Mädchenschulen im Iran Umstrittener Bericht zu Vergiftungen veröffentlicht
Seit Ende November wurden im Iran immer wieder Vergiftungen an Mädchenschulen gemeldet. Nach einer Untersuchung teilte der Geheimdienst nun mit, keine giftige Substanz festgestellt zu haben. Überprüfen lassen sich die Angaben nicht.
Der Iran hat nach offiziellen Angaben keine Belege für eine mutmaßliche Welle von Vergiftungen von Schülerinnen gefunden. "Bei den Untersuchungen vor Ort und in den Labors wurde keine giftige Substanz festgestellt", hieß es in einem Bericht des Geheimdienstministeriums, der in den Staatsmedien zitiert wurde. Es seien lediglich Spuren von Pfefferspray oder etwa Stinkbomben festgestellt worden.
Es gebe auch keine Todesfälle oder langfristige körperliche Schäden. Vielmehr hätten Dissidenten Ängste geschürt, um Propagandavideos zu produzieren, hieß es von der Behörde. "Die Rolle der Feinde beim Anheizen dieser Krise ist sicher und unbestreitbar."
Unabhängig überprüfen lassen sich die Erklärungen nicht. Der Bericht dürfte im Iran mit größter Skepsis aufgenommen werden. Eltern und andere Angehörige hatten den Behörden nach den mysteriösen Fällen Versagen vorgeworfen. Es dauerte Monate, bis sich die Staatsführung dazu äußerte. Medien, Familien und Betroffene wurden Kritikern zufolge unter Druck gesetzt, nicht über die Fälle zu sprechen.
Vorfälle in fast allen Provinzen
Die mutmaßlichen Giftanschläge hatten im November in der den Schiiten heiligen Stadt Ghom begonnen. Der Nachrichtenagentur Hrana zufolge breiteten sie sich danach auf 28 der 31 Provinzen aus. Rund 5000 Schülerinnen litten nach Angaben der halbamtlichen Nachrichtenagentur Isna unter Symptomen wie Übelkeit und Atemnot, nachdem sie "unangenehme" Gerüche auf dem Schulgelände bemerkt haben sollen. Manche von ihnen fielen demnach in Ohnmacht oder mussten im Krankenhaus behandelt werden. Ärzte sprachen von Gasvergiftungen.
Angesichts der Häufung der Fälle hatten die Eltern der betroffenen Schülerinnen demonstriert und die Regierung aufgefordert, zu handeln. Einige nahmen ihre Kinder aus der Schule. Die mutmaßlichen Vergiftungen traten zwei Monate nach dem Beginn von landesweiten Protesten für mehr Frauenrechte und demokratische Reformen auf.
Angeblich 100 Festnahmen
Die Behörden machten nicht weiter bezeichnete Feinde der Islamischen Republik verantwortlich. Spekuliert wurde jedoch auf Hardlinergruppen als Urheber, deren Vorgehen auf einer eigenen Auslegung des Islams beruht. Anfang März hatte der Iran gemeldet, mehr als 100 Menschen in Zusammenhang mit den Vergiftungen festgenommen zu haben.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte jüngst mehr Aufklärung. "Die Vergiftungen scheinen eine koordinierte Kampagne zu sein, um Schülerinnen für ihre friedliche Teilnahme an landesweiten Protesten zu bestrafen", hieß es in einer Mitteilung.