Proteste im Iran Offenbar ein Deutscher festgenommen
Wieder sind im Iran Menschen gegen die Regierung auf die Straße gegangen. Das Geheimdienstministerium gab bekannt, dass neun ausländische Staatsbürger festgenommen wurden. Unter ihnen soll auch ein Deutscher sein.
Der Iran hat nach eigenen Angaben neun ausländische Staatsbürger im Zusammenhang mit den Protesten nach dem Tod der Kurdin Mahsa Amini festgenommen. Unter ihnen ist nach Angaben des iranischen Geheimdienstministeriums mindestens ein Deutscher.
Die Staatsangehörigen aus Deutschland, Polen, Italien, Frankreich, den Niederlanden, Schweden und weiteren Ländern seien "vor Ort" festgenommen worden oder seien "in die Unruhen verwickelt", hieß es in der Mitteilung, die in iranischen Medien verbreitet wurde. Wann und wo genau die Festnahmen stattfanden, wurde nicht mitgeteilt - auch nichts zur Identität der Menschen. Vom Auswärtigen Amt gibt es noch keine Bestätigung.
Außerdem wurden nach Angaben von Menschenrechtsgruppen Dutzende von Aktivisten, Studenten und Künstlern festgenommen. Das Komitee zum Schutz von Journalisten schrieb auf Twitter, die Sicherheitskräfte hätten bis zum 29. September mindestens 28 Journalisten verhaftet.
Offenbar mehr als 80 Tote
Hintergrund der Demonstrationen ist der Tod der 22-jährigen Amini. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich "unislamischen Outfits" vor zweieinhalb Wochen festgenommen. Was danach genau mit ihr geschah, ist unklar. Die Frau war ins Koma gefallen und am 16. September in einem Krankenhaus gestorben.
Seitdem demonstrieren landesweit Tausende gegen den repressiven Kurs der Regierung und das islamische System. Die Sicherheitskräfte gehen gewaltsam dagegen vor. Aktivisten zufolge kamen dabei bereits mindestens 83 Menschen ums Leben. Die iranische Nachrichtenagentur Fars meldete hingegen etwa 60 Tote.
Auch heute gab es Ausschreitungen im Südosten des Landes. Die Nachrichtenagentur Fars berichtete von einer Schießerei in der Nähe einer Moschee und einer Polizeiwache in der Stadt Sahedan. Viele Menschen seien verletzt worden. Außerdem soll ein Feuerwehrauto in Brand gesteckt worden sein.
Präsident Raisi für hartes Vorgehen
Unklar ist bislang, was das Ergebnis der Proteste sein könnte. Der Umsturz des Systems scheint bislang unrealistisch, auch weil weder im In- noch im Ausland eine ernstzunehmende Opposition existiert. Viele befürchten aber auch langfristig Chaos oder gar einen Bürgerkrieg.
Die Regierung schränkte als Reaktion den Zugang zum Internet stark ein - Informationen dringen nur schwer nach außen. Präsident Ebrahim Raisi stimmte in einem Fernsehinterview am Mittwochabend einerseits versöhnliche Töne an, kündigte aber zugleich erneut ein hartes Vorgehen gegen Demonstranten an.
Man sollte die "Toleranzschwelle" auch mit Blick auf Proteste erhöhen, so Raisi. Er sprach zudem von einer möglichen Reform von Gesetzen, ließ dabei jedoch offen welche. Raisi warnte aber auch: Die Polizei werde konsequent gegen "Randalierer" vorgehen.
Amnesty fordert Untersuchung
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf der iranischen Führung eine systematische Eskalation der Gewalt vor. Die Organisation dokumentierte nach eigenen Angaben den Tod von 52 Frauen, Männern und Kindern aufgrund des Handelns der Sicherheitskräfte.
Amnesty forderte eine internationale Untersuchung. Sicherheitskräfte setzten etwa scharfe Munition, Schrotkugeln und andere Metallgeschosse ein. Es gebe zudem Berichte über massive Schläge sowie geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt gegen Frauen.