Waffenruhe hat begonnen Atempause für die Menschen im Gazastreifen
Im Schatten der Waffenruhe wollen viele Palästinenser in ihre Häuser zurückzukehren. Doch wie lange sie dort bleiben können, ist unklar. Israel warnt vor einer Rückkehr in den Norden.
Khalil Abu Omar packt seine Sachen: Taschen, Decken, die Rucksäcke der Kinder. In den vergangenen Tagen haben er und seine Familie neben einer Schule des UN-Flüchtlingshilfswerks gelebt. Nun wollen sie nach Hause.
"Wir wollen dorthin zurück, uns das Haus anschauen, fotografieren, schauen, was wir machen können", erzählt der Familienvater. "In dem Haus kann man nicht bleiben, aber wir wollen ein paar Dinge holen, sodass wir wenigstens etwas Sauberes essen können."
Armee: "Gegend im Norden ist ein Kriegsgebiet"
Die Straßen in Chan Yunis im Süden des Gazastreifens sind voll. Auf dem Dach eines roten Golfs stapeln sich die Decken. Eselskarren, Fahrräder und Motorräder rollen vorbei. Viele Menschen gehen zu Fuß. Sie sind mit Taschen und Tüten bepackt. Sie wollen zurück nach Hause - in den Norden des Gazastreifens.
Genau das will die israelische Armee verhindern. Morgens hatte sie über dem Gazastreifen Flugblätter abgeworfen. Armeesprecher Avichay Adraee appellierte in einem Video auf Arabisch an die Flüchtlinge. "Der Krieg ist nicht vorbei, die humanitäre Feuerpause ist temporär und die Gegend im Norden ist ein gefährliches Kriegsgebiet. Es ist verboten, sich dort aufzuhalten."
Bis zu 75.000 Gebäude beschädigt
Bilder aus dem Norden des Gazastreifens zeigen eine Trümmerlandschaft. Fachleute schätzen nach einer Auswertung von Satellitenbildern, dass durch die Gefechte bis zu 75.000 Gebäude beschädigt wurden. Die Menschen haben ihr Zuhause verloren und ihre Jobs. Und trotzdem wollen viele zurück in ihre Heimat.
Wie gefährlich das ist, zeigt das Video einer palästinensischen Nachrichtenagentur, das am Vormittag veröffentlicht wurde. Auf dem Boden eines Krankenhauses liegt ein Mann. Sein rechtes Bein ist abgebunden, Blut kommt aus einer Wunde im Fuß. Er erzählt, er habe sich auf den Weg nach Hause gemacht, als die Schüsse fielen. Wer geschossen hat, sagt er nicht.
Israel will Truppen nicht reduzieren
Die israelische Armee hatte angekündigt, alle Angriffe einzustellen. Bilder aus dem Süden Israels zeigen, wie Dutzende gepanzerte Fahrzeuge den Gazastreifen hinter sich lassen. An einer Antenne weht eine israelische Fahne in der Luft. Die Armee will die Feuerpause nutzen, um Soldaten auszutauschen und Waffen zu liefern. Reduziert werden sollen die Truppen offenbar nicht.
Bis zuletzt hatte die Armee Hamas-Ziele im Norden des Gazastreifens angegriffen. Dort wurde nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks für die Palästinenser auch das indonesische Krankenhaus getroffen. Die Armee sprengte nach eigenen Angaben einige Tunnel unter dem Al-Schifa-Krankenhaus.
Hoffnung auf einen Waffenstillstand
Khalil Abu Omar ist zu Hause in Bani Suhaila angekommen, das östlich von Chan Yunis liegt. Hier lebt er mit seiner Frau, den fünf Söhnen und fünf Töchtern. Auf dem Boden liegt ein Plastiktisch. Mauerbrocken übersähen den Teppich. Durch ein Loch im Dach ist der Himmel zu sehen. Aber immerhin ist die Familie wieder zu Hause.
"Wenn Gott Gnade hat, wird es die Feuerpause und einen Waffenstillstand geben", sagt Omar. Er werde versuchen, zu reparieren, was er reparieren könne. "Auch wenn meine Kinder und ich in einem Zimmer bleiben müssen." Omar möchte am liebsten hierbleiben, allein schon wegen des Badezimmers. Doch wie lange er in seinem Zuhause bleiben kann, weiß er nicht. Die zwischen der Hamas und Israel ausgehandelte Feuerpause soll erstmal vier Tage dauern. Für Omar und seine Familie ist das nur eine kurze Atempause.