Satellitenaufnahme vom Flughafen Isfahan
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Explosionen in Isfahan Was über den mutmaßlichen Angriff im Iran bekannt ist

Stand: 19.04.2024 13:55 Uhr

Im Iran hat es mehrere Explosionen gegeben - laut Beobachtern wegen eines israelischen Angriffs. Was wurde getroffen? Wie reagieren Teheran und Jerusalem? Und was sagen Militärexperten zu den Ereignissen?

Was ist passiert?

Die iranische Nachrichtenagentur Fars meldete, in der Nähe des Luftwaffenstützpunktes Schekari im Nordwesten der Provinz Isfahan seien gegen 4 Uhr morgens drei Explosionen zu hören gewesen. Berichten zufolge ereigneten sie sich unweit eines Militärstützpunktes. Offenbar gab es aber keine größeren Schäden. Ein Sprecher der iranischen Raumfahrtbehörde sagte, es seien mehrere Drohnen abgefangen worden; einen Angriff mit Raketen habe es nicht gegeben. Auch die "New York Times" berichtet unter Berufung auf Quellen im Iran, bei dem Angriff seien kleine Drohnen zum Einsatz gekommen.

Offenbar Vergeltungsschlag Israels gegen den Iran

Bernd Niebrügge, ARD Tel Aviv, tagesthemen, 19.04.2024 21:45 Uhr

Laut dem US-Sender CNN, der sich auf einen Regierungsvertreter in Washington beruft, waren die Atomanlagen in Isfahan aber nicht Ziel des mutmaßlichen Angriffs. Auch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) gab Entwarnung. Es seien keine iranischen Atomanlagen beschädigt worden, meldete die Organisation in Wien. Und die iranische Nachrichtenagentur Tasnim bezeichnete die nuklearen Einrichtungen in Isfahan als "vollkommen sicher".

Wie mehrere Medien berichten, handelt es sich um einen israelischen Angriff - als Reaktion auf den Beschuss aus dem Iran am vergangenen Wochenende. Offiziell bestätigt ist das bislang nicht. Jedoch hatte Israel in den vergangenen Tagen mehrfach eine Antwort auf den Angriff angekündigt.

Wie reagiert Teheran?

Staatlichen Medien zufolge aktivierte der Iran die Luftabwehrsysteme über mehreren Städten. Flüge nach Teheran, Isfahan, Schiras und weiteren Flughäfen im Westen des Landes wurden zeitweise ausgesetzt, wie die Nachrichtenagentur Mehr am Morgen berichtete.

Irans Staatsmedien wiesen jedoch Berichte über Raketenangriffe zurück. Es habe sich um keine breit angelegte Attacke gehandelt, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna. "Vor ein paar Stunden wurden mehrere kleine Flugobjekte am Himmel von Isfahan gesichtet und getroffen", sagte eine Reporterin in einer Live-Schalte des Staatsfernsehens. Der kurzzeitig unterbrochene Luftverkehr sei mittlerweile wieder aufgenommen worden. Die iranische Regierung wies zugleich Berichte zurück, wonach der Sicherheitsrat des Landes zu einer Notsitzung zusammengekommen sei. 

Angst vor weiterer Eskalation - K. Willinger, ARD Istanbul, und S. von der Tann, ARD Tel Aviv, über den mutmaßlichen Anschlag Israels auf den Iran

tagesschau, 19.04.2024 20:00 Uhr

Wie kommentieren Israel und die USA die Berichte?

Zu den Berichten über Angriffe auf Iran und Syrien "können wir derzeit keinen Kommentar abgeben", erklärte das israelische Militär gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Mehrere US-Medien berichteten, Washington sei im Voraus informiert worden, habe den israelischen Angriffe aber weder gebilligt noch an ihm mitgewirkt.

Für Israels Medien ist die Verursacherfrage des nächtlichen Angriffs dennoch geklärt. Dass Israel verantwortlich ist, steht für die Experten und Kommentatoren genauso fest, wie die Bewertung: Ein begrenzter Schlag, der keine Gegenreaktion provozieren soll - ein für Avi Benayahu, ehemaliger Sprecher der israelischen Armee, der Lage entsprechend angemessenes Vorgehen, wie er im Interview mit dem Sender Channel 12 erklärte: "Ich denke, dass die israelische Reaktion proportional und rational ausgefallen ist, mit Blick auf die Herausforderungen, die wir haben."

