Proteste dauern an Irans Präsident droht und lobt
Der iranische Präsident Raisi hat jenen gedroht, die seit Tagen nach dem Tod einer 22-Jährigen in Polizeigewahrsam demonstrieren. Zugleich lobte er Gegendemonstranten, die für die Kopftuchpflicht auf die Straße gingen.
Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hat die Teilnehmer einer Gegendemonstration gelobt. Sie waren gestern Nachmittag für die Kopftuchpflicht und gegen die Demonstrationen nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amani in Polizeigewahrsam auf die Straße gegangen.
Die Regierung ruft ihre Anhängerinnen und Anhänger - und Tausende kommen in Teheran und anderen Städten nach dem Freitagsgebet, so berichten Staatsmedien. Frauen tragen den Tschador, also den schwarzen langen Mantel mit schwarzem Kopftuch, das die Haare komplett verbirgt.
"Die Polizei ist die Hüterin der Sicherheit!", rufen sie und: "Diese Armee ist aus Liebe zum Führer gekommen!" Die kündigt an, die Polizei bei den Einsätzen gegen die Proteste gegen das Kopftuch und das Regime zu unterstützen. Auf den Transparenten der konservativ-religiösen Regimeanhänger schwören sie dem Obersten Führer Chamenei gehorsam.
In Teheran und anderen Städten gingen Anhänger der Regierung auf die Straße, um für die Kopftuchpflicht zu demonstrieren.
"Anarchie? Niemand wird sich das gefallen lassen"
All das gefällt Präsident Raisi. Er landet am Abend wieder in Teheran nach seinem Besuch in New York bei den Vereinten Nationen. Schon dort hatte er am Rande der Vollversammlung erklärt: ein Akt des Chaos sei inakzeptabel. Noch am Teheraner Flughafen legt er nach:
Unsere Feinde wollen Aufruhr und Unruhen auslösen. Sie denken, dass sie mit solchen Aktionen der Nation schaden können. Wir haben schon oft angekündigt, dass wir uns jeden fairen Kommentar anhören werden. Aber Anarchie? Störung der nationalen Sicherheit? Die Sicherheit der Menschen? Niemand wird sich das gefallen lassen.
Er lobt die Gegendemonstrationen seiner Anhänger. Es seien schöne Szenen der Macht und des Sieges der Islamischen Republik. Dann droht er den Demonstrantinnen und Demonstranten noch mal: "Sie müssen wissen, dass wir auf keinen Fall zulassen werden, dass die Sicherheit des Landes und des Volkes gefährdet wird."
Hunderte Sicherheitskräfte im Einsatz
Wie? Das führen Sicherheitskräfte am Abend vor. 700 bis 800, so sagen Augenzeugen, versammeln sich am zentralen Vali Asr-Platz in Teheran, ausgestattet mit Tränengas, Pfefferspray und Knüppeln. Sie seien teils auf Motorrädern unterwegs, sperren Zufahrtsstraßen, kontrollieren Autos und treiben schon kleine Gruppen auseinander. Die Proteste sollen sich auf keinen Fall so verbreiten, wie an den vorangegangenen sechs Abenden.
Ob dem so ist, wird sich wohl erst im Lauf des Tages zeigen. Denn das Internet ist gedrosselt und zeitweise ganz abgeschaltet, berichten Teheraner, und auch Menschenrechtsorganisationen beispielsweise für Kurdistan im Nordwesten des Iran.
Kommunikationsminister Eisa Zarepour bestreitet das. "Bei den internationalen Internetdienste gibt es keine Zugangsprobleme. Nur einige ausländische Plattformen wurden auf Anordnung der zuständigen Behörden vorübergehend eingeschränkt", sagt er. "So wie es die behördlich angeordneten Regelungen verlangen."
WhatsApp und Instagram geblockt
Der Messengerdienst WhatsApp und Instagram, eines der letzten Sozialen Netzwerke im Iran, sind geblockt. Ein gedrosseltes Internet bedeutet für die Demonstranten, dass sie sich viel schwerer vernetzen können, viel schwerer herausfinden können, wo die nächsten Demos sind. Außerdem motivieren Videos von Frauen, die ihre Haare abscheiden, ihr Kopftuch verbrennen und Statuen von verhassten Geistlichen in Flammen aufgehen, wie ein Video aus der heiligen Stadt Mashhad zeigen soll.
Sie gehen auch an diesem Abend wieder auf Straße. Straßenkämpfe und Schüsse scheinen sie nicht abzuhalten. Es ein ist blutiges Jahr, rufen sie, und: Khamenei wird gestürzt. Videos zeigen immer wieder Jagdszenen: Eine Frau beobachtet aus einem fahrenden Auto heraus und sagt: "Ich nehme sie auf. Sie schießen auf Menschen! Oh mein Gott, sie töten Menschen!"
Gewalt, brennende Mülltonnen und Einsatzfahrzeuge gehören zu den Bildern der Nacht in diesen Tagen im Iran.