radikale Hindu-Gruppen mit der von Mekka für Muslime oder dem Vatikan für Christen verglichen.
Moschee wurde 1992 zerstört
Der Tempel selbst ist keinesfalls unumstritten, denn er steht praktisch auf den Ruinen einer Moschee. Die war 1992 von Hindu-Fanatikern zerstört worden. Bei anschließenden Unruhen gab es 2.000 Tote. Das sei nicht vergessen, sagt der Journalist Nilanjan Mukhopadhyay, der ein Buch über Ayodhya geschrieben hat.
"Die Ereignisse des Jahres 1992 sind auch heute noch von großer Bedeutung", sagt der Journalist. Diejenigen, die am 6. Dezember 1992 in Ayodhya gewesen sein waren, um die Moschee zu zerstören, würden nun kommen, um an einer Art Siegerehrung und anschließend an einer Siegesparade teilzunehmen.
Modi sprach den Konflikt nicht direkt an
Doch kritische Stimmen sind an diesem Tag kaum zu hören. Es ist ein Festtag für Ayodhya und Indien und für alle Hindus weltweit. Premier Modi trat auf wie der oberste Priester. In einer traditionellen goldenen Kurta bekleidet leitete er die Weihezeremonie im Allerheiligsten des Tempels. Um ihn herum standen hinduistische Priester, die religiöse Lieder sangen.
Alles wurde auf einer Großleinwand nach draußen übertragen, wo Tausende Gäste saßen. Unter ihnen waren Politiker, Priester, Schauspieler und Industrielle. Und vermutlich Hunderte Millionen Menschen in ganz Indien verfolgten die Veranstaltung zudem live im Fernsehen und im Internet.
Premier Modi sprach die Konflikte um Ayodhya nur indirekt an, doch die meisten werden ihn verstanden haben. "Einige werden vielleicht sagen, dass der Bau des Ram-Tempels einen Feuersturm auslösen wird", sagte er. "Heute möchte ich diese Menschen dazu auffordern, umzudenken. Denn Ram ist Energie, nicht Feuer, Ram ist die Lösung, nicht der Streit."
Opposition blieb der Zeremonie fern
Dennoch: Modis Gegner werfen ihm vor, mit der Tempel-Eröffnung Politik und Religion in einem Maße miteinander zu vermischen, wie das noch nie im modernen Indien der Fall war - auch weil im Frühjahr Parlamentswahlen anstehen in Indien.
Modi wolle das Land zudem zu einem Hindu-Staat umbauen, so der Vorwurf der Opposition. Dazu passt auch, dass erstmals bei so einer von der Regierung gesteuerten Veranstaltung auch der Führer der hinduistischen Kaderorganisation RSS sprechen durfte. Der RSS trage faschistische Züge, so die Kritik.
Die Spitzen der Opposition dagegen blieben der Tempel-Weihe fern. Weil sie, wie es hieß, vergangenes Unrecht nicht nachträglich legitimieren wollten. Zudem wollten sie nicht Teil sein dieser Veranstaltung, die auch eine Machtdemonstration der regierenden Hindu-Nationalisten sei.