US-Außenminister Antony Blinken bestätigte einen Angriff Israels nicht. Er werde auf entsprechende Berichte "nicht näher eingehen, außer zu sagen, dass die Vereinigten Staaten an keinen Offensivoperationen beteiligt waren", sagte er zum Abschluss eines Treffens der Außenminister der sieben großen westlichen Industrienationen (G7) auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri. Die USA und die G7-Runde konzentrierten sich auf ihre Arbeit zur Deeskalation von Spannungen, um potenzielle Konflikte zu deeskalieren. Dies zeige sich auch in der Abschlusserklärung des Treffens.

Warum Isfahan?

In der Region um die gleichnamige Stadt befinden sich wichtige Einrichtungen der iranischen Rüstungsindustrie, unter anderem Fabriken zur Raketenherstellung. Auch das größte nukleare Forschungszentrum des Landes ist nahe der Kulturstadt mit ihren rund zwei Millionen Einwohnern angesiedelt. Ende Januar 2023 war im Iran eine Munitionsfabrik des Verteidigungsministeriums nahe der Metropole mit mehreren kleinen Fluggeräten angegriffen worden. Der Iran hatte damals seinen Erzfeind Israel als Drahtzieher für die Attacke verantwortlich gemacht. 

Was sagen Militärexperten?

Israel wollte mit dem mutmaßlichen Luftschlag im Iran einem US-Medienbericht zufolge Teheran zeigen, dass es Ziele im Land angreifen kann. Nach Einschätzung des US-Militärexperten Cedric Leighton soll das Vorgehen, das "ganz klar eine direkte Reaktion auf die iranischen Angriffe vom Wochenende gewesen sei", beweisen, dass das iranische Luftabwehrsystem nicht annähernd die Fähigkeiten des israelischen Luftabwehrsystems habe.

Der CNN-Militärexperte Mark MacCarley sagte: "Die Israelis mussten Vergeltung üben, aber diese Vergeltung enthielt auch eine Botschaft, nämlich: Ja, wir können es schaffen. Macht das nicht noch einmal. Wenn ihr es noch einmal tut, dann wird Chaos ausbrechen."

Die allgemeine Annahme israelischer Experten ist, dass das Ausmaß des Angriffs den Iran nicht zur Reaktion zwingt. Dafür, dass mit Sicherheit sagen zu können, ist es aber noch zu früh, glaubt der Iran-Experte Menahem Merhavi von der Hebräischen Universität Jerusalem. "Ich denke, sie werden sich Zeit nehmen, um zu entscheiden, wie sie darauf reagieren. Das hängt auch von der öffentlichen Darstellung des Angriffs in Israel ab." Also zum Beispiel davon, ob sich die israelische Regierung offiziell zu der Attacke bekennt.

Es könnte sein, dass die Eskalationsspirale zwischen dem Iran und Israel nun zu einem Ende gekommen ist und der, von so vielen befürchtete, Flächenbrand ausbleibt. Der Schattenkrieg zwischen beiden Ländern dürfte aber weiter gehen.

Was ist der Hintergrund?

Seit Beginn des Krieges nach dem Überfall der Terrormiliz Hamas im Gazastreifen greifen vom Iran unterstützte bewaffnete Gruppen in der Region wie die libanesische Hisbollah immer wieder Israel an. Bei einem Israel zugeschriebenen Angriff auf ein iranisches Konsulargebäude in Damaskus am 1. April wurden sieben Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden getötet.

Als Vergeltung dafür griff Teheran am vergangenen Wochenende Israel mit mehr als 300 Drohnen und Raketen an, die jedoch fast alle abgefangen werden konnten. Es war der erste direkte Angriff Irans auf den Erzfeind. Israel kündigte daraufhin einen Gegenschlag an.

Mit Informationen von Tim Aßmann, ARD-Studio Tel Aviv

Tim Aßmann, ARD Berlin, tagesschau, 19.04.2024 13:14 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 19. April 2024 um 11:00 Uhr